Laut einer Studie haben fast ein Drittel der Haushalte einen Ultra-HD-Fernseher. Das Fernsehprogramm scheint für die Zuschauer so schlecht zu sein, dass ein überwiegender Teil der Bevölkerung dennoch nicht einmal für HD bezahlen möchte.
Im November kehrte «TV total» zurück ins Fernsehen. Während viele Details aus dem von Stefan Raab moderierten Format übernommen wurden, hat sich eine Einzelheit geändert: Die Brainpool- und Raab TV-Produktion wird im hochauflösenden HDTV aufgenommen. Die Macher der werktäglichen Show weigerten sich bis Ende 2015, die Technik anzupassen. ProSieben schien in diesem Fall auch nicht besonders viel Druck zu machen.
Der Unmut auf die deutschen Privatsender wächst. Die Reichweiten befinden sich seit zwei Jahren in einem gigantischen Fall – und das, obwohl durch die Corona-Pandemie zwei Lockdowns anstanden. Bei der diesjährigen Fußball-Europameisterschaft punkteten Das Erste und das ZDF nicht nur mit den Partien selbst, sondern auch mit dem Alternativprogramm. Die privaten Fernsehsender wurden von den gebührenfinanzierten Anstalten gnadenlos an die Wand gespielt. Der «Tatort» ist stark, die Krimis am Donnerstag wachsen im Ersten stetig. Und bei den Privaten? «Das Supertalent» liegt am Boden, «The Voice» enttäuscht nach den Blind Auditions. Das Nachmittagsprogramm kann kaum noch junge Zuschauer vorweisen. Die kleinen Sender wie sixx oder RTLup sind froh, wenn überhaupt über 100.000 junge Zuschauer gemessen werden.
Privatfernsehen hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Die deutschen Haushalte haben zu 84,5 Prozent mindestens einen HD-Fernseher zu Hause stehen. Satelliten- und Kabelkunden haben zu knapp 30 Prozent einen Ultra-HD-Fernseher, auch 4K genannt, an der Wand stehen. Die Nutzer von IPTV kommen auf fast 40 Prozent, so der Digitalisierungsbericht Video 2021 der Medienanstalten. Das Feld vom ultrahochauflösenden Fernsehen überlässt man einzig Sky Deutschland, das bei seinen Abonnenten damit punkten kann. Es gibt zwar immer wieder Feldversuche, 4K-Inhalte zu starten, doch das stockt.
Bis auf Pixelfernsehen sind die privaten Fernsehsender kostenpflichtig. Nach jahrelangen Versuchen daraus Kapital zu schlagen, müssen sich die Sender aber eingestehen, dass dieses Unterfangen ein Problem ist. Die Menschen möchten dafür nicht bezahlen, weil sie eh schon Werbung sehen, zum anderen treibt das die Zuschauer nur zu den Öffentlich-Rechtlichen und den Streamingdiensten. HD Plus konnte sich nie durchsetzen. 77 Prozent der Satelliten-Zuschauer könnten den Dienst abonnieren, doch nur 18 Prozent zahlen dafür. Vodafone schlägt sich mit 44 Prozent besser, man kommt aber auch nur auf die Hälfte der Kunden. Allerdings hat der Kabelnetzbetreiber nicht gerade den besten Ruf, da HD-Aufnahmen blockiert werden. Am besten schlagen sich Anbieter wie die Deutsche Telekom, deren Kunden 93 Prozent HD-Fernseher besitzen und 58 Prozent auch dafür Geld bezahlen.
Durch die Corona-Pandemie ist die durchschnittliche Sehdauer der Menschen stark gestiegen. 2019 waren die Menschen vier Stunden und 52 Minuten damit beschäftigt, vergangenes Jahr stieg das Interesse auf fünf Stunden und 40 Minuten an. Das lineare Fernsehen konnte davon im Schnitt nur um acht Minuten profitieren, YouTube wuchs von 37 auf 41 Minuten. Die SVoD-Dienste, angeführt von Amazon und Netflix, verbesserten sich von 34 auf 65 Minuten. Disney+ bietet Ultra-HD für alle an, HDTV ist bei Netflix schon ab der zweiten Preisstufe dabei.
Die privaten Fernsehsender haben kaum eine Strategie vorzuweisen. ProSiebenSat.1 und die RTL-Gruppe produzieren fast ausschließlich nur noch Doku-Soaps oder Reality-Shows. Die Sender überlassen im Herbst 2021 den Markt der Krimis und der eigenproduzierten Serien der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz, die damit die besten Werte seit zwei Jahrzehnten einfährt. Den Kölnern muss man zu Gute halten, dass sie Fiktionales immerhin für ihren Streamingdienst herstellen, die dann aber dennoch im linearen Fernsehen im Block versendet werden. Dennoch: Der Verfall der Quoten ist ein großes Dilemma und hausgemacht. Jetzt hat eine weitere Statistik bestätigt, dass das private Fernsehen vor (oder schon in?) einer großen Krise steht.