Noch vor ein paar Jahren hatten zahlreiche Unternehmen Interesse, die Spiele der Fußball-Nationalmannschaft auszustrahlen. Doch der Kreis der ernsthaften Investoren wird geringer. Eine kommentierende Analyse von Fabian Riedner.
Die Stimmung bei der UEFA ist getrübt, denn die Lizenzierung von mehr als 1.200 Spielen, beginnend ab Juni 2022, ist ins Stocken geraten. Die Zahl der Investoren ist in den vergangenen Jahren gesunken. Das hat auch zum Teil mit der Corona-Pandemie zu tun, aber auch mit neuen Strategien der weltweiten Geldgeber. Die ProSiebenSat.1-Gruppe musste durch die Pandemie erstmals einen negativen Quartalsbericht veröffentlichen, muss vermutlich Joyn von Discovery kaufen und baut dazu noch eine neue Unternehmenszentrale. Auch eine Nachrichtenredaktion wird aktuell in Unterföhring aufgebaut, hat man da noch Ressourcen, um sich einen mehr oder weniger unbedeutendes Fantasie-Turnier zu sichern?
Nur 3,25 Millionen Fernsehzuschauer verfolgten das Finale der UEFA Nations League am Sonntag, den 10. Oktober 2021, im Ersten. Obwohl Axel Balkausky, ARD-Sportkoordinator gerne Millionen für Spitzensport ausgibt, wird ihn die recht frisch im Amt befindliche Christine Strobl bremsen. Denn: Selbst im Hochsommer fährt Das Erste mit alten Folgen vom «Tatort» mehr Fernsehzuschauer ein. Schon bei der Fußball-Europameisterschaft, die aufgrund der Pandemie im Sommer 2021 stattfand, mussten sich ARD und ZDF eingestehen, dass das Interesse am runden Leder spürbar zurückgegangen ist. Die Deutschen haben dem Fußball zwar nicht den Rücken gekehrt, aber die Top-Partien hatten teilweise fünf Millionen Zuschauer weniger.
Egal ob Sat.1, RTL, ZDF oder Das Erste Partien aus den vielen Länder- und Klubspielen übertragen, es ist immer wieder auffällig, dass das Publikum bis zu vier Fünfteln aus über 50-Jährigen besteht. Die jungen Fernsehzuschauer sind ohnehin im Netz unterwegs schon in der Vergangenheit ist ein Strategiewechsel der öffentlich-rechtlichen Kanäle sichtbar: Inhalte für die Mediathek. Die ARD startete erst vor wenigen Tagen sechs Formate für die Mediathek, das ZDF hat große Teile für das Budget für Mediatheken-Serien verschoben.
Auch für den Pay-TV-Riesen Sky ist das Turnier, das am 2. Juni 2022 startet, und am 18. Juni 2023 seinen Gewinner findet, nicht rentabel. Innerhalb von vier Monaten möchte die UEFA 156 Partien durchführen, ehe im Sommer 2023 die übrigen vier Partien ausgestrahlt werden. Obwohl der Gewinn der Nations League keinen wirklichen Wert hat, müssen Spiele der deutschen Nationalmannschaft im frei-empfangbaren Fernsehen verfügbar sein. Grundsätzlich wird in zwei Teilen gekickt: Zwischen dem 2. Juni und 14. Juni werden die ersten vier Spieltage durchgeführt, in der zweiten September-Hälfte folgen zwei Partien.
Sky, das sich mit der Bundesliga am Samstag und der gesamten zweiten Fußball-Bundesliga gut hält, wird daher wohl den Teufel tun, sich diesen Klotz ans Bein zu binden. Die Ausschreibung umfasst noch mehr: Neben den drei Nations-League-Spielzeiten bis 2027 gibt es Testspiele, die Qualifikationsspiele für die Europameisterschaften 2024 und 2028 sowie die Weltmeisterschaft 2026. Auch die Europameisterschaft 2028 ist ebenfalls derzeit im Angebot. Fußball-Fans hoffen, dass die DAZN Group unter anderem zuschlagen könnte. Doch auch diese Möglichkeit gilt als immer unwahrscheinlicher. Der Internet-Streamingdienst verdoppelte erst vor Kurzem den Preis der monatlichen Mitgliedschaft.
Ein Interessant für die 60 DFB-Spiele zwischen Juni 2022 und Ende 2028 könnte durchaus die RTL-Gruppe sein. Bei RTL dürfen noch im November 2022 weitere Testspiele gezeigt werden, zudem ist die Gruppe mit der UEFA Europa League und der UEFA Conference League eigentlich ganz gut aufgestellt. Rund 500 Millionen Euro erhofft sich die UEFA von den deutschen Unternehmen, die bis 10. Dezember 2021 Zeit hatten, ein Angebot abzugeben. Scheinbar sind die Angebote nicht zufrieden stellend, denn seit Monaten hört man nichts aus der Verbandsetage.
Die deutschen Fußball-Fans haben es eigentlich leicht: Durch den Medienstaatsvertrag ist die Ausstrahlung im deutschen Free-TV gesichert. Die ohnehin nicht interessanten Pakete, mit den zahlreichen Gruppenspielen anderer Länder, werden – wie auch jetzt schon – irgendwo günstig im Pay-TV-Bereich landen. Vermutlich wird es wieder zu einer Mischung von zahlreichen Rechteinhabern kommen, sodass der deutsche Fan am Ende ohnehin nicht über die übertragende Fernsehstation motzt, sondern ohnehin nur wieder über den Kommentator.