Am Montagabend startete die neue Infotainment-Sendung bei ProSieben. Doch die Ergebnisse waren so miserabel, dass ProSieben handeln muss.
Es gleicht einem Treppenwitz: Das Erste sendete am Montagabend einen 75-minütigen Vierkampf zwischen Janine Wissler (Die Linke), Christian Lindner (FDP), Alexander Dobrindt (CSU) und Alice Weidel (AfD) und fuhr damit 1,13 Millionen 14- bis 49-Jährige ein. Zur selben Zeit startete der We-love-to-Entertain-You-Sender ProSieben
«Zervakis & Opdenhövel. Live.» und erreichte nicht mal ein Drittel davon. 0,33 Millionen junge Fernsehzuschauer, beim Gesamtpublikum waren es 0,47 Millionen Zuschauer.
Der Talk mit dem afghanischem Popstar Aryana Sayeed war inhaltlich gut, aber der Neuigkeitswert gering. Mit James Blunt wollte man eigentlich über seine Corona-Erkrankung sprechen, wie man in der vergangenen Woche noch eifrig mitgeteilt hatte. Das Thema fiel unter den Tisch, stattdessen sollten junge Menschen mit Maßkrug-Stemmen unterhalten werden. Genauso waren die Taxi-Interviews in Berlin, die – wenn man genau hinsah – eigentlich immer nur im Kreis fuhren. Die Fragen waren so dünn, wie der inhaltliche Zweck der Taxifahrt. Es folgte ein «Matrix»-Werbespot und eine Familie aus dem Ahrtal berichtete über die Flut. Dass dieser Mix schlechte Quoten einfährt, war klar. Dass nicht einmal eine halbe Million Menschen dabei sind, überrascht dann doch etwas.
Wie geht es nun mit «Zervakis & Opdenhövel. Live.» weiter?
Option 1: Nichts anmerken lassen
Der Auftakt von «Zervakis & Opdenhövel. Live» holte wirklich schlechte Reichweiten. Nur 0,47 Millionen Menschen ab drei Jahren waren dabei. Doch der Zuschauer außerhalb der Medien-Blase bekommt von den niedrigen Reichweiten kaum etwas mit. ProSieben könnte das Format einfach ein paar Wochen auf dem Sendeplatz belassen und nach sechs Folgen einen „geplanten“ Schlussstrich ziehen, wenn die Werte nicht steigen. Jedoch: «How Fake Is Your Love» hatte am Dienstag die exakt gleichen Reichweiten und wurde nach der ersten Folge auf Mitternacht verlegt. Auch hier hätten die Programmplaner nicht reagieren müssen.
Option 2: Sendeplatz-Verlegung
ProSieben-Chef Daniel Rosemann lässt das Format auf den 22.15-Uhr-Slot verlegen, allerdings fliegen das Investigativ-Magazin «Uncovered» und die Sendung «10 Fakten» aus dem Programm. Man erhofft sich in Unterföhring eine Steigerung der Marktanteile auf Senderschnitt, um das Format halbwegs retten zu können. Intern macht man sich Gedanken, wann man das Format beenden kann. Eine Kürzung der Ausgaben kann zusätzlich stattfinden, um zumindest die Thilo-Mischke-Reportagen zu versenden.
Option 3: Der Sonntag
Obwohl der Sonntag eigentlich stark umkämpft ist, wird «Zervakis & Opdenhövel. Live.» mit neuen Ausgaben laufen. Die Wochenend-Ausgabe von «taff» ist zwar kein Quotenknüller, die Reichweiten sind aber in der Regel gut. Selbst mit einer am Freitag vorproduzierten Sendung, die komplett aus alten Beiträgen besteht, bekommt ProSieben bis zu 400.000 Zuschauer am siebten Tag der Woche. In der Regel ist die Hälfte der Zuschauer unter 50 Jahren.
Hat «Zarvakis & Opdenhövel. Live.» eine lange Zukunft bei ProSieben?
Summa Summarum: «Zervakis & Opdenhövel. Live.» „war ganz nett, aber nicht gut“ (Zitat aus «Die Simpsons»). Unterm Strich präsentierte ProSieben am Montag eine Sendung, die keinen Neuigkeitswert hatte. Alle Themen wurden schon in den vergangenen Wochen mehrfach behandelt. Die zweistündige Sendung wurde im Übrigen auch so konzipiert, dass sie sonntags genau so wiederholt werden kann. Bei einem wirklich aktuellen Magazin ist das nicht möglich, umso genauer sollte man in den Folgewochen den Inhalt des Programms als Bezugspunkt nehmen, um über die Zukunft des Formats zu entscheiden. Mit tagesaktuellen Themen erarbeitet sich «ZOL» durchaus seine Berechtigung im Programm der roten Sieben, die die eigene Relevanz steigern will. Aber Matthias Opdenhövel zeigte sich vor wenigen Tagen sehr zuversichtlich, dass alle einen langen Atem haben werden.