Volltreffer: Womit «Crazy Rich» in den Staaten überraschte
Ehemals Platz #1 der US-amerikanischen Kinostarts, 240 Millionen US-Dollar Box Office und all das auch noch mit einer rein asiatischen und damit nicht weißen Besetzung. Über die Gründe des Erfolgs...
Asiatische Filme sind außerhalb ihrer eigenen Länder meist kein Garant für große finanzielle Erfolge. Nur selten sieht man Filme aus Fernost unter den besten Einspielergebnissen, sofern man Filme wie Michael Bays «Transformers»-Reihe aus der Gleichung herausnimmt, da diese mittels asiatischer Produktion entstanden sind. Mit «Crazy Rich» geschieht eine Zäsur, die dieses alteingesessene Muster aufzubrechen scheint. Doch warum gerade dieser Film, dessen Darsteller nur wenigen ein Begriff sein werden? Genretechnisch handelt es sich dabei um eine Romanze im klassischsten Sinne.
Die Story ist – wie es für Romatic Comedys oftmals typisch ist – schnell erzählt. Wir folgen Rachel Chu, einer jungen Wirtschaftsprofessorin aus New York mit asiatisch-amerikanischen Wurzeln. Mit ihrem Freund Nick, der ebenfalls Professor ist, reist sie nach Singapur, um dort einer Hochzeit beizuwohnen. Nicks bester Freund Colin steht kurz vor der Vermählung und möchte dafür alle ihm nahestehenden Menschen zu dem großen Tag einladen. Dabei dient die Hochzeit nicht nur Colin, denn Nick möchte seine Freundin auch endlich seinen Eltern vorstellen. In Singapur selbst trifft sich Rachel mit einer alten Schulfreundin und schnell kommen sie auf ihren Freund Nick zu sprechen. Durch die Reaktion ihrer Freundin erfährt Rachel erst jetzt, dass Nicks Familie zu den wohlhabendsten der dortigen Gesellschaft gehört und wundert sich, dass ihr Freund nie ein Wort darüber verloren hat. Und dann kommt auch noch der Moment, in dem Nick seine Freundin seiner Mutter Eleanor vorstellt.
Vor der Kamera:
Constance Wu ist Rachel Chu
Gemma Chan ist Astrid Leong-Teo
Henry Golding ist Nick Young
Lisa Lu ist Shang Su Yi
Ken Jeong ist Goh Wye Mun
Hinter der Kamera:
Regie: Jon Chu
Drehbuch: Adele Lim/ Peter Chiarelli
Kamera: Vanja Cernjul
Schnitt: Myron I. Kerstein
Produktion: Nina Jacobsen/ John Penotti/ Brad Simpson
Produktionsfirmen: SK Global Entertainment/ Ivanhoe Pictures/ Starlight Culture Entertainment
Vertrieb: Warner Bros. Pictures
Liest man die Handlung von «Crazy Rich», kann man sich leicht fragen, warum gerade das nun so außergewöhnlich sein soll. Eine normale Komödie mit romantischen Anleihen und der altbekannten Schwiegereltern-Problematik. Ein Narrativ, dass mit Filmen wie «Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich», «Das Schwiegermonster» und «Maria, ihm schmeckt’s nicht» bereits mehrfach zum Tragen kam. Dass diese bekannte Story Schablone aber auch noch neue Facetten bekommen kann, sieht man an dem Thriller «Get Out», der 2017 für Aufsehen sorgte, indem er die Schwiegereltern mit Horrorelementen verband. Doch was genau macht «Crazy Rich» nun mit seiner gewöhnlichen Prämisse?
Das offensichtlichste, was der Film macht, ohne überhaupt anzulaufen, ist die Besetzung seiner Darsteller. Die Whitewashing-Debatte ist insbesondere in Hollywood ein pikantes Thema und sorgte schon bei «Doctor Strange» und «Ghost in the Shell» für Kontroversen. Whitewashing bezeichnet die Besetzung eines weißen Schauspielers für die Rolle einer nicht weißen Person. Diese ethnischen Differenzen sind ein gefährlicher Zündstoff, der nur zu leicht rassistische Schlüsse ziehen lässt. Eine Kritik, die sich «Crazy Rich» nicht anhören muss, da es sich beim Schauspielerstab um praktisch ausnahmslos nicht weiße Darsteller handelt. Eine Entscheidung, die sich auch sehr positiv auf das Einspielergebnis auswirkte, da alleine ein Drittel der US-amerikanischen Zuschauerschaft asiatischer Herkunft war. Das Fernbleiben von jeglichem Whitewashing hat also in diesem Falle nicht nur eine finanziell sehr positive Auswirkung, sondern hält den Namen des Films auch aus öffentlichen negativen Diskussionen um die Hautfarbe heraus.
«Crazy Rich Asians»
Metacritic: 74/100
Budget: 30 Mio. $
Box-Office: 238 Mio. $
Deutschland: 0,52 Mio. $
Darüber hinaus muss man «Crazy Rich» aus einer – sofern überhaupt möglich – objektiven Sicht beträchtliche inszenatorische Qualitäten zugestehen. Heißt im Klartext: starke Schauspieler, deren Spiel nicht an eine schmierige 08/15 Romanze erinnern und auch optisch ist «Crazy Rich» beeindruckend. Stark komponierte Bilder, in denen nicht nur belanglose Romanzendialoge geführt werden, sondern pointierte Dialoge, die Klischees vermeiden und mit ausgesprochen viel Witz auftrumpfen. Und auch wenn «Crazy Rich» im Kern eine Liebesgeschichte mit bekannten Handlungselementen bleibt, schafft es der Film sich an vielen Stellen von ausgetretenen Pfaden zu verabschieden und der Handlung immer wieder einen frischen Spin zu geben.
Fazit: «Crazy Rich» ist reich an Humor und starken Bildern und frei von Stereotypen und Rollenklischees. Die etwas andere Romanze aus Fernost sei nicht nur Paaren ans Herz gelegt, sondern auch all denjenigen, die sich an den westlichen Schmonzetten satt gesehen haben und neuen Wind spüren möchten. Denn «Crazy Rich» ist eine kreative und rundum gelungene Ausnahmeerscheinung des Genres.
ProSieben strahlt «Crazy Rich» an Karfreitag, um 12.10 Uhr aus.
15.04.2022 08:00 Uhr
• Martin Seng
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