Im vergangenen Jahr entstand mit «Club der roten Bänder – Wie alles begann» ein Prequel zur beliebten VOX-Serie. Quotenmeter sprach mit Tim Oliver Schultz über seine Arbeit am Set.
Schon mit elf Jahren stand Tim Oliver Schultz (32) das erste Mal vor der Kamera. Seitdem ist er die Schauspielerei treu geblieben und konnte sogar im Corona-Jahr gleich zweimal auf der Leinwand glänzen, in den Komödien «Enkel für Anfänger» und «Hello Again – Ein Tag für immer». Als krebskranker Leo in der Fernsehserie «Club der roten Bänder» wurde er vor fünf Jahren einem breiteren Publikum bekannt.
2019 entstand sogar ein Kinofilm dazu, der die Vorgeschichte erzählt. Inzwischen steht «Club der roten Bänder – Wie alles begann» auf etlichen Streaming-Plattformen (u.a. Amazon, Sky, iTunes, freenet Video) zur Verfügung. Tim Oliver Schultz erinnert sich gern zurück, wie der Film zustande kam.
Wie haben Sie reagiert als es hieß, aus «Club der roten Bänder» wird ein Kinofilm?
Ich dachte ‚Wow’, gleich gefolgt von: ‚Aber was soll da passieren?’ Es passierte aber auch nicht von heute auf morgen, sondern war ein schleichender Prozess, nachdem das während der 3. Staffel schon gemutmaßt wurde. Irgendwann hieß es dann, wir wollen die Vorgeschichte erzählen.
Das hat Sie dann richtig gereizt?
Na ja, ich fragte schon, was bedeutet das jetzt für uns Schauspieler? Wir wollten natürlich neu herausgefordert werden. Für mich war am wichtigsten, dass wir den Fans etwas bieten, was erzählenswert ist – ein neues Ende für den Anfang der Serie.
Mussten Sie sich in Ihre Rolle dafür nochmals neu einfinden?
Für mich war von vornherein klar, jemanden darstellen zu wollen, der eine Transformation erlebt und zu einem ganz neuen Menschen wird. Ich glaube, es war tatsächlich meine Idee, dass meine Figur am Anfang Leonard heißen soll und erst dann den Namen Leo bekommt. Es ist seine Entscheidung, wenn er sagt, ich bin nicht mehr Leonard, sondern Leo. Wir lernen ihn dann in der ersten Folge so kennen wie es im Film aufhört.
Also lernt man ihn im Kinofilm erst mal als einen komplett anderen kennen?
Das war die Herausforderung, eine komplett neue Figur zu entwickeln. Ich musste mich also erneut fragen, wie läuft er, wie denkt er, was hat er für ein Verhältnis zum Tod und zu seinen Ängsten?
Haben Sie die Themen Krankheit und Tod anfangs nicht abgeschreckt?
Ich wollte das auf jeden Fall machen und als es mit der Serie losging, war es erst mal eine Arbeit wie jede andere mit der Vorbereitung, mit der Beschäftigung des Milieus und der Erstellung einer Biografie meiner Figur. Erst am Set kam man an seine Grenzen.
Weil Sie sich genauer damit auseinandergesetzt haben?
Ich habe mich davor nie damit beschäftigt. Was würde es bedeuten, wenn ich eine solche Diagnose bekäme, an Krebs erkrankt zu sein? Oder was würde sein, wenn in meinem Umkreis jemand stirbt? Ich habe mich damit beschäftigt und hätte mich vielleicht schon viel früher damit beschäftigen können. Es darf eigentlich nicht tabuisiert werden, und heute bin ich auf jeden Fall dafür, alles zu tun, damit darüber gesprochen wird.
«Club der roten Bänder» hat dazu viel beigetragen...
Absolut! Die Besucher auf den Kinderkrebsstationen sind dadurch überall nach oben gegangen. Und ich merke es, wenn ich angesprochen werde oder Briefe von Leuten bekomme, die einfach so dankbar sind, dass diese Geschichten erzählt worden sind.
Spüren Sie damit auch eine besondere Verantwortung?
Um Spider-Man zu zitieren: ‚Mit viel Macht kommt viel Verantwortung‘. Das sehe ich aber für uns nicht. Wir sind Schauspieler, die ihren Job gemacht haben und alles gegeben haben – beruflich und privat. Mich berührt es, wenn ich von ähnlichen Geschichten erfahre. Es ist aber nicht so, dass ich eine große Verantwortung spüren würde. Ab und zu setze ich mich damit auseinander und beantworte auch die Post dazu, aber eben nicht immer. Die Fans wissen das auch und akzeptieren es.
Sie sind knapp über 30, was man Ihnen nicht ansieht. War es dennoch merkwürdig für Sie, einen Teenager zu spielen?
Wenn ich die anderen treffe, werde ich wieder zum Teenager. Man hätte uns sehen müssen als wir wieder zusammenkamen. Da sind wir durch die Räume getobt und haben Witze gerissen. Für mich ist das wie so ein Jungbrunnen, und dass meine Rolle im Kinofilm jetzt noch jünger ist als in der Serie hat mir wirklich sehr gutgetan (lacht).
Sie sind echter Berliner. Könnten Sie sich vorstellen, mal woanders hinzuziehen?
Ich fühle mich voll wohl in Berlin. Ich kann aber gar nicht sagen, warum Berlin so mein Ding ist. Als «Club der roten Bänder» damals Premiere im Berliner Zoo Palast hatte, war das ein geiles Gefühl. Das ist das Kino, wo alle Kindergeburtstage gefeiert wurden und ich meine ersten Dates hatte. Da bin ich ständig gewesen. Es waren auch immer nur 12 Minuten vom S-Bahnhof Wannsee zum Zoo. Das ist ein Gefühl von Heimat.