Ulrike Folkerts und Lisa Bitter bekommen es diese Woche mit einem mordenden Neonazi zu tun. Oder ist der braune Rotzlöffel am Ende doch unschuldig?
Stab
Darsteller: Ulrike Folkerts, Lisa Bitter, Peter Espeloer, Annalena Schmidt, Petra Mott, Anna Hermann
Drehbuch und Regie: Tom Bohn
Musik: Hans Franek
Kamera: Cornelia JanssenEs ist wieder passiert. Diesmal in Ludwigshafen. Die Nazis haben zugeschlagen und jemanden aus dem Weg geräumt, der sich gegen Rassismus einsetzt. Diese Woche ist es ein 28-jähriger Rock-gegen-Rechts-Organisator, zur Strecke gebracht von einem Rechtsradikalen voller SS-Tattoos, der seinen Hass bisher nur virtuell ausgelebt hat. Auf seiner Flucht hat er noch eine Polizistin erschossen – und jetzt ist er in den Fängen von Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter), die ihm zusammen mit ihren muffligen Kollegen vom Verfassungsschutz so richtig einheizen wollen.
Doch so klar ist die Sache dann doch nicht. Gut, dass die Ludwigshafener Kripo in alle Richtungen ermittelt, vor allem als sich herausstellt, dass die Spuren am Tatort ein paar Ungereimtheiten aufweisen: die Fußspuren einer kleinen, zierlichen Frau zum Beispiel – der Freundin des Nazis mit den SS-Tattoos? Möglich, aber vielleicht nicht weit genug um die Ecke gedacht für einen «Tatort».
Denn obwohl sich «Hetzjagd» das Milieu aus Online-Hass und Deutschland-erwache-Fantasien vorknöpft und Lena Odenthal, angeekelt von dem Gedankengut des Tatverdächtigen, von Freiheit und Menschenwürde, Rechtsstaat und Grundgesetz doziert, gäbe es da vielleicht noch eine Beziehungsgeschichte zu klären: Schließlich wären da noch die Freundin des Mordopfers und ihre mit Valerie Niehaus auffallend prominent besetzte Mutter.
Wenn man einen «Tatort» oder «Polizeiruf 110» im Neonazi-Milieu spielen lässt, geht damit immer die Gefahr einher, dass die rechten Figuren und ihr Gedankengut zu einer austauschbaren Kulisse verkommen, einem bloßen Hintergrund, den man zumindest hinsichtlich seiner Funktion als Rädchen im Getriebe des Drehbuchs auch durch einen anderen Satz aus Figuren- und Ideenkonstellationen austauschen könnte: Abtreibungsgegner, Motorradfahrer, FDP-Wähler, die Busfahrergewerkschaft.
Genau diese Austauschbarkeit ist leider im vorliegenden Film aus Ludwigshafen gegeben – und verhindert, dass er jemals wirklich zum Quell all des Hasses vordringt, den er ständig zeigt. Dieser «Tatort» verbleibt beim Klischee eines radikalisierten jungen Mannes mit SS-Tätowierungen, der mit seinen Einträgen im polizeilichen Führungszeugnis seinen Hass im Internet flanieren lässt und irgendwann auch mit Waffen zur Tat schreitet – wenn ihm vielleicht an diesem Ludwigshafener Morgen nicht schon jemand zuvorgekommen ist.
Da hat dieser Krimi leider eine goldene Chance verspielt, sich abzuheben von dem Einheitsbrei von der sonntagabendlichen ARD-Kost. Nur oberflächlich wendungsreich entwickelt sich seine Geschichte entlang vorhersehbarer Bahnen, die sich angesichts der Ereignisse der ersten halben Stunde bereits weiträumig erahnen lassen. Wenn sich die mutmaßliche Komplizin des Nazis davon machen konnte und sich die schockierte Freundin des Opfers von der Polizei im Stich gelassen wähnt und schon deshalb auf Rache sinnt, dürfte klar sein, was das Drehbuch hier im Schilde führt. Ein ebenso leichtes Rätsel gibt derweil Valerie Niehaus auf, die ständig von ihrer furchtbaren Grippe spricht, während Johanna Stern kein einziges benutztes Taschentuch im Mülleimer ihres Hauses findet. Und wenn der Nazi doch am Ende harmloser war, als man denkt? Eine schreckliche Botschaft, die dieser Film damit senden würde…
Das Erste zeigt «Tatort – Hetzjagd» am Sonntag, den 14. Februar um 20.15 Uhr.