Ein fragwürdiger Spielfilm, der Vergewaltigung und Töten frönt, erobert aktuell die Netflix-Charts. Am Dienstag war dies die Nummer acht in Deutschland. Es wird Zeit, dass Netflix seine Einstellungen überdenkt.
Nach dem Massen-Exodus von vielen Menschen – zum Teil aufgrund ihrer Ahnungslosigkeit – in «Squid Game» und dem Sterben vieler unerfahrener Jugendlicher in «Alice in Borderland» spült der Netflix-Algorithmus ein weiteres brutales Werk heraus:
«Die Todeskandidaten». Der Spielfilm hat bereits 15 Jahre auf dem Buckel, ist aber seit 31. März 2022 im Line-Up des Streamingdienstes enthalten. Vorneweg: Die Idee, dass die World Wrestling Entertainment, Inc. (WWE) vor 20 Jahren ihre eigene Produktionsfirma gründete und ihre Stars in Filmen vermarkte, ist keinesfalls dumm. So wurden weitere Märkte erschlossen.
«The Condemned», so der Originaltitel, handelt von zehn Mördern, die ein verrückter Internetproduzent namens Ian Breckel (Robert Mammone) weltweit zusammenkauft und auf einer Insel in Papua-Neuguinea aussetzt. Das Spiel ist ähnlich wie bei «Squid Game»: Am Ende wird eine Person überleben, aber nur wenn die anderen neun Kandidaten ausgeschaltet wurden. Damit die Gefangenen nicht auf die Idee kommen, sich gegenseitig zu unterstützten, bekommen sie einen Sprengsatz am Fuß montiert, der nach 30 Stunden in die Luft geht. Bis dahin muss das Event, das jeder für 49,99 US-Dollar im Internet live streamen kann, beendet sein.
Wie der Film schließlich enden wird, liegt auf der Hand. Lediglich von Conrad, verkörpert von Wrestling-Star Steve Austin, wird eine Hintergrundgeschichte eingebaut. Natürlich versucht der Produzent das Spiel ein wenig zu beeinflussen, um den Zuschauer mehr Action zu servieren. Der Film, der eigentlich vom japanischen «Battle Royale» und den US-Klassikers «The Most Dangerous Game» inspiriert ist, unternimmt aber keinen Versuch originell zu sein oder eine bestimmte Meta-Ebene zu erarbeiten.
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Die Todeskandidaten
Der gute Geschmack hört bereits auf, wenn „aus Versehen“ ein Kandidat durch den Abwurf aus einem Helikopter gepfählt wird. Es folgt der Versuch einer Vergewaltigung, die in einem großen Knall endet, und eine kurze vollzogene Vergewaltigung, ehe das Opfer ebenfalls in die Luft gejagt wird. Mit gutem Geschmack hat «Die Todeskandidaten» wahrlich nichts mehr zu tun. Später reißt eine Frau ihrem Schatz den Sprengsatz ab, ehe er explodiert und zwei Häftlinge schlagen erst einen weiteren Teilnehmer an den Rand des Todes, ehe sie ihn bei lebendigem Leib verbrennen.
Scott Wiper und Rob Hedden haben keinen Film geschrieben, der auch nur ansatzweise originell ist. Das ist keine Satire auf das immer härtere Reality-Fernsehen, auch wenn eine seriöse Reporterin (Angie Milliken) zwischendurch den Konsumenten und nicht der Produktion die Schuld an solchen Formaten gibt. Mit dieser Ausrede werden sich auch die Netflix-Chefs wehren, die diesen Schundfilm zu dieser Zeit ins Programm aufnahmen. Derzeit herrscht ein Krieg in der Ukraine, bei der wehrlose Opfer scheinbar vergewaltigt und hingerichtet wurden. Muss man einen solchen Spielfilm dann zum Vergnügen anbieten?
Selbst «John Rambo», der Action-Höhepunkt ohne Story mit Sylvester Stallone, hatte mehr Tiefe als «Die Todeskandidaten». Man muss solche Filme nicht unbedingt beziehen, aber auf diese Weise werden so Filmpakete aufgebläht. Der Streamingdienst muss auch nicht seine Lizenz ungenutzt lassen, aber Netflix muss sich ernsthaft hinterfragen, warum solche Streifen, die Gewalt und Vergewaltigung propagieren, in den Top-Listen des Tages auftauchen müssen. Solange man den Film keinen Daumen nach unten gibt, wird der Netflix-Algorithmus auch weiterhin Daten sammeln und den Verantwortlichen hinter den Kulissen sagen: «Die Todeskandidaten» ist nicht genug! Wir brauchen mehr Gewalt. Noch mehr?