Keckes Kokettieren mit dem Raab-Hunger, den das ProSieben-Publikum in den vergangenen Monaten via Social Media sehr deutlich gemacht hat? Oder Verzweiflung?
„
Erfolg entsteht nicht auf den Stimmbändern, Erfolg entsteht im Kopf. Hätte es diese Show 1992 schon gegeben, hätte ich sofort mitgemacht. Denn singen konnte ich noch nie gut.
”
Stefan Raab
Am 4. Februar 2017 mussten sich in «Die beste Show der Welt» Promis entscheiden, ob die stummgeschalteten Leute vor ihren Augen singen können oder nicht. «The Noise of Germany» hieß die Show-in-der-Joko-und-Klaas-Show. Und die «PMKS» hat eine sehr ähnlich geartete Rubrik. Und das reicht auch so. Menschen singen sehen, sich rätseln, ob sie denn fiepsen, kreischen, keuchen oder eben doch
singen, bisschen scherzen, dann auflösen, Ende.
Das reicht für den kurzen Fix Entertainment, aber hat einfach eine sehr begrenzte Halbwertszeit – das Wichtigste einer jeden brauchbaren Gesangssendung, der Gesang, ist schließlich für den größeren Teil der Performance auf Mute geschaltet. Und dennoch kamen 2020 innerhalb kurzer Zeit zwei Sender auf den Gedanken, aus dem Konzept "Ich höre nichts, ich sehe nur" eine Gesangswettbewerbsshow zu formen. Erst RTL mit dem sehr statischen und daher trockenen «I Can See Your Voice».
Nun frisst sich die ProSieben-Showschlange selbst und bläht ein von der Florida TV zur Show-in-der-Show geformtes, begrenztes Konzept zur fast dreistündigen Primetimeshow auf. Als Produzent agiert Stefan Raab, der auch die alte «TV total»-Stimme für ein paar kurze Kommentare hinters Mikro geparkt hat und seinen Namen sehr offensiv für das Showmarketing hergibt. Das Ergebnis ist Teil einer Trendwende: Anders als bei «Das Ding des Jahres» oder «1:30», wo man sich mit Pressemitteilungen und Hintergrundartikeln befassen musste, um den Umstand unter die Nase gerieben zu bekommen, dass Raab sie produziert, wurde beim «Free ESC» und nun bei «FameMaker» vorab auch in den TV-Spots sowie während der Sendung darauf hingewiesen.
«FameMaker» eröffnete bei der Premierensendung sogar mit dem Logo und dem Claim, mit dem einige Trailer zur Show abgeschlossen wurden: "Präsentiert von Stefan Raab. Er sitzt wirklich in der Regie und frisst Chips". Keckes Kokettieren mit dem Raab-Hunger, den das ProSieben-Publikum in den vergangenen Monaten via Social Media sehr deutlich gemacht hat? Oder ein besorgniserregendes Anzeichen für die zunehmende Verzweiflung von ProSieben und/oder RaabTV, dass Raab-Produktionen im Jahr 2020 halt auch mit aller Gewalt als solche gekennzeichnet werden müssen, damit es Leute interessiert? Noch dazu, wenn eine Raab-Produktion so monoton ist wie «FameMaker»?
Es hat schon seinen Grund, dass weder die Florida TV noch Pierre M. Krause bereits auf die Idee gekommen sind, aus ihren kurzen Gesangsspielen-ohne-Ton eine XXL-Show zu machen. Wie obig halt schon beschrieben .... Die Coaches, die sich während «FameMaker» ein Powerteam zusammenstellen sollen, bemühen sich zwar, die Stille zu füllen. Aber auch eine Carolin Kebekus, ein Teddy Teclebrhan und ein Luke Mockridge können nicht drei Stunden lang Stille so lustig zutexten, dass daraus aufregendes Fernsehen wird.
Und Tom Neuwirth (besser bekannt als Conchita) wurde als Moderator völlig an den Rand gedrängt (wortwörtlich, als dass er fast ausschließlich neben der Publikumstribüne zu sehen ist, als auch im übertragenen Sinne), so dass er der Sendung kaum Style, Glanz und Flair mitbringen kann. Offenbar wurde das auch der Showredaktion bewusst, die «FameMaker» mit einer zweiminütigen Vorschau darauf eröffnet, was gleich noch alles passieren wird (fast immer ein sehr schlechtes Zeichen in der Welt der abendfüllenden Shows) sowie mehrmals mit Rückblicken auf das streckt, was kurz zuvor geschah. Und das soll nun noch mehrere Abende lang so weiter gehen … Seufz.
Hoffentlich schmecken Herrn Raab wenigstens die Chips.