Schwedenkrimis spielen normalerweise vor grauem Himmel und spitzen Marmorklippen. Beim neuen Neoriginal des ZDF hält dagegen Urlaubsfeeling Einzug.
Die Rollen und ihre Darsteller
Nora Linde: Alexandra Rapaport
Alexander Gullmar: Nicolai Cleve Broch
Miriam Biana: Shirin Golchin
Bengt-Olof Stenmark: Gustaf Hammarsten
Anna: Ping Mon H. Wallén
Tor: Kassel Ulving
Henrik: Jonas MalmsjöSo schön und doch so tödlich – mit diesen Worten lässt sich die Wirkung dieser „Neoriginal“-Serie aus Schweden vielleicht ganz treffend zusammenfassen. Denn in allen der vier jeweils eineinhalbstündigen Folgen werden Löcher in die sommerliche skandinavische Idylle gerissen und dabei auch die höchstpersönlichen Lebenswelten der Hauptfiguren aus dem Polizei- und Justizapparat an den Rand des Zusammenbruchs geführt.
Zum Beispiel die von Staatsanwältin Nora Linde (Alexandra Rapaport), die zu ihrer halberwachsenen Tochter, die sie alleine großgezogen hat, eigentlich ein sehr freundschaftliches Verhältnis hat. Doch als die Mutter ihr kurzerhand verbietet, mit der besten Freundin auf ein Hunderte Kilometer entferntes Festival zu fahren, nimmt die kurzerhand Reißaus, just als gerade ein junger Discobesucher an gepanschten Amphetaminen verstorben ist – denselben Pillen, mit denen die Freundin von Noras Tochter durch die Clubs tingelt.
Oder Polizist Alexander Gullmar (Nicolai Cleve Broch), den seine Kollegen auf dem Revier meist nur schlicht „den Norweger“ nennen. Der wollte eigentlich gerade den jugendlichen Hintermann dingfest machen, der in der Partyszene die tödlichen Drogen in Umlauf gebracht hat – doch weil die Aktion mit den örtlichen Stellen nicht so richtig abgesprochen war, nahmen ihn kurzerhand die schwedischen Polizisten dingfest. Und wenn dann auch noch der Sohn in der Schule einen seiner Klassenkameraden verkloppt, ist der Tag wirklich im Eimer.
Dafür knistert es dann schon beim ersten Aufeinandertreffen zwischen Staatsanwältin Nora und Polizist Alexander, und das obwohl (oder eher: gerade weil) sie sich in der Sache nicht einig werden: Alexander will den U-Häftling weiter wegsperren, weil der ansonsten nur wieder seine Drogen unters schwedische Jungvolk mischt; Nora dagegen pocht auf die dünne Beweislage: Alexander muss ihn zähneknirschend gehen lassen – aber nicht bevor es mit Nora einmal kurz zur Sache gehen darf.
Dabei steigert sich diese Einfallslosigkeit und Klischeehaftigkeit bereits in der ersten Folge auf ein Maß, dass man stellenweise denkt, hier eher einer Parodie beizuwohnen. Vielleicht hat es einen Grund, dass Schwedenkrimis hauptsächlich bei düsterem Wetter in unwirtlichen Landschaften spielen, wenn finster dreinblickende Kommissare vor grauen Marmorklippen noch finsterer dreinblickende Mörder verhaften. Denn wenn man «Mord im Mittsommar» als Beispiel nehmen will, wird aus dem Krimi direkt eine gefühlsduselige Soap nach Uraltschema, sobald die Sonne scheint und in Schweden das Urlaubsfeeling Einzug hält.
Das ZDF zeigt vier neue Folgen von «Mord im Mittsommar» sonntags ab dem 7. März jeweils um 22.15 Uhr, mit der Ausnahme der dritten Folge, die am 21. März erst um 23.00 Uhr ausgestrahlt wird.