Ab Sonntag zeigt das ZDF die dreiteilge erste Staffel der britischen Serie «Vienna Blood», an deren Produktion der Sender selbst beteiligt war. Lohnt das Einschalten?
Im Wien um die Jahrhundertwende wird vor allem viel gemordet. Mit diesen Morden bekommt es nicht nur der schon seit vielen Jahren erfahrene Inspektor Oskar Rheinhardt (Juergen Maurer) zu tun, denn schon bald kreuzt auf der Wache der junge Medizinstudent Max Liebermann auf (Matthew Beard), der vor kurzem aus London nach Wien gezogen ist, wo seine Familie ein gut gehendes Unternehmen führt. In ihrem ersten Fall bekommen sie es mit einer Séance zu tun, die offenbar aus dem Ruder gelaufen ist. Denn eine der Teilnehmerinnen wird mit einer Wunde in der Brust gefunden; der Gerichtsmediziner stellt anschließend aber keine Austrittswunde fest und die Kugel aus dem Gewehr fehlt auch.
In der zweiten Folge müssen die Beiden, nachdem sich Max Liebermann mit einer Frau aus der Wiener High Society verlobt hat, prompt in einem Bordell ermitteln, wo die Leichen von vier Frauen einem Gemälde gleich drapiert wurden. Auch hier ist sicher: Irgendwer spielt den beiden Ermittlern einen makabren Streich. Gleichzeitig bekommt der Freudianer Liebermann zusehends Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu spüren, bevor er in der dritten Folge, „Der verlorene Sohn“ mit dem Selbstmordversuch seines Neffen konfrontiert wird, in dessen Regiment vor nicht allzu langer Zeit ein anderer Soldat unter seltsamen Umständen gestorben ist.
Die dreiteilige Serie aus dem britischen Fernsehen, bei der sich das ZDF an der Produktion beteiligt hat, nimmt uns also mit in eine vergangene Zeit der Wiener Hochkultur, wo mit der „neuen Wissenschaft“ von Sigmund Freud für viele eine „fragwürdige Medizin“ aufkommt. Dabei merkt man der Serie ihr Mutterland Großbritannien sehr stark an, und sie strahlt eher einen typisch englischen Charme als Wiener Schmäh aus – fast, als hätte sich mit Max Liebermann ein kauziger Sherlock Holmes nach Österreich verirrt und dabei nur seine Schirmmütze verloren.
Aber „in Wien historisch zu drehen, ist ein Erlebnis, das sich kaum in Worte fassen lässt“, sagte Hauptdarsteller Maurer über diese Serie, und man merkt ihm und dem Rest des Ensembles diese Leidenschaft stets an. Schon allein, was man zu sehen bekommt, die wuchtigen Konzertsäle, die alten Stiegenhäuser und das Straßenleben der österreichischen Hauptstadt zur Jahrhundertwende, ist sehr beeindruckend in Szene gesetzt.
Dem ZDF gefiel seine Ko-Produktion prompt so gut, dass es mit der Ausstrahlung dieser drei Folgen gleich eine Fortsetzung ankündigt, die seit August dieses Jahres gedreht wird und weitere Bücher der Romanvorlage „The Liebermann Papers“ adaptieren soll, die nicht nur in England sehr beliebt ist. Für einen wichtigen Event-Charakter fehlt trotzdem das gewisse Etwas, zum Beispiel ein folgenübergreifender Faden, an dem entlang sich die Figuren entwickeln könnten. Vielleicht deshalb zeigt das ZDF diese Serie trotz ihres herausragenden Produktionsbilds erst zu so später Stunde.
Das ZDF zeigt die drei Folgen von «Vienna Blood» ab dem 15. November 2020 jeden Sonntag um 22.15 Uhr.