DreamWorks Animation bringt mit dem Animationsfilm das neueste Werk von «Tropic Thunder»-Autor Etan Cohen ins Kino.
Seit jeher fürchtet sich der Mensch vorm bösen Wolf. In Märchen wurde Isegrim ebenso diffamiert wie im Kino - als grimmiges und reißendes Raubtier, dem nicht zu trauen ist. Ein falsches Bild mit fatalen Folgen bis zur Ausrottung in vielen europäischen Regionen. In manchen Zeichentrickfilmen wie «Das Dschungelbuch» oder «Prinzessin Mononoke» kommt der Wolf aber auch besser weg, und in dem neuen computeranimierten Wunderwerk von DreamWorks, «Die Gangster Gang», wird mit seinem anrüchigen Image sogar gespielt. Selbstverständlich familiengerecht, was nichts anderes heißt als dass die Hauptfigur, Mr. Wolf, vermenschlicht wird. Und mit ihm seine Mitstreiter, die bei uns Menschen noch viel unliebsamer sind als der pelzige Vierbeiner, der in «Die Gangster Gang» auf zwei Beinen geht. Das gehört sich so, wenn animierte Tiere auch noch sprechen können.
Vom Saulus zum Paulus
Weil sie von den meisten Menschen gehasst werden, benehmen sich Mr. Wolf, Mr. Snake, Mr. Piranha, Mr. Shark und Mrs. Tarantula auch so: Sie sind böse und tun auch Böses, führen Einbrüche und andere Verbrechen durch. Als nächstes wollen die Fünf den ‚Goldenen Delfin‘ klauen, mit dem ein braves Meerschweinchen für seine friedvollen Taten ausgezeichnet werden soll. Bei ihrer Flucht werden sie aber samt Diebesgut gefasst und sollen in den Knast. Dem cleveren Wolf gelingt es jedoch, beim beraubten Meerschweinchen, das wegen seiner philanthropischen Züge unter dem Namen Professor Marmelade stadtbekannt ist, eine zweite Chance zu erbitten. Der Nager ist von der Idee angetan und will sich höchstpersönlich um die Umerziehung der Schurken in friedliebende Tierchen kümmern. Schon bald merken einige von ihnen, das Gutes tun gar nicht so schlecht ist. Nur die Schlange fühlt sich verraten. Doch dann wird die Stadt von jemandem bedroht, der viel böser und gefährlicher ist, als Wolf & Co. es jemals gewesen sind.
Hör‘ mal, wer da spricht
Für die deutsche Synchronisation konnte man hochkarätige Namen aus dem hiesigen Film- und Showbereich verpflichten. Dazu gehören der Bayer Sebastian Bezzel als die Stimme vom Wolf, bekannt aus bisher sieben Franz-Eberhofer-Krimis von «Dampfnudelblues» bis «Kaiserschmarrndrama», der Komiker Kurt Krömer als zischende Schlange, zuletzt in der TV-Show «LOL» erfolgreich, Jannis Niewöhner, der 2021 mit «Je suis Karl» und «Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull» im Kino vertreten war, und sich hier als Piranha durchbeißt sowie Musiker Fynn Kliemann als wandelbarer Hai und TV-Schauspielerin Joyce Ilg («Binge Reloaded») als Hacker-Tarantel. Eine vielversprechende Prominenz in einem Trickfilm bedeutet immer, dass dem Publikum ein Prestigeobjekt präsentiert wird, wovon sich der Filmverleih viel verspricht. Das könnte gelingen, denn bereits Anfang des Jahres ist es bereits mit «Sing 2», in dem wir ebenfalls mit Tieren konfrontiert waren, die sich wie Menschen verhalten, gelungen, an der Kinokasse für schwarze Zahlen zu sorgen. Mit einer auf ein breites Familienpublikum abgestimmte Synchronisation ist die halbe Miete schon drin. Und ja, sie ist auch in diesem Fall durchaus wieder gelungen - mit frechen Sprüchen und überdrehter Stimmen-Akrobatik. In erster Linie lebt ein Animationsfilm jedoch von den visuellen Effekten, und die sind unter der Regie von Pierre Perifel, der als Animator bereits an den «Shrek»- und «Kung-Fu Panda»-Filmen mitgearbeitet hatte und mit «Die Gangster Gang» seinen ersten animierten Spielfilm präsentiert, erwartungsgemäß State-of-the-art. Positiv fällt trotzdem auf, dass die Figuren so gar nicht fotorealistisch aussehen, sondern stilistisch eher wie aus einem Comic entsprungen wirken.
Die Moral von der Geschicht‘
Trotz Farbenvielfalt und Action-Getöse, das besonders stark im letzten Drittel einsetzt und Unmengen von Meerschweinchen unter die Räder kommen lässt, zählt am Ende nur die ‚Moral von der Geschicht‘‘. Schließlich ist «Die Gangster Gang» dann doch so etwas wie eine modernisierte Fabel, mit der den Betrachtern ein Spiegel vorgesetzt wird. So geht es hier eigentlich um Vorurteile, die uns früh eingebläut wurden und die sich so oft als falsch erweisen. Wenn sich Mr. Wolf anfänglich also direkt an uns als Publikum richtet und sich regelrecht beschwert, als böses Tier gesehen zu werden, dem nichts anderes übrigbleibt als den Erwartungen gerecht zu werden, löst das sogar ein wenig schlechtes Gewissen aus. In unseren Köpfen rumort es weiter, worauf sich das alles übertragen lässt. Eine kleine Lektion in einem großen Kinofilm - damit ist doch einiges gewonnen.
Fazit: «Die Gangster Gang» will gewiss zuerst Kinovergnügen für alle Altersgruppen sein. Dafür sorgen prominente Stimmen, witzige Einfälle und jede Menge Action. Aber man kann dahinter auch eine lehrreiche Fabel entdecken.
«Die Gangster Gang» ist im Kino zu sehen.
06.04.2022 11:25 Uhr
• Markus Tschiedert
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