SpongeBob soll nicht mehr werben dürfen
SpongeBob und andere beliebte Kinderhelden aus dem Fernsehen sollen nicht mehr in Werbung für Nahrungsmittel vorkommen, die sich an Kinder unter acht Jahren richtet. Das fordern Konsumentenschützer in den USA schon seit längerem von Nahrungsmittelkonzernen wie Kellogg, Kraft Foods und McDonalds, aber auch von der Politik. Dem Center for Science in the Public Interest (CSPI) und der Gruppe Campaign for a Commercial-free Childhood (CCFC) reichen die Reaktionen auf diese Forderungen nicht. Gemeinsam mit zwei Eltern planen die Organisationen im US-Bundesstaat Massachusetts Klagen gegen den Medienriesen Viacom und den Nahrungsmittelhersteller Kellogs. Den Unternehmen soll untersagt werden, mit beliebten Figuren aus Film und Fernsehen für gesundheitlich bedenkliche Nahrungsmittel zu werben.
"Nickelodeon und Kellogg verwenden Geschäftspraktiken, die unsere Kinder im wahrsten Sinn des Wortes krank machen", sagte CSPI-Direktor Michael F. Jacobson zu der geplanten Klage. Die Marketingstrategien der beiden Unternehmen seien darauf ausgerichtet, "Kinder davon zu überzeugen, dass alles was sie von ihren Eltern über Ernährung hören, falsch ist", so Jacobson. Diese "Multimedia-Gehirnwäsche" müsse gestoppt werden. Das wollen die Kläger nun vor Gericht durchsetzen, weil Politik und geforderte Selbstkontrolle der Unternehmen nicht funktioniere. Viacom, Mutter des Kindersenders Nickelodeon, und Kellogg sollen künftig vor einem Publikum, das zu 15 Prozent oder mehr aus unter Achtjährigen besteht, nicht mehr für "Junk Food" werben dürfen. Auch im Internet, bei Events, mit Spielzeug und anderen Marketingtechniken sollen unter Achtjährige nicht mehr mit derartiger Werbung konfrontiert werden. Diese Praktiken seien "betrügerisch und unfair".
Anders als bei früheren Fällen ist diesmal nicht nur der Nahrungsmittelhersteller im Visier der Konsumentenschützer, sondern auch ein Medienunternehmen. Hauptargument der Kläger ist, dass ein Großteil der beworbenen Nahrungsmittel gesundheitlich bedenklich und aus ernährungswissenschaftlicher Sicht von schlechter Qualität (z.B. zuviel Zucker, Fett, Salz, keine Nährstoffe) ist. Dies führe zu Fettleibigkeit und anderen gesundheitlichen Problemen. Hinzu kommt das Kinder unter acht Jahren Werbung nicht als solche erkennen. Dem Gegenargument der Unternehmen und der Werbewirtschaft, dass nicht die Werbung für die Essgewohnheiten verantwortlich ist, treten die an der Klage beteiligten Eltern entgegen. "Als Elternteil tue ich mein Bestes damit meine Kinder gesund essen", so Sherri Carlson, Mutter dreier Kinder. Aber immer, wenn die Kids beim Einkaufen Produkte mit ihren Lieblingsfiguren aus Film und Fernsehen sehen, gehe das Gezeter los. "Dieses unverantwortliche Marketing untergräbt meine Bemühungen als Elternteil und muss aufhören", so Carlson.
Das CSPI hat zu diesem Zweck die Werbungen von Kellogg und Nickelodeon untersucht. Im Samstagmorgen-Programm werben demnach 98 Prozent der Kellog-Werbespots für Produkte von schlechter Qualität (aus ernährungswissenschaftlicher Sicht). Von 80 Kellogg-Produkten mit kinderfreundlichen Verpackungen (z.B. «Bilder von SpongeBob») in Supermärkten sind 84 Prozent von schlechter Qualität. Beim Kindersender Nickelodeon warben während der Untersuchung des CSPI beinahe 90 Prozent der Nahrungsmittel-Spots für qualitativ minderwertige Produkte. 60 Prozent der Nahrungsmittel mit Nickelodeon-Charakteren auf der Verpackung sind demnach Junk Food. Unabhängig von der Klage hat das Institute of Medicine bereits im Dezember 2005 festgestellt, das mindestens 80 Prozent der Nahrungsmittelwerbung für Kinder, für ungesunde Produkte wirbt. Einige Unternehmen wie z.B. McDonalds und Kraft Foods haben laut New York Times bereits angekündigt, die Verwendung lizenzierter Charaktere in der Werbung zu reduzieren oder überhaupt zu beenden. Eine andere US-Studie hat im Vorjahr ergeben, dass Kinder irrtümlich glauben, die im Fernsehen beworbenen Nahrungsmittel sind gesund. Je höher der TV-Konsum, desto größer die Verwirrung der Kids darüber, was gesund ist und was nicht.
In Europa gibt es eine ähnliche Diskussion über Werbung für Kinder im Nahrungsmittelbereich. In der EU-Richtlinie über unlauteren Wettbewerb wird auch auf Kinder Bezug genommen. Sie muss in den Mitgliedstaaten bis 2007 umgesetzt werden. Für Werbung, die sich an Kinder richtet, gelten strengere Regeln. Eine Klage wie in den USA hat aber "rechtlich bei uns keine Chance", meint Ulrike Ginner, Expertin der Arbeiterkammer in Wien. Auch in den USA ist der Erfolg vor Gericht ungewiss. Rechtsgrundlage in Österreich seien bei Klagen vor allem das Wettbewerbsrecht und die Regelungen zu irreführender Werbung. So hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) die Klage gegen die Werbung für die Fruchtzwerge von Danone in zweiter Instanz gewonnen.