Die sozialen Netzwerke haben kaum noch Soziales an sich. Stattdessen wird die Reichweite beschränkt, Inhalte blockiert und Links nicht akzeptiert. Brauchen wir eine europäische Alternative?
Amerikanische Social-Media-Plattformen wie Twitter, Facebook, Instagram oder YouTube gewinnen global immer mehr an Einfluss und sind aus der modernen Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Sie haben mittlerweile derart viele von ihnen abhängige Nutzer, dass im Prinzip von Monopolstellungen am Markt gesprochen werden kann. Private wie auch geschäftliche Nutzer sind in ihrer Kommunikation mit der Außenwelt auf die genannten Social-Media-Plattformen angewiesen und begeben sich damit in eine durchaus zu hinterfragende Abhängigkeit.
Besonders kritisch zu betrachten sind dabei die zunehmend antidemokratischen Tendenzen, die sich im Gebaren der Plattformen zeigen. Das Internet, ursprünglich als ein "demokratisches" und jegliche Hierarchien überwindendes Kommunikationsnetz kreiert, bringt zunehmend monopolistische Unternehmen, die gar "autoritär" agieren, hervor. So sind die genannten Social-Media-Plattformen aufgrund ihres immensen Einflusses, der teilweise den von Staaten deutlich übersteigt, in der Lage, ihre eigenen "Spielregeln" in Politik und Wirtschaft festzulegen. Zum einen, weil sie durch ihren weitreichenden Einfluss kaum angreifbar sind - die Nutzer im privaten und geschäftlichen Bereich sind von ihnen abhängig. Zum anderen, weil sie durch Lobbyarbeit Einfluss auf die Gesetzgebung in Staaten nehmen und so Einschränkungen ihres Handelns verhindern.
Als Produkt einer liberalen demokratischen Gesellschaft - die genannten Netzwerke haben ihren Ursprung allesamt in den USA - verwandeln sich Facebook, Instagram und Co ins Gegenteil dessen, was das Internet einmal sein sollte.
Wie Internetmonopole entstehen - der Netzwerkeffekt
Da das Internet nun eigentlich von seiner Idee her eine pluralistisch organisierte Plattform, die jedem die Chance auf globale Kommunikation gibt, sein sollte, stellt sich die Frage, wie die genannten Monopole überhaupt entstehen konnten. Schließlich hat ja theoretisch jeder die Möglichkeit, mit seinem Unternehmen im Internet aktiv zu sein. Ein Beispiel hierfür ist die Plattform "Vidme", die sich als Konkurrenz zu YouTube etablieren wollte, aber ihre Webseite wegen mangelnder Besucherfrequenz schon wenige Monate nach der Gründung wieder vom Netz nehmen musste. Der Grund hierfür ist der sogenannte Netzwerkeffekt. Dieser besagt, dass sich Nutzer automatisch zu Netzwerken hingezogen fühlen, denen bereits viele andere Nutzer angehören, da so mehr Menschen erreicht werden. Eine Plattform, die also bereits viele Nutzer und damit eine große Reichweite hat, wird automatisch weitere Interessenten anlocken. Newcomer haben es dagegen aufgrund ihrer sehr geringen Reichweite deutlich schwerer.
Die bestehenden Monopole werden also mit der Zeit immer größer und können sich aufgrund ihrer "Unersetzbarkeit" zunehmend ihre eigenen Spielregeln setzen.
Korruptes Gebaren von Social Media Plattformen
Instagram
Wie diese "Spielregeln" aussehen, soll an folgenden Beispielen verdeutlicht werden. So erlaubt es beispielsweise Instagram nicht, in Kommentaren Links zu anderen Webseiten, zum Beispiel der eigenen, einzufügen. Gleiches gilt für Facebook. Scheinbar soll so verhindert werden, dass sich die Nutzer von der Webseite wegbewegen. Hier wird also die Freiheit der Nutzer durch das Profitstreben von Instagram und Facebook beschnitten. Diese möchten die Nutzer auf der eigenen Seite halten und ein Weitersurfen anderswo verhindern. Nach den liberal-demokratischen Maßstäben, auf denen unsere westliche Gesellschaft fußt, wäre ein derartiges Verhalten eigentlich inakzeptabel. Dennoch akzeptieren Millionen von Nutzern die Nutzungsbedingungen von Instagram und scheinen kein Problem mit der Begrenzung ihrer Freiheit zu haben.
YouTube
Auch auf YouTube werden Inhalte zurückgehalten, beziehungsweise verboten. So löscht YouTube des Öfteren Videos, da es dessen Inhalte als "unangemessen" beurteilt. Nach welchen Maßstäben Videos als unangemessen eingestuft werden, ist allerdings unklar. Des Weiteren, stellt sich die Frage, ob ein Unternehmen mit einer derartigen Reichweite und öffentlicher Relevanz in einer demokratischen Gesellschaft überhaupt das Recht haben sollte, nach eigener Einschätzung Inhalte zu zensieren. Vielmehr müsste hier eigentlich die Gesellschaft, beziehungsweise die Öffentlichkeit, einfordern, die Deutungshoheit über angemessene und nicht angemessene Inhalte zu besitzen.
Letzten Endes versuchen Social-Media-Plattformen wie YouTube, Instagram oder Facebook massiv, die gesellschaftliche Deutungshoheit über Themen öffentlichen Interesses mitzubestimmen. Da der Aufschrei unter den Nutzern vergleichsweise leise ausfällt, scheint diese Strategie auch Erfolg zu haben.
Beschränkung der Macht der sozialen Medien durch den Staat, beziehungsweise die EU?
Es stellt sich also die Frage, wie eine Gesellschaft auf eine derart "undemokratische" Entwicklung reagieren sollte. Liegt die Lösung in einer kritischen Bevölkerung, die eine Veränderung massiv einfordert und gegebenenfalls auch bereit ist, die besagten Plattformen aus Protest nicht mehr zu nutzen? Oder steht vielmehr die Politik in der Pflicht, im Sinne einer freiheitlichen Verfassung Veränderungen zu erzwingen?
Wie bereits zu Beginn angemerkt, ist die Lobbyarbeit der besagten Medienkonzerne sehr stark. Unternehmen wie Facebook, Instagram oder YouTube sind also dazu in der Lage, die Politik massiv zu beeinflussen. Zusätzlich macht es die "Abhängigkeit" der Bevölkerung von Social-Media-Kanälen schwierig, die Unternehmen mit allen Konsequenzen anzugreifen. Viele Nutzer würden eine Einschränkung ihrer Mediennutzung für die persönliche Freiheit unter Umständen nicht akzeptieren.
Auch das Verklagen der Internetgiganten ist selbstverständlich ein langer Weg. So wurde Facebook beispielsweise bereits wegen seiner Monopolstellung und der daraus folgenden Unterminierung des freien Wettbewerbs von diversen US-Bundesstaaten verklagt. Das erklärte Ziel hierbei, hinter dem auch die US-Senatorin Elizabeth Warren steht, ist, Facebook von Instagram und WhatsApp wieder zu trennen. Es bleibt abzuwarten, wie eine solche Klage ausgeht. Schließlich muss Facebook, das ja selber ein Recht auf freie Marktbeteiligung hat, eine Verzerrung des Wettbewerbs erst einmal genau nachgewiesen werden. Zuckerberg hatte bereits angekündigt, sich mit allen Mitteln gegen eine Zerschlagung seines Konzerns wehren zu wollen. Eine Lösung des Problems könnte kommen, wenn die Europäische Union eine Alternative herstellt. Mit Airbus hat man Boening in die Schranken weisen können, warum also nicht ein europäisches Facebook?