14 Jahre nach dem Ende einer der erfolgreichsten Serien aller Zeiten, läuft das mit Spannung erwartete Sopranos Prequel in den Kinos an und ist je nach Region auch on demand verfügbar.
Was den Inhalt von «The Many Saints of Newark» betrifft, so sollte sogleich festgehalten werden, dass dieser Film keine Jugendgeschichte von Tony Soprano erzählt. Dieser mag zwar als Kind und später Jugendlicher Teil der Handlung sein, steht aber nicht im Fokus. Im Zentrum findet der Zuschauer hingegen einen gewissen Richard „Dickie“ Moltisanti wieder, Vater von Christopher Moltisanti.
Dessen letzte Jahre rund um die DiMeo-Mafia-Familie werden beleuchtet, während junge Versionen einiger der aus «Die Sopranos» bekannten Charaktere in einigen Momentaufnahmen aus mehr oder weniger starken Fanservice Gründen gezeigt werden. Relativ schnell wird deutlich, dass «The Many Saints of Newark» mehr erzählen will, als es die 120 Minuten Lauflänge zulassen. Der Fokus der Geschichte liegt auf zwei Säulen, einerseits wird die anschwellende Disparität zwischen der Mafia und afroamerikanischen Gangs beleuchtet, andererseits das Privatleben rund um Dickie Moltisanti und seiner junge italienischen Freundin Giuseppina Bruno. Während der Cast von Anfang bis Ende die Rollen zwar absolut überzeugend spielt, wird nie eine Bindung zum Zuschauer aufgebaut. Schauspieler wie Jon Bernthal als „Johnny Boy“ Soprano, Tonys Vater oder Ray Liotta, der gleich in einer Doppelrolle sowohl als "Hollywood Dick" Moltisanti und Salvatore "Sally" Moltisanti auftritt, scheinen massiv unterrepräsentiert und wirken, als würden sie mit angezogener Handbremse spielen. Sowohl die Handlung als auch die Charaktere springen dabei von Szene zu Szene ohne einen nachhaltigen Mehrwert zu bieten.
Der Umgang mit den Charakteren, bzw. die fehlende Ausleuchtung dieser ist auch der Hauptgrund, warum «The Many Saints of Newark» zum Großteil schlicht nicht funktioniert. «Die Sopranos» war ein Charakterdrama dessen Erfolg immens von der vielschichtigen Darstellung des von James Gandolfini verkörperten Protagonisten Tony Soprano abhängig war. Die fast unheimliche Tiefe, die Gandolfini seinem Charakter zu verleihen in der Lage war, zwischen psychopatischer Grausamkeit, liebevoller Gutmütigkeit und einer gar unheimlichen Präsenz die bis heute seinesgleichen sucht, findet man in Saints nicht ansatzweise. Moltisanti ist hingegen schlicht durchschnittlich, wie ein Anzug von der Stange. Er verkörpert einen Typ Mafiosi, wie er in unzähligen Filmen zuvor bereits gezeigt wurde und erfüllt dabei fast jedes Klischee.
Genauso wie „Dickie“ Moltisanti, ist auch The Many Saints of Newark im Vergleich zur Mutterserie «Die Sopranos», und diesen Vergleich muss sich ein als Prequel zu einer der besten Serien aller Zeiten angepriesener Film gefallen lassen, erschreckend durchschnittlich. Bis auf die Personennamen und einige gut kopierte Gestiken der Jungschauspieler würde den Film ohne Hintergrundinformationen niemand mit den Sopranos in Verbindung bringen. Auf sich allein gestellt ist der Film durchaus anschaubar, aber er bietet weder für Fans des Mafiagenres noch für die der Serie einen wirklichen Mehrwert.
«The Many Saints of Newark» ist in den USA am 1. Oktober zeitgleich im Kino und auf dem Streamingservice HBO Max gestartet. In Deutschland ist ein Kinostart für den 4. November 2021 anvisiert. Ob der Film zeitnah auch hierzulande on demand verfügbar sein wird, steht noch nicht fest.