Der Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens tritt ab. Wer könnte ihm folgen?
Seit März 2012 führt Thomas Bellut als Intendant das Zweite Deutsche Fernsehen, er folgte auf Markus Schächter, der zuvor zehn Jahre die Mainzer Fernsehstation führte. Der ehemalige Berlin-Korrespondent und Moderator von «Politbarometer» war zunächst zwischen 2002 und 2012 Programmdirektor des Senders und führte unter anderem die «heute-show» ein.
Allerdings machte sich Bellut nicht überall Freunde, denn der gebürtige Osnabrücker setzte zahlreiche Familienserien wie «Forsthaus Falkenau» und «Der Landarzt» ab und sorgte für weitere «SOKO»-Serien. Unter seiner Ägide wurden zahlreiche Projekte am Samstagvorabend beendet, seither sind zahlreiche Wiederholungen an dieser Stelle zu sehen. Auch die massive Aufstockung der Episodenanzahlen der Vorabendkrimis fallen in seine Amtszeit. Unter seiner Verantwortung entwickelte sich das ZDF zu einem Sender, der versucht mit Spitzensport und Krimis zu punkten. Breitensport, Familienserien oder andere überraschende fiktionale Programme sind sie Seltenheit geworden.
Wer könnte der Thomas-Bellut-Nachfolger werden?
Norbert Himmler
Der gebürtige Mainzer Norbert Himmler ist seit rund neun Jahren Programmchef des Zweiten Deutschen Fernsehens. Himmler kam 1997 über einen Aushilfsjob zum Fernsehen und war ab 2002 Referent des damaligen Chefredakteurs Nikolaus Brenders. Schon im Jahr 2009 übernahm er die Leitung des Senders ZDFneo.
Himmler verantwortet derzeit ZDFneo, die ZDF-Produktionen für den Kinderkanal, die ZDF-Formate für funk und ist seit 2017 für den Kulturkanal 3sat ebenfalls zuständig. Sein größter Pluspunkt ist die Zusammenarbeit zwischen France Televisions und RAI zur Gründung einer gemeinsamen europäischen Serienredaktion, bei der inzwischen regelmäßig unterschiedliche Formate – überwiegend Kriminalreihen – produziert werden.
Aber Himmler war auch mit Bellut für «Wetten, dass..?» mit Markus Lanz verantwortlich. Die Samstagabend-Show konnte sich mit dem Hamburger Talker nie wirklich durchsetzen und bekam durch die Bank weg miese Kritiken. Allerdings ist dieses Unterfangen bei vielen Menschen schon in Vergessenheit geraten.
Wahrscheinlichkeit der Amtsübernahme: 80 Prozent
Bettina Schausten
Ebenfalls für das Amt der Intendantin kommt die gebürtige Münsteranerin Bettina Schausten in Frage. In den vergangenen Jahren hat die einstige freie Mitarbeiterin des Bayerischen Rundfunks zahlreiche Stellen beim ZDF durchlaufen. Zwischen 2003 und 2010 war sie Leiterin der Hauptredaktion Innenpolitik, ehe sie bis 2019 Leiterin des Hauptstadtstudios war.
Seit zwei Jahren ist sie stellvertretende Chefredakteurin des ZDF und übernahm zudem die Leitung der Hauptredaktion Alles von Elmar Theveßen, der nach Washington D.C. wechselte. „Der Spiegel“ berichtet davon, das Schausten ebenfalls im Gespräch ist. Zwar hat die 55-Jährige noch keine übergreifende Programmbereiche verantwortet, sie ist allerdings als harte Politik-Journalistin bekannt.
Die Zuschauer kennen Schausten von den Sommerinterviews, von früheren «Berlin direkt»-Ausgaben und ihrer Moderatorentätigkeit beim «heute journal». Nach rund 50 Jahren könnte erstmals eine Frau das Zweite Deutsche Fernsehen leiten, das ermutigt viele Menschen in Mainz. Außerdem punktet sie durch einen starken Auftritt und stellt den Politikern, die sie interviewt, die richtigen Fragen.
Wahrscheinlichkeit der Amtsübernahme: 50 Prozent
Eine externe Lösung
Zahlreiche Spitzenmanager haben sich in den vergangenen Jahren von ihren Posten gelöst respektive lösen müssen. Auch der ehemalige Moderator und jetziger Regierungssprecher Steffen Seibert soll ein Rückkehrrecht zum ZDF haben. Wenn Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Herbst das Amt abgibt, wären auch sein Weg zur Spitze des ZDFs frei.
Jedoch wird der Verwaltungsrat in diesem Punkt tatsächlich lieber Himmler oder Schausten wählen, viel zu oft wurde der Politik zu enge Verzweigungen in das öffentlich-rechtliche Fernsehen nachgesagt. Der bis 31. Januar 2021 tätige BR-Intendant Ulrich Wilhelm wechselte als Chefsprecher der Kanzlerin direkt nach München. Da die Verlage ohnehin derzeit einen scharfen Kurs gegen den Rundfunkbeitrag führen, ist die Ernennung Seiberts unwahrscheinlich.
Auch eine externe Lösung ist unwahrscheinlich. Ein ehemaliger Verantwortlicher der Mediengruppe RTL Deutschland oder der ProSiebenSat.1-Gruppe könnte das Haus zu sehr modernisieren. Der Verwaltungsrat wird daher den sicheren Weg gehen und ein Eigengewächs zum potenziellen Nachfolger Thomas Belluts wählen. Immerhin würde dieser auch weiterhin die hohen Ausgaben rechtfertigen müssen, die auf den Unmut der Beitragszahler stößt. Bereits vorgeschlagene Reformen werden von ARD, ZDF und dem Deutschlandfunk abgelehnt und als „unmöglich“ dargestellt.
Wahrscheinlichkeit der Amtsübernahme: 0 Prozent