In der neuen Netflix-Serie denkt eine Ehefrau und Mutter von zwei Kindern an ihre wilden Jahre zurück und will sie wieder haben. Leider befreit sich dieses Format nicht von alten Fesseln.
Früher, bevor sie zwei Kinder geboren hatte, war Billie Connelly (Sarah Shahi) kein Kind von Traurigkeit, wie man so schön sagt, wenn man, ohne allzu ausschweifend zu werden, auf ein umfangreiches und ebenso befriedigendes Sexualleben anspielen will. Sie hatte eine Affäre nach der anderen mit den wildesten und interessantesten Männern, die das Nachtleben ihrer Großstadt zu bieten hatte. Doch das ungebundene, zwanglose Leben hat auch viele Schattenseiten: Denn ihre Partner für eine Nacht, von denen sie sich meist mehr erhoffte, zogen genauso unverblümt weiter zur nächsten Frau (oder zum nächsten Mann) und niemand hatte Lust auf etwas Festes.
Dann kam irgendwann Cooper (Mike Vogel), ein smarter, gutaussehender, netter und freundlicher Mann, der, wie auch sie, etwas Verbindlicheres wollte, als sich mit ihr nur zwanglos die Nächte zu vertreiben. Ein riesiges Haus in einem Vorort, zwei Kinder und eine berufliche Auszeit später hat sich dann bei Billie eine furchtbare Ödnis eingestellt. Mit das Schlimmste: Cooper ist langweilig im Bett geworden. Und so denkt sie zurück an ihre alten Liebhaber und das ausschweifende Nachtclub-Leben.
Man kann eben nicht alles haben, werden jetzt viele murmeln, die das irgendwie als den natürlichen Lauf des Lebens sehen: Wenn man jung ist, kann man sich austoben, aber wenn man im Leben Anker geworfen hat, muss man sich diesem Schicksal eben auch fügen und ist von nun an zu einem Leben in der Mittelschicht verdammt, mit allem, was dazu gehört: ein frisch gemähter Rasen, reizende Kinder, ein liebender Gatte und eben schlechter Sex.
Während man bei Männern dann noch sagt – naja, der muss sich auch noch als treusorgender Familienvater in seiner Freizeit die Hörner abstoßen dürfen – und bei vereinzelten Seitensprüngen bisweilen eher nachsichtig ist, wie das in den meisten Seifenopern der Fall sein dürfte, trifft die Frauen ein deutlich härteres Urteil, wenn sie sich auch noch in den Fesseln der Ehe austoben wollen: Du bist doch jetzt Mutter.
Diese Fesseln könnte die neue Netflix-Serie «Sex/Life» endlich einmal sprengen und seinem Publikum vorführen, dass sich ein Angekommensein im Vorortleben und ein ausschweifendes und befriedigendes Sexleben, ein Nebeneinander der Rollen als Mutter zweier Kinder und Partymaus nicht ausschließen müssen. Doch das gelingt ihr leider nicht, weil sie sich von Anfang an in einer zu einfach gedachten Entweder-oder-Dualität verrennt, die erzählerisch ausschließlich von dieser Gegenüberstellung leben will und daraus ihre Handlung strickt: Billie träumt ihrem „vergangenen“ Leben nach, geht wieder in Clubs und nimmt Kontakt zu anderen Männern auf. Der Rest der Serie verläuft dann leider so banal wie all die Vorgängerformate, deren Hauptfiguren sich am Ende zuverlässig für das Heimchen am Herd anstatt die sexuell zügellose Femme Fatale entschieden haben. Das Ergebnis ist leider so gähnend langweilig wie Billies Liebesleben.
Die Serie «Sex/Life» ist bei Netflix zu sehen.