Lilian Klebow: ‚Eine Rolle lange spielen zu dürfen, ist ein großer Segen‘

Die 41-jährige «SOKO Wien»-Schauspielerin sprach mit Quotenmeter über die Corona-Pandemie. Außerdem sind Produktionsausfälle am Set ein großes Thema.

Sie gehören seit fast 16 Jahren zum Ensemble von «SOKO Wien». Wie würden Sie die Rolle von Penny beschreiben?
Sie ist stark, aber darunter sehr verletzlich. Was sie gut mit ihrer Coolness wett macht. Sie geht völlig in ihrem Beruf auf. Privatleben ist bei ihr leider nicht sehr groß geschrieben. Sie hat sich über die Jahre diametral entgegengesetzt zu mir als Privatperson entwickelt, das ist das spannende an uns Beiden. Sie hat mal als „die Kleine“ in Ballerinas und Rock begonnen, mittlerweile ist sie eine recht eigenwillige Person. Und ich liebe Penny Lanz sehr. Es ist eine grosse Freude sie so lange zu spielen.

Mit Helmuth Bohatsch haben Sie schon viele Kollegen kommen und gehen sehen. Fühlen Sie sich mit Stefan Jürgens (seit 2007 dabei) wie zwei alte Hasen?
Natürlich ist das oft wie „heimkommen zur Familie“ - man kennt sich in allen Höhen und Tiefen. Unsicherheiten und Großartigkeiten. Die Abschiede fielen mir immer schwer. Aber wir haben immer wieder wunderbare neue Kollegen dazu bekommen und dann muss sich das „Familienkarussell“ eben erst mal neu einpendeln. Langweilig wird einem hier jedenfalls nie!

Vor zwei Jahren strahlten ORF und ZDF das Crossover „Der vierte Mann“ aus. Gibt es ähnliche Highlights in der neuen Staffel?
„Der Vierte Mann“ als Crossover Folge war natürlich eine Klasse für sich. Aber die Zuschauer können sich auf neue ungemein emotionale und spannungsgeladene und aktuelle Fälle freuen. Wir lernen mit jedem Jahr dazu. Und es gibt viele Geschichten zu erzählen. Wir sind einfach glücklich und stolz, das uns so viele Menschen über all die Jahre immer noch so gerne sehen wollen. Das ist ein Geschenk für das ich einfach Danke sagen möchte.

«SOKO Wien» ist in Deutschland ein Quotenknüller. Ist das für Sie und das gesamte Team ein Segen, nicht immer um eine Fortsetzung kämpfen zu müssen?
Eine Serie, eine Rolle so unglaublich lange spielen zu dürfen ist ein großer Segen. Sicherheit gibt es in unserem Business ja nicht, aber wir hatten und haben das große Glück das Geschenk «SOKO Wien» schon so lange an unserer Seite zu haben. Unser Team ist mehr als Familie. Wir respektieren, lieben und tragen einander nun ja schon durch einen großen Abschnitt unser aller Leben.

Sie standen vor vielen Jahren auch für die Sat.1-Serie «Stadt, Land, Mord» vor der Kamera. Nach acht Episoden war Schluss, nicht gerade ein schönes Gefühl?
Ich war damals unglaublich erschüttert. «Stadt, Land, Mord» war sehr besonders. Noch heute sprechen mich Leute darauf an, warum das nicht weitergegangen ist. Damals war ich glaub ich noch so naiv, das ich geglaubt habe, etwas das so gut wie «Stadt, Land, Mord» ist, kann doch nicht einfach abgesetzt werden, weil die Quote nicht „reicht“. Aber das wurde ganz klar so kommuniziert. Heute wären unsere Quoten von damals mehr als genug - naja - vielleicht «SLM reloaded»? 🤔

Derzeit produzieren in Deutschland hauptsächlich die ARD, das ZDF und einige Streaminganbieter Fernsehserien. Wünschen Sie sich mehr Mut bei den Privaten?
Als Schauspielerin wünscht man sich immer mehr Mut. Und immer mehr Geschichten. Ich liebe Serien. Und wenn «SOKO Wien» wirklich irgendwann nicht mehr ist, bin ich gespannt auf das, was dann kommt.

Der ProSiebenSat.1-Chef sagte vor Kurzem, eine Sendergruppe wie seine, könne sich nicht «The Crown» leisten.
Ich bin kein Zahlenmensch und auch keine Produzentin. Bis jetzt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Wenn es so weit ist, würde ich gerne Geschichten und großartige Serien produzieren, dann kann ich darauf auch eine fundiertere Antwort geben 😉. Ich glaube aber, dass es nicht immer am Geld liegen muss, wenn man eine großartige, ganz eigene Geschichte produzieren will. Oder ich hoffe es…

Sie haben mit Ihrem Ehemann Erich Altenkopf zwei junge Kinder. Wie war die Corona-Pandemie für Sie in Deutschland und Österreich?
Etwas das niemand bis jetzt so erlebt hat. Ich kann mich an den Tag erinnern, als die Bavaria Film sagte „Erich, bitte komm nach München“ - zu dem Zeitpunkt wusste niemand, ob die Grenzen offen bleiben, ob wir weiter arbeiten werden? Unser Drehstart bei der «SOKO» lag noch vor uns und wurde ja dann auch wieder um drei Monate auf Anfang August verschoben.

Ich hatte Angst, dass ich meinen Mann nicht sehe, weil er in Deutschland bleiben muss, während die Kinder und ich in Wien bleiben müssten. Als er dann wenige Tage später heim kam, war die Zeit für uns ein großes Geschenk. Ich war dankbar, dass wir zusammen sind. Wir sind durch unsere Arbeit selten zwei Monate am Stück als Familie beisammen. Wir hatten keine finanziellen Sorgen und einen kleinen Balkon. Großes Privileg also. Wir waren dankbar dafür. «Sturm der Liebe» drehte ja dann als erste Serie wieder. Das war für alle im Schauspielberuf ein Hoffnungsschimmer.

Unsere Kinder waren glücklich. Charlie war gerade fünf und wurde sechs im Lockdown. Wir feierten inklusive Schnitzeljagd an der Erich und ich die ganze Nacht gebastelt haben zu Hause. Sie war schon so groß, dass sie dann sowieso nicht mehr in den Kindergarten wollte. Sonny war gerade drei geworden. Und auch er wollte nicht mehr zur Tagesmutter. Sie waren glücklich bei uns zu sein. Der zweite und dritte Lockdown waren dann nicht mehr so easy. Die Unsicherheit. Vor allem die Angst um die Kinder haben diese Zeit geprägt.

Aber auch die um meine 95-jährige Oma in München und um meine Eltern. Wir haben sehr viele Hochrisikopatienten in unserer Familie. Das war eine emotionale Zeit mit besonderer Vorsicht. Für meine Schwägerin, die ein schwer behindertes Kind mit einem Immundefekt hat war das, was wir alle in verschiedenen Lockdowns erlebt haben, der Alltag jeden Winters seit zwanzig Jahren, wenn sie mit ihrer Tochter zu Hause bleiben musste, weil ein Grippevirus für einen Menschen, wie meine Nichte tödlich ist. Ich habe damals verstanden, was sie Großartiges leistet. Und vieles worüber wir uns gewundert haben, wie das häufige Händewaschen und Desinfizieren zum Beispiel hat plötzlich Sinn ergeben. Uns hat es Demut und Dankbarkeit gelehrt und gezeigt wie verwundbar wir als Familie sind. Und wir als Gesellschaft. Und dass es nur Miteinander geht.

Vor Kurzem wurde Schauspielerin Eva Herzig aus dem «Steirerwut» herausgeschrieben, weil sie sich nicht impfen lassen wollte. Im vergangenen Jahr haben aber Abstandsregeln und eine Teststrategie die meisten Produktionen Corona-frei gehalten.
Am Anfang konnten wir alle nicht drehen, weil es keine Ausfallsversicherung gab, die die Dreharbeiten in einem Pandemiefall abgesichert hätte. Erst als es die Möglichkeit dazu gab, konnten wir alle wieder arbeiten. Ich kann ihnen nicht sagen, wie das versicherungstechnisch geregelt ist. Nur das ich als Person froh war mich impfen lassen zu können, aus familiären Gründen, aber auch, weil ich am Set, wenn ich meine Maske herunter nehme eine große Verantwortung habe für alle die an diesem Set stehen. Aber auch selbst vulnerabel bin dadurch. Ich bin Mutter von zwei Kindern. Ich wollte schon alleine für sie so gesund wie möglich bleiben.

In den Vereinigten Staaten von Amerika müssen Schauspieler bei Netflix geimpft sein. Können Sie die Sorgen der Produzenten nachvollziehen, wenn wegen Corona eine große Produktion zwei Wochen pausieren muss?
Ein Drehausfall kostet eine Produktion immer. Ein zweiwöchiger wäre für viele Produktionsfirmen nicht tragbar. Weil eben ein Hauptdarsteller nicht einfach ersetzbar ist. Man kann ja nicht mit jemandem anderen beliebig weiterdrehen. Ich selbst war einmal ein K1-Kontakt, so wie meine Kinder und musste 14 Tage in Quarantäne damals, nachdem unser Au Pair positiv getestet wurde. Das ging, weil ich zu diesem Zeitpunkt fast keine Drehtage hatte. Ein Glücksfall. Erich konnte auch in München weiterdrehen, weil er keinen Kontakt zu ihr hatte. Glücklicherweise habe ich nur Geld in Form von drei Drehtagen verloren und die anderen konnten weiter drehen. Vor allem waren wir alle gesund und meine Tochter konnte ihren ersten Schultag erleben. Das war wichtig in diesem Moment.

Vielen Dank für dieses offene Gespräch!

«SOKO Wien» ist ab Freitag, den 24. September, um 18.00 Uhr im ZDF zu sehen.
24.09.2021 11:56 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/129669