Die deutschen Fernsehzuschauer mussten lange auf die Premiere der neuen Staffel warten. Enttäuscht wurden diese allerdings nicht.
Erst Anfang März 2022 brachte der Streamingdienst Disney+ die amerikanische Serie «The Good Fight» nach Deutschland. Die fünfte Staffel wurde schon vor rund einem Jahr beim Konkurrenten Paramount+ gesendet, die Produktion ist eine CBS Television Studios- und King Size-Serie, die in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen von Ridley Scott, Scott Free Productions, produziert wurde. Obwohl die Serie gemeinsam mit «The Good Wife» auf zwölf Staffeln kommt, sind keine Ermüdungserscheinungen sichtbar.
Völlig im Gegenteil: In der vierten Staffel, die durch die Corona-Pandemie unterbrochen wurde, stand die Korruption um Richter im Mittelpunkt. Im Finale der Staffel, das so nie geplant war, ging man der Frage nach, wer Jeffrey Epstein umgebracht haben könnte. Der Auftakt der fünften Runde setzt im Jahr 2020 an und zeigt die Veränderungen der Kanzlei während der Corona-Pandemie. Der Tod der Richterin Ruth Bader Ginsburg spielt eine ebenso wichtige Rolle wie die Angriffe auf das Capitol im Januar 2021.
Robert und Michelle King haben eine Staffel kreiert, deren Thema die nationale Ungehorsamkeit ist – und das in einer Rekordzeit. Bereits wenige Wochen nach dem Kapitol-Sturm wurden die Drehbücher verfasst, im Juni lief die erste Folge bei Paramount+. Die beginnt zunächst mit dem Sturm auf das Kapitol, sodass die Kanzlei selbst zur Zielscheibe wird. Das gipfelt in einem alternativen Gerichtsaal, das im Hinterzimmer eines Copyshops versteckt ist. Obwohl der „Richter“ Wackner, verkörpert von «Homeland»-Star Mandy Pantinkin, keinerlei juristische Erfahrungen hat, werden die Entscheidungen sowohl von den Klägern als auch von den Angeklagten angenommen.
Davon profitieren auch finstere Mächte, deren Ziele anfangs unklar sind. Doch das Gleichgewicht zwischen geregelter Justiz und diesem Scheingericht im 9 ¾-Bezirk (frei nach «Harry Potter») verschiebt sich. Die frustrierte Exekutive, deren Arbeit von einem überforderten Justizapparat massiv erschwert ist, nimmt diese neue Judikative mit Kusshand an. Als der Geschäftsmann David Cord (Stephen Lang) auch noch sein privates Gefängnis zur Verbüßung von Strafen anbietet, gerät der Rechtsstaat außer Kontrolle. Frei nach Trumps Sturm auf das Washingtoner Kapitol, dessen Tumult gleich mehrfach wichtig wird. Das Finale der Staffel ist ein Sinnbild des Sturms aufs das Kapitol und zeigt die Gründung einer gespaltenen Gesellschaft.
Die fünfte Staffel beschäftigt sich weniger mit Politik, sondern mit zahlreichen Problemen, hervorgerufen durch die Pandemie, und der Unzufriedenheit der Amerikaner mit dem Rechtssystem. Obwohl «The Good Fight» keine Comedy-Serie ist, wird der Zuschauer mit schwarzem Humor belohnt. Als Cush Jumbos Ego Lucca Quinn die Kanzlei verlässt, soll sie für eine reiche Freundin ihre Geschäfte aus London regeln. Dank des Lockdowns und die damals bestehenden Reisebeschränkungen fühlt sich der Ausstieg nicht wirklich wie einer an. Die Kings lassen das Fehlen von Quinn eher wie eine dauerhafte Pandemie-Belastung wirken.
Auch Kanzlei-Chef Adrian Boseman, gespielt von Delroy Lindo, verabschiedete sich in den Serienruhestand. Das brachte der Serie wieder einige Machtkämpfe, um Christiane Baranskis und Audra McDonalds Charaktere, Diane Lockhart sowie Liz Lawrence, die sich gegenseitig ausspielen wollen. Doch nicht etwa die künftigen Kanzlei-Chefinnen haben das Sagen, sondern Dianes ehemaliger Kollege David Lee (Zach Grenier). Die Chefinnen der Kanzlei wollen mit Frauen-Power punkten und nicht nur mit der Hautfarbe (
Die Kanzlei von Schwarzen für Schwarze). Doch das Sagen hat STR Laurie, ein Konsortium, das Reddick, Boseman & Lockhart zu Beginn der vierten Staffel übernahm und Lee als örtlicher Verwalter einsetzt. Dessen Aufgabe ist das Unterbinden der Streitigkeiten, was ihm auch mit einer gewissen Härte gelingt. Für Schmunzeln sorgt auch weiterhin der Running Gag mit Jane Lynch, die weiterhin als FBI-Agent Madeline Starkey auftritt. Ihr Vogelproblem ist genauso weiterhin vorhanden wie ihre Abneigung gegen die Kanzlei Redding, Boseman & Lockhart.
Deutlich in den Hintergrund gerät Marissa Gold, gespielt von Sarah Steele, die zwar von der Ermittlerin zur Anwältin aufsteigt, aber deutlich hinter ihren Möglichkeiten bleibt. Stattdessen ist Carmen Moyo, gespielt von Charmaine Bingwa, der neue Star der Serie und bekommt die Top-Fälle serviert. Dass die Macher der recht unbekannten australischen Schauspielerin so viel Sendezeit einräumen, ist doch sehr ungewöhnlich. Aber es funktioniert! Böse Zungen würden behaupten, dass die schwarze Schauspielerin nicht nur charakterlich Cush Jumbo ersetzen soll, sondern auch bildlich.
Die fünfte Staffel von «The Good Fight» sorgt weiterhin für Begeisterung. Die Verantwortlichen haben die Pandemie hervorragend in die Serie integriert und zeitgleich auch störende Dinge wie die Maskenpflicht ignoriert. Der Serie tut es sehr gut, dass man zehn statt 22 Folgen pro Jahr produziert. Jedoch wurde kein schöner Abschluss für das Problem „Memo 618“ (das Thema in Staffel vier) gefunden. Vielleicht findet man mit der sechsten Runde darauf eine Antwort.
«The Good Fight» ist bei Disney+ streambar.