Die Kritiker: «Weihnachtstöchter»

Felicitas Woll, Elena Uhlig und Felicitas Woll spielen drei Schwestern, die an Weihnachten ein schweres Erbe antreten müssen. Festliche Stimmung will dabei nicht aufkommen.

Stab

Darsteller: Felicitas Woll, Gesine Cukrowski, Elena Uhlig, Tim Bergmann, Peter Lerchbaumer, Max von Pufendorf
Drehbuch und Regie: Rolf Silber
Kamera: Stephan Wagner
Musik: Peter W. Schmitt und Torsten Kamps
Als der ältliche und überschuldete Großbäcker Johann König (Peter Lerchbaumer) wenige Tage vor Weihnachten in seinem mit Christstollen vollgepackten Auto auf einer spiegelglatten Straße einer schlecht animierten Gans ausweicht, verunglückt er dabei tödlich – und hinterlässt seinen drei „Königstöchtern“ eine verfahrene Situation, emotional wie finanziell.

Zuerst zu den Emotionen: Diana (Felicitas Woll), Regina (Gesine Cukrowski) und Katarina (Elena Uhlig) haben allesamt verschiedene Mütter und konnten sich schon als Kinder im selben Haus nicht sonderlich leiden. Heute haben sie alle verschiedene persönliche Probleme: Eine schwimmt mit ihrem arbeitslosen Ehemann und einer schlecht laufenden Konditorei in den Schulden, der anderen steht das Herzensprojekt ihres Lebens auf der Kippe, und die Dritte ist schwer krank, sagt aber niemandem etwas. Doch geblieben ist die wechselseitige Abneigung. Sie ist geradezu zu dem Kitt geworden, der diese seltsame Familie nun zusammenhalten muss. Denn bis zum Silvesterabend müssen sich die Schwestern über das anstehende Erbe einig werden, sonst rutscht der überschuldete Betrieb in die Pleite und vierzig Mitarbeiter begrüßen das neue Jahr mit einem Besuch beim Jobcenter.

Dass die Drei sich ums Verrecken nicht einig werden und die knappe Zeit lieber mit der Aufarbeitung von allerhand Kränkungen aus frühester Kindheit verbringen anstatt mit der Erstellung eines seriösen Sanierungskonzepts, ist natürlich der Prioritätensetzung eines Fernsehfilms geschuldet: Schließlich sind alte seelische Wunden für den Zuschauer interessanter als die aktuellen Cashflow-Diagramme eines fiktiven Stollenherstellers. Trotzdem treibt das irgendwann nicht nur den nervösen Firmenanwalt in den Wahnsinn, der es nicht fassen kann, wie selbstbesessen die drei Frauen stundenlang von ihren alten Wehwehchen erzählen, anstatt Verantwortung für das große Ganze zu übernehmen.

Weihnachtsstimmung will zwischen Kreditunterlagen, Aneurysma-Befunden und dem Haftnotizendschungel, mit dem das Familieninventar aufgeteilt werden soll, sowieso nicht so recht aufkommen. Doch Stück für Stück merken die zerstrittenen Schwestern doch, dass sich die alten Konflikte beim gemeinsamen Baumschmücken am besten ausräumen ließen, und sogar der aktenfindige Anwalt lässt sie dann irgendwann gewähren.

So richtig optimistisch und fröhlich, wie es sich für einen weihnachtlichen Film eigentlich gehören würde, wird «Weihnachtstöchter» aber nie. Ebenso wenig findet der Film jedoch zu einer überzeugenden melancholischen Stimmung oder einer angenehmen Wehmut. Dafür wirken die psychologischen Entwicklungen der Figuren zu gehetzt, ihre Konflikte (die „Erstgeborene“ gegen die „Schlampenkinder“) zu aufgesetzt und zu einfach. Trotzdem: Wer sich mit Geschwistern ein Unternehmen teilt, zu denen er keinen wirklichen Bezug mehr hat, könnte es ja einmal Elena Uhlig, Felicitas Woll und Gesine Cukrowski gleichtun und sich mit ihnen in eine weihnachtliche Klausur zurückziehen, sich dabei von der russischen Hausangestellten bekochen lassen und zusehen, wie den angestellten Juristen unterm Baum immer schwindeliger wird. Vielleicht auch eine Idee für die nächste Vorstandssitzung von Black Rock.

Das ZDF zeigt «Weihnachtstöchter» am Montag, den Montag, den 14. Dezember um 20.15 Uhr.
12.12.2020 10:00 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/123490