«Black Widow» – Scarlett Johanssons Abschiedsvorstellung als Superheldin
Der neue Kino-Blockbuster mit Johanssons spielt zwischen zwei «Avengers»-Filmen. Hat Kevin Feige eine gute Story umgesetzt?
Zwei Jahre ist es her, dass mit «Spider-Man: Far from Home» die letzte Marvel-Comicverfilmung ins Kino kam. Damit wurde gleichzeitig die dritte Phase der ‚Marvel Cinematic Uniververse‘-Filmserie abgeschlossen. Mit «Black Widow» sollte dann im April 2020 die vierte Phase eingeläutet werden, aber die weltweite Pandemie ließ das nicht zu. Weshalb der 24. Film aus dem gesamten ‚Marvel Cinematic Universe“ (MCU) bis jetzt für die große Leinwand zurückgehalten wurde. Denn die ersten Zahlen zeigen, dass «Black Widow» genau der Film ist, auf den die Leute gewartet haben, um endlich wieder ins Kino zu gehen. Zeitgleich kommt der Film auch bei Disney+ heraus, für eine Abonnement-Zuzahlung von 21,99 Euro. Man darf gespannt sein, welches Angebot mehr genutzt werden wird. Wobei das Kino ganz klar der Ort ist, wo das neue Abenteuer der beliebten Superheldin am besten gewürdigt werden kann. Aber wie kommt es überhaupt dazu, dass es ein Wiedersehen mit ihr gibt? Echte Marvels-Fans wissen natürlich, dass Natascha Romanoff alias Black Widow während des Schlachtgewimmels in «Avengers: Endgame» (2019) den Opfertod starb. Tatsächlich ist ihr Solo-Film, auf den Fans seit Johanssons erstem kurzen Auftritt in «Iron Man 2» (2010) warteten, eine Art Prequel. Eine Vorgeschichte, die zwischen den Filmen «Avengers: Infinity War» und «Avengers: Endgame» angelegt ist.
Es bleibt in der Familie
Bevor die Russin Natascha Romanoff (Scarlett Johansson) in den Westen überlief und sich den Avengers anschloss, um die Welt vor Außerirdischen zu retten, war sie als Geheimagentin für den KGB tätig. Allerdings ist sie Thaddeus Ross (William Hurt) vom amerikanischen Außendienst immer noch ein Dorn im Auge, weshalb sie nach Europa flüchtet, wo sie noch einmal mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Natascha erinnert sich, wie sie als 13-Jährige mit ihrer Schwester Yelena (Florence Pugh) und ihren Eltern Alexei (David Harbour) und Melina (Rachel Weisz) illegal in Ohio lebte, bis die Familie Hals über Kopf vor den US-Behörden nach Kuba fliehen musste. Dort begegnete sie zum ersten Mal Dreykov (Ray Winstone), der das ‚Black Widow‘-Programm ins Leben gerufen hat und nun eine Armee machtloser Mädchen unter seinen Fittichen hat, mit der er eine neue Weltordnung heraufbeschwören will. Um Dreykov aufzuhalten, braucht Natascha die Unterstützung ihrer Familie, die schon vor Jahren auseinandergebrochen ist. Zuerst muss sie Yelena auf den Pfad der Tugend zurückbringen. Zusammen befreien sie Alexei aus dem Gefängnis, um dann gemeinsam Melina aufzusuchen, die in der Einöde nur scheinbar Schweine hütet. Dann ist da noch der unheimliche Taskmaster mit der Totenmaske. Er trachtet der ganzen Familie nach dem Leben. Aber warum?
Abgefahrene Actionszene am Anfang
Wie das alles zusammenhängt, wird hier aus Spannungsgründen natürlich nicht erzählt, aber es ist schon erstaunlich wie es Kevin Feige als MCU-Mastermind schafft, immer wieder einen neuen Dreh hineinzubekommen. Indem er stets neue kreative Köpfe ins Boot holt, bekommt jeder neue Marvel-Film seine eigene Note, ohne das MCU-Gesamtkonzept aufs Spiel zu setzen. Im Fall von «Black Widow» vertraute er Cate Shortland die Regie an. Gewiss, weil es «Wonder Woman» (2017) mit Patty Jenkins als Regisseurin so erfolgreich vorgemacht hat. Vermutlich aber auch, weil man das Inszenieren von Frauenpower lieber in Frauenhänden lässt, womit man jedoch ebenso einem Klischee aufgesessen ist. Die große Stärke von Kate Shortland - eine Australierin, die schon in Deutschland drehte («Lore») und anschließend mit Max Riemelt «Berlin Syndrom» drehte – ist, Familiengeschichten zu erzählen. Da kommen beim Wiedersehen von Vater, Mutter und zwei Töchtern allerhand Konflikte und Verletzungen auf den Tisch, das aber so ironisch umgesetzt, dass es Spaß macht, ihnen dabei zuzuhören. Keine Angst, das familiäre Drama bleibt zweitrangig, denn wie es sich für eine Marvel-Film dominiert die Action, und da beginnt «Black Widow» mit einer abgefahrene Actionszene gleich am Anfang, wenn Melina und Alexei mit ihren beiden kleinen Töchtern mit einem alten Propellerflugzeug abheben wollen, dabei aber auch ihre Verfolger abschütteln müssen.
Black Widow darf nicht sterben
Somit bekommt man die beste Actionszene des Films sehr früh zu sehen, weil der Rest dann Standard bleibt, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass die Story wieder viel bodenständiger ist als man es von den «Avengers»-Spektakeln zuletzt gewohnt war. So hangelt sich die Handlung erst mal von einem Zweikampf zum nächsten bis zum obligatorischen Showdown mit ungeheuerlichen Explosionen. Immerhin erfährt man einiges über das ‚Black Widow‘-Programm. Demnach ist Natascha Romanoff nicht die einzige ‚schwarze Witwe‘, was Hoffnung auf eine Nachfolgerin für zukünftige Marvel-Filme macht. Zuvor muss dieser Film aber mit einem emotionalen Epilog enden. Das ist man der der ersten «Black Widow» einfach schuldig.
Fazit: Eine Comicverfilmung mit ganz viel Frauenpower. Dir beste Actionszene wird gleich zu Beginn verpulvert. Danach reiht sich bis zum explosiven Showdown ein Zweikampf an den nächsten. Aber das Zusammenspiel aus Action, Ironie und Emotionalität funktioniert dennoch hervorragend.
09.07.2021 12:00 Uhr
• Markus Tschiedert
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