Dank «Squid Game»: «Alice in Borderland» hebt ab

Die japanische Fernsehserie startete im Dezember 2020 mit akzeptablen Zuschauerzahlen. Doch ein richtiger Superhit wurde die Serie erst in den vergangenen Wochen.

Über 150 Millionen Haushalte haben zumindest ein Mal auf den Netflix-Blockbuster «Squid Game» zugegriffen, der am 17. September 2021 beim amerikanischen Streamingdienstanbieter Netflix startete. Die Idee kam von Dwang Dong-hyuk, der auch das Drehbuch schrieb und Regie führte. Der Filmemacher setzte unter anderem auch den Historienfilm «The Fortress» um, der in Südkorea mit fast vier Millionen Kinogängern ein Erfolg war. Die meisten Zuschauer von «Squid Game» kommen über die extrem gute Marketingmaschine aus den sozialen Medien. Das Zuckerwabenspiel erschien in mehreren Trailern, außerdem sind viele Zuschauer von der extremen Gewalt begeistert. Nicht etwa die Storyline lässt die Menschen nach dem Format suchen, sondern die unterschiedlichen Gewalttaten. Zwischenzeitlich wurde der Hype damit befeuert, dass ein großer Teil der jungen Netflix&Chill-Kultur diese Serie gesehen hat und dies mit anderen Menschen teilten. So wurde «Squid Game» zum „Must See TV“.

Wer die Serie hinter sich hat, wird von den Algorithmen auf «Alice in Borderland» verwiesen. Eine japanische Serie, die Mitte Dezember des vergangenen Jahres auf der Plattform weltweit veröffentlicht wurde. Innerhalb der ersten 30 Tage schalteten 18 Millionen Haushalte ein, sodass der Anbieter eine zweite Staffel bestellte. Die Serie handelt von einem Trio, das nach einer merkwürdigen Erscheinung, in einem leeren Tokyo zurückgelassen wurde.

Die Serie kommt von Shinsuke Sato, der auch den von Warner Bros. Pictures vertriebenen Spielfilm «Death Note: Light Up the New World» herstellte. Er schnappte sich die Co-Autoren Soshiki Watabe und Wasuko Kuramitsu und heuerte den japanischen «The Good Doctor» Kento Yamazaki an, der in die Rolle des Anführers Ryōhei Arisu schlüpfte. Zusammen mit Yūki Morinaga, Keita Machida und Ayame Misaki ist er die wichtigste Figur der ersten Episoden. Weil die Spiele doch recht viel Zeit umfassen und die Charaktere relativ dünn entwickelt wurden, ist das Trio ab der vierten Folge nicht mehr Teil des Spiels.

Stattdessen wird die Hauptdarstellerin Tao Tsuchiya als Yuzuha Usagi eingeführt, die aber schon in früheren Episoden immer mal wieder zum Ensemble gehörte. Die beiden bekommen eine Solo-Episode, die in klassischen Fernsehserien wie «Doctor Who» oder «Breaking Bad» gerne als klassische Füllepisoden eingestreut werden, um die Staffel zu verlängern. Erst mit der vierten Folge wird ein Bild von zahlreichen weiteren Darstellern eingefügt, die vor allem für das westliche Auge völlig überfrachtet ist.

Mit der zweiten Hälfte der Serie wird die Serie völlig wirr. Es ergibt sich aufgrund der in den ersten vier Episoden eingestreuten Informationen zwar ein Gesamtbild, doch die meisten Figuren sind zum großen Teil unglaubwürdig. In der Organisation „The Beach“ werden Verräter beispielsweise mit dem Tod bestraft. Doch ohne Teamplay kann keiner der Figuren innerhalb dieser Welt überleben. Anders als «Squid Game» müssen die Teilnehmer dieses „Spiels“ zusammenhalten, weil die Aufgaben kompliziert sind und es kaum Spielregeln gibt.

Das Teamplay ist vor allem wichtig, weil in dieser Spielwelt nicht alle Teilnehmer gleichzeitig erscheinen. Statt also an einer Komplettlösung zu arbeiten, werden immer wieder Menschen geopfert. Das ergibt keinen Sinn, denn die Macher wollen – wie schon beim südkoreanischen Pendant – eine Gewaltorgie liefern. In den letzten Episoden kommt es sogar noch zu einer Revolte und einem gleichzeitig stattfinden Mastergame, das allerdings völlig grundlos aus den Fugen gerät.



Machen wir uns nichts vor: Serien wie «Squid Game» und «Alice in Borderland» sind nicht das neue «House of Cards» oder «Lupin». Die Charaktere sind schwach gezeichnet, die Gewaltszenen sind endlos in die Länge gezogen und der Zuschauer kann sich mit den Helden nicht wirklich anfreunden, da diese recht unsympathisch wirken. Die Storylines werden zwar auch bei den asiatischen Formaten mit dem Ende komplexer, aber es existieren zu viele Logiklöcher.

Von «Alice in Borderland» soll eine es zweite Staffel geben, die wohl im nächsten Jahr erscheint. Das Format basiert auf dem gleichnamigen Manga, das bereits seit einigen Jahren abgeschlossen ist. So viel kann schon einmal gesagt werden, das Ende könnte – sofern man sich an der literarischen Vorläge hält – ähnlich „toll“ werden wie schon bei «Lost».
28.10.2021 12:10 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/130249