Sonntagsfragen an Christian Möllmann
Christian, Deine neue Sendung startet am 27. Februar bei der Pay-TV-Plattform Premiere. Wie wir schon berichtet haben, handelt es sich dabei eigentlich um «Big Brother», nur unter anderem Namen. Bislang gibt es wenig Informationen darüber – wie sieht das Konzept denn genau aus?
Offiziell und amtlich ist, dass es auch ein Real-Life-Format sein wird, das «Big Brother» sehr ähnelt. Auch bei uns leben die Kandidaten 24 Stunden in einem Haus, sie werden gefilmt und der Zuschauer bekommt eben alles mit. Die Sendung wird «Container Exklusiv» heißen und am 27. Februar beginnen und 150 Tage dauern. Der Gewinner – und es gibt nur einen Gewinner – also keinen Zwischendringewinner und Vielleichtgewinner – bekommt 150.000 Euro. Für jeden Tag im Haus sind das 1.000 Euro. Der Trend soll weggehen von höher, schneller, weiter. Ich begrüße das auch sehr. Bei uns gibt es keine Matches und Challenges, es hängt also niemand mehr unter einem Helicopter. Vielleicht mag das ja Manchen interessieren, wie jemand Bungee springt.
Bei uns geht es aber wirklich darum, was die Leute 150 Tage lang im Haus machen. Wir machen die ursprüngliche «Big Brother»-Idee. Denn das ist auch nicht so einfach. Stellen wir uns einen verregneten Nachmittag vor: Zuhause liest du ein Buch, guckst fern usw. Im Container gibt es das aber alles nicht. Es soll schon auch ein bisschen anstrengend sein, schließlich geht’s um jede Menge Kohle. Wenn die Kandidaten immer wieder Ausflüge in der Zeit machen, dann ist man auch schneller abgelenkt. Früher waren die Kandidaten nach 100 Tagen «BB» auch wirklich K.O. Da war die Batterie leer und jeder hat sich auf zu Hause gefreut. Nach der fünften Staffel hat man aber teilweise von Kandidaten gehört: „Schade, schon vorbei. War doch super.“ Das kann ich auch nicht nachvollziehen. Alles in allem: Back to basic. Es wird heftiger, es ist zeitlich begrenzt, es gibt keine Arbeitswelten, keine Beschäftigungsmaßnahmen und Co. Wir machen die Tür zu und wer nach 150 Tagen als Letzter wieder rauskommt hat gewonnen.
Wie viele Kandidaten werden denn einziehen?
Zunächst sechs. Schließlich und endlich werden es aber zehn sein. Das ist für den Zuschauer angenehmer. Zu Beginn drei Männer und drei Frauen, die kann man sich auch ganz schnell merken: Das ist dann beispielsweise die blonde Ostdeutsche, die Braunhaarige mit der flachen Brust und der Glatzkopf.
Wo wird die Sendung produziert? Fans wünschen sich zum Teil eine Reaktivierung des Hauses der fünften Staffel.
Wir produzieren wieder in Köln. Wir haben aber extra ein Haus gebaut.
Steht das Haus schon?
Ich habe es noch nicht gesehen, aber es soll schon stehen. Aber offiziell heißt es: Das Haus ist am 26. Februar fertig, damit die Leute am 27. einziehen können.
6 Kandidaten – ein Nominator. Was ist Deine Aufgabe?
Es wird jeden Montagabend um 20.15 Uhr bei Premiere Start eine Spezialsendung geben. Die geht über „Ich kann mir 24 Stunden täglich angucken, was da passiert“ hinaus, wird aber trotzdem keinen so bunten Showcharakter haben. Da wird nichts aufgeblasen, nichts unnötig spannender gemacht, als es ist und es werden auch keine blödsinnigen Spiele gespielt, die mit dem eigentlichen Konzept nichts zu tun haben. Der Schwerpunkt wird auf der Nominierung liegen. Die wird im Übrigen auch härter. Also Antworten wie „Auf XY kann ich am besten verzichten“ wird’s bei mir nicht geben. Und dann steht natürlich der jeweilige Auszug im Vordergrund. Wer auszieht, bestimmt das Publikum.
Und die Shows werden live sein?!
Genau. Meine Aufgabe ist es also auch aufzupassen, dass die Kandidaten anständig nominieren. Natürlich ist es normal, dass man sich gut leiden kann, aber trotzdem ist das Format irgendwo eine Gameshow. Jeder will doch gewinnen, also muss man sich auch gegen Konkurrenten durchsetzen. Wir sind ja nicht bei „Piep, Piep, Piep, habt mich alle lieb.“ Man soll im Container nicht seinen Partner fürs Leben finden, nicht heiraten oder sonst was. Die Kandidaten sollen einfach nur 150.000 Euro verdienen. Und das ist ein guter Grund einzuziehen. Da gab es bei den Castings aber auch andere, da habe ich echt das Zähneknirschen gekriegt.
Bei Premiere hofft aber hoffentlich niemand Popstar oder anderweitig berühmt zu werden…
Ich war beim Casting teilweise schon sehr schockiert. 70 Prozent der Kandidaten, die sich haben casten lassen, sind wohlwollend in die Ecke „Freak“ zu stellen.
War das nicht immer so? Ich denke an Carsten aus der fünften Staffel, der Obst als Hauptnahrungsmittel propagiert hat.
Ja gut, aber Carsten war eher „normal bescheuert“. Ich erzähl Dir jetzt mal ein paar heftige Szenen aus dem Casting: Da stehen also manche mitten in der Gruppe – und damit meine ich so etwa 100 fremde Menschen – auf und sagen „Ich will jetzt ins Fernsehen – dafür tue ich alles“. Denen fällt dann nichts Besseres ein, als die Hose runterzulassen. Das ist doch nicht wirklich normal. Wir haben mit den Kandidaten, die in kleinere Gruppen aufgeteilt wurden, einige Spiele gemacht: So sollten sich die Kandidaten vorstellen, dass sie jetzt in Frankreich sind und dort eine Sightseeing-Tour machen. Da fällt einem zum Beispiel ein, man hat einen imaginären Fotoapparat und knipst ein bisschen rum. Das ist ja Okay. Jetzt wechseln wir den Ort und sind in der Wüste, die Sonne brennt, 40 Grad. Ich finde, es wäre normal, sich nicht vorhandene Schweißtropfen von der Stirn zu wischen, auf allen vieren zu robben und nach Wasser zu suchen. Wenn aber von 10 Kandidaten 8 Leuten nichts anderes einfällt, als sich ebenfalls auszuziehen und blank zu ziehen, dann finde ich das heftig.
Aber es kommt noch schlimmer: Auch die zwei normalen, die sich denken, „okay, Wüste, heiß, da schwitze ich“, sehen ihre Mitstreiter und geraten in Panik: „Mist, die ziehen sich alle aus, das muss ich jetzt auch machen, um nicht auf der Strecke zu bleiben.“ Und da war mir ein Carsten aus der fünften Staffel schon lieb, eben weil ihm vieles eher egal war.
Hast du noch Kontakt zu Kandidaten aus Staffel fünf?
Nein, eigentlich nicht. Ich war teilweise aber auch wirklich negativ überrascht. Da kamen dann manche Kandidaten auf der After-Show-Party zu mir und haben mich gefragt, was denn jetzt alles mit ihnen nach der Staffel geplant ist. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass sich jemand vor dem Einzug ins Haus wirklich schon mal den Platz im Plattenladen gesichert hat. Platz da – in vier Monaten komme ich mit meinem Album. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Ich habe vergangenen Woche auch die Entscheidungsshow von «Big Brother» geguckt und hatte ganz spontan zwei Wünsche: Lasst das Wort „Rückwärtsversteigerung“ nach der sechsten Staffel für immer verschwinden und ich möchte keine Sendung mehr aus einer viel zu kleinen Bar sehen.
(lacht)
Erfüllt Premiere mir den Wunsch?
Was die Rückwärtsversteigerung betrifft: Ja! Aber mein Studio wird nicht größer. Das war aber ein Wunsch von mir. Es wird keine Auftrittsfläche für Profilneurotiker mehr geben. Nichts mit: ich brauche eine Frau, einen Job, einen Hund… Wir machen eine Gameshow, du kannst mitmachen, wenn du verlierst: Danke fürs dabei sein, aber das war’s, Tschüß. Und vor allem muss ich so jemanden dann nicht die nächsten drei Wochen noch mal sehen, nur weil er eine neue Frisur hat. Das ist nicht böse gemeint. Aber der Job der Kandidaten ist es das Spiel zu gewinnen. Und wenn derjenige verliert, muss er halt nach Hause gehen. Mich hat es zum Beispiel immer gestört, dass die Bewohner zu viel Input bekommen. Vom Publikum, vom Kameramann und so weiter. Da können die Kameraleute natürlich nichts dafür. Aber selbst jetzt, wo vielleicht 35 Leute im Studio sitzen, fangen die Bewohner an zu strahlen und fühlen sich ganz toll. Die denken, sie sind die Allergrößten, nur weil 35 Menschen aus Höflichkeit klatschen. Damit ist Schluss! Keine Leute ins Studio, es klatscht weder der Kameramann noch der Regieassistent.
Es ist nicht ganz genau bekannt, wie viele Menschen momentan ein Monatsticket besitzen und somit 24 Stunden lang die Bewohner des Dorfes beobachten können. Es wird eine Zahl in der Größenordung 30.000 spekuliert. Hinzu kommen dann beim neuen Projekt noch einige Abonnenten, die das Format über Premiere Start verfolgen könnten. Kann man mit vergleichsweise wenigen Menschen denn überhaupt eine Art Kult erreichen?
Ich denke, Premiere wäre nicht scharf darauf gewesen, das weiter zu machen, wenn sich das nicht rechnen würde. Premiere weiß ja wirklich was passiert. Quoten hin, Quoten her, da habe ich mir schon immer an den Kopf gefasst: Da gibt es 5.640 Haushalte in Deutschland, bei denen die Quoten ermittelt werden – und dann steht am Sonntag in der Bild-Zeitung „15 Millionen haben Gottschalk gesehen“. Ich denke mir da immer: „Hey, selbst wenn alle geguckt hätten, wären es 5.640 Haushalte.“ Premiere hat eine bestimmte Zahl von Abos, durch die Kohle reinkommt.
Die Tageszusammenfassung wird nur 9 Minuten dauern. Kann man in 9 Minuten den Zuschauer denn überhaupt über 24 Stunden Tagesgeschehen informieren?
Eine berechtigte Frage. Es wird aber in der Montagsshow nochmals einen umfangreichen Rückblick über die gesamte Woche geben. Umfangreicher dahingehend, weil betrachtet wird: Was war wirklich wichtig – und mit wichtig meine ich auch wichtig: Das soll jetzt kein Fingerzeig auf andere Sendungen sein, aber es ist doch egal, ob eine Kuh jetzt irgendwo ein Kalb geboren hat. Wenn jetzt eine neue Bewohnerin einzieht, dann muss die doch nicht erstmal vier Minuten lang unter der Dusche gezeigt werden. Deswegen muss eine Tageszusammenfassung auch nicht so ewig dauern. Dadurch muss man gewisse Geschichten auch nicht künstlich aufrechterhalten. Vielleicht flirtet einer mal am Montag mit einer Frau. Vielleicht tut er das am Dienstag auch noch. Aber wenn er es am Mittwoch nicht mehr macht, ist es nicht schlimm. Das geht dann nicht nach dem Prinzip: Oh, dann gucken am Donnerstag noch mehr Leute, die dann am Freitag auch noch andere Kollegen anrufen.
Es gibt ja die Möglichkeit, Personen durch eine Tageszusammenfassung in einem falschen Licht erscheinen zu lassen. Entweder zu gut oder zu schlecht. Das wird «Big Brother» in Internetforen des Öfteren vorgeworfen. Muss «Container Exklusiv» also wesentlich ehrlicher sein?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das passiert. Natürlich gibt es aber Ex-Kandidaten, die mit den Bildern unzufrieden sind. Das sage ich jetzt nicht, weil ich etwas Nettes sagen möchte. Ich habe das am eigenen Leibe erfahren, denn in ruhigen Stunden habe ich mir Bilder von «Big Brother 2», wo ich Bewohner war, angesehen. Das ist manchmal schon heftig. Aber da sollte sich jeder selbst für sich überlegen: Es werden 24 Stunden am Tag aufgezeichnet. Das ist kein Hollywood Film à la Matrix, sondern ganz normale Sachen in ganz normalen Räumen. Jetzt sollte sich jeder an die eigene Nase fassen und überlegen: Was mache ich denn 24 Stunden lang? Kratz ich mich da im Schritt, esse ich mittags mit offenem Mund? Wenn ein Bewohner eine Stunde lang an die Decke schaut, sieht man das logischerweise nicht in der Tageszusammenfassung, das wäre ja zu schnarchig. Wenn jemand das alles sehen möchte, muss er sich Streichhölzer zwischen die Augen klemmen und 24 Stunden am Tag Premiere gucken. In den Highlights gibt es Spitzen – sowohl von oben als auch von unten. Ich habe von mir Sachen gesehen, bei denen deutschlandweit die Entrüstung hoch war. Es hieß, ich sei ein Arschloch. Dabei habe ich doch gar nichts gemacht! Ich war weder aggressiv, noch unhöflich noch brutal. Ich war nur nicht unbedingt politisch korrekt. Das waren die negativen Sachen. Dann habe ich Bilder gesehen, wo ich einen Schmetterling aufgehoben habe, weil ich dachte, er hätte einen Flügel gebrochen. Dabei bin ich nicht der Tierfreund Nummer 1 und ich hatte auch nicht vor Ehrenvorstand bei Greenpeace zu werden. Die Wahrheit liegt also immer irgendwo zwischendrin. Auch Franzi aus der fünften Staffel hat nicht den ganzen Tag gefressen und gefurzt. Das sind eben Highlights und das sollte eigentlich jedem klar sein. Bei uns ist es einfach so: Wenn jemand etwas Tolles und Schönes macht, dann wird es zu sehen sein. Und wenn jemand etwas mieses und dreckiges anstellt, dann zeigen wir es auch.
Im zweiten Teil des Interviews mit dem Nominator sprach Christian Möllmann mit uns über die Ende Februar endende sechste Staffel von «Big Brother» und beantwortete die Frage, warum es wichtig ist, Kandidaten solcher Shows vorher genauer unter die Lupe zu nehmen. Das alles lesen Sie am kommenden Sonntag - nur bei Quotenmeter.de