Lesenswert: Das jüngste Buch von Ferdinand von Schirach, das bereits schon vom Ersten adaptiert wurde.
Ferdinand von Schirach ist ein mehrfach ausgezeichneter Autor, der immer wieder mit beeindruckenden Werken von sich reden macht. Wie zum Beispiel durch die Erzählungsbände "Verbrechen", "Schuld" und "Strafe" sowie durch die Romane "Tabu" oder "Der Fall Collini". Die New York Times nannten ihn einen "außergewöhnlichen Stilisten". Der Spiegel bezeichnete Ferdinand von Schirach als einen "großartigen Erzähler". Manche vergleichen ihn gar mit Größen wie Kleist und Kafka. Und auch in Bezug auf sein neuestes Werk "Gott" ist man in der weiten Welt der Literatur und der Kunst voll des Lobes.
Das Leben und Sterben eines gesunden Menschen
In dem Buch "Gott" von Ferdinand von Schirach geht es um den 78-jährigen Richard Gärtner, der nach dem Tod seiner Ehefrau nicht mehr weiterleben will. Er ist körperlich und geistig gesund, verlangt jedoch nach einem Medikament, mit dem er seinem Leben ein Ende setzen will. Mediziner, Ethiker, Politiker, aber auch Pfarrer und Juristen sowie viele weitere Persönlichkeiten aus der Gesellschaft sind sich uneins, ob ihm bei der Umsetzung seines Suizidwunsches geholfen werden darf. Dabei fällt der Autor in seinem Buch allerdings nicht selbst das Urteil, sondern dies muss der Leser tun - bzw. die Zuschauer des Theaterstücks, welches auf der Basis seines Werkes konzeptioniert wurde.
So geht es darin, sich die Fragen zu stellen wie:
- Wem gehört eigentlich das Leben eines jeden einzelnen Menschen tatsächlich?
- Wer entscheidet wirklich über Leben und Tod?
- Wer oder was ist der Mensch?
- Wer sind wir?
- Wer wollen wir sein?
Die Geschichte des Richard Gärtner wird detailliert geschildert, und auch die Fragestellungen geht der Schreiber in aller Ausführlichkeit an. Darüber hinaus wird das berührende und nachdenklich stimmende Werk durch die Essays dreier renommierter Wissenschaftlern ergänzt. Darin beleuchten sie die Thematik der ärztlichen Suizidbegleitung vor dem juristischen, theologisch-philosophischen und medizinischen Hintergrund.
Das Buch "Gott" - eine Bereicherung im Alltag
Mit diesem Buch versteht es Ferdinand von Schirach erneut wie kaum ein zweiter, Dinge anzusprechen, die meist tabuisiert werden. Komplexe, schwierige und berührende Themen werden von ihm - so auch in diesem Fall - auf eine sehr treffende, ansprechende und offene Weise aufgegriffen. Das Buch Gott geht buchstäblich in die Tiefe, nimmt den Leser mit auf eine außergewöhnliche Reise, die letztlich vor allem sie selbst "höchst persönlich" betrifft. Wer sich bisher nicht mit den Fragen zu "Leben und Tod" auseinandersetzen wollte, der wird mit diesem kostbaren, eindrucksvollen Werk gewissermaßen dazu "gezwungen".
Allerdings auf eine sehr gefühlsbetonte, takt- und rücksichtsvolle Art. Zu keiner Zeit ist die Wortwahl verletzend, aufrührend oder angreifend. Vielmehr nimmt Ferdinand von Schirach die Leser seines Buches bzw. die Zuschauer des Theaterstücks liebevoll an die Hand und zeigt hilfreiche Sichtweisen und Ansichten auf. Klar, innig - und unglaublich treffend. Das Buch "Gott" von Ferdinand von Schirach ist somit in jeder Hinsicht eine echte Bereicherung für alle, die die anspruchsvolle und zugleich aussagekräftige, klar strukturierte Literatur lieben. Und es ist die ideale Lektüre für Menschen, die einerseits zwar über das Leben an sich nachdenken möchten, aber bisher nicht den Mut dazu hatten.
Der Autor liefert mit "Gott" ungemein wertvolle Anschübe und hilft dem Leser bzw. dem Besucher der Theateraufführung geradezu dabei, die Dinge - seine ganz persönlichen Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen und in neutraler Form tiefgreifende Thematiken anzugehen.
GOTT: Ein Theaterstück ist im Handel verfügbar. Außerdem verfilmt Das Erste das Buch und strahlt dem Film im November 2020 aus.