Seit Jahren sinken die Reichweiten der politischen Debatten im französischen Fernsehen. Im einzigen direkten Fernsehduell wurde ein neuer Tiefstwert erreicht.
Rund 20 Jahre nachdem die Franzosen die Fünfte Republik ausgerufen haben, wurde erstmals ein Fernsehduell live gesendet. Im Gegensatz zum amerikanischen Fernsehsektor konzentrieren sich die Franzosen auf ein einziges Duell direkt vor der Wahl, während man in Übersee inzwischen eine Vielzahl von Gesprächssendungen zwischen den Kontrahenten zur Verfügung stellt. Los ging es im Mai 1974 zwischen François Mitterrand (Erste Wahl 43,25%) und Valéry Giscard d'Estaing (32,60%), die rund 25 Millionen Fernsehzuschauer anlockten.
Im Mai 1981 waren zwischen Valéry Giscard d'Estaing und François Mitterrand bis zu 30 Millionen Zuschauer dabei, die Zahl wurde auch im Jahr 1988 gehalten als Jacques Chirac antrat. Im Mai 1995 sank das Interesse auf 16,78 Millionen Zuschauer. Im Jahr 2002 weigerte sich Chirac gegen Herausforderer Jean-Marie Le Pen in einem direkten Duell anzutreten. Die Debatte von Nicolas Sarkozy und Ségolène Royal wollten sich 20,46 Millionen Zuschauer nicht entgehen lassen. Die Debatte, in der Hollande zu sehen war, kam auf 17,79 Millionen Zuschauer. Bereits im Mai 2017 duellierten sich Emmanuel Macron und Marine Le Pen, das Duell kam auf 16,5 Millionen Zuseher.
Der Schlagabtausch, der am 20. April in die zweite Runde ging, wurde mit 15,6 Millionen Zuschauern das bisher am wenigsten gefragte Duell. Das könnte unter anderem auch daran gelegen haben, dass die Sendezeit massiv überzogen wurde. Unter Kanzlerin Angela Merkel wäre so etwas in Deutschland überhaupt nicht möglich gewesen, da wurden TV-Auftritte stets genau geplant. Doch das könnte in Macrons Hände gespielt haben, denn er war seiner Konkurrentin nicht nur von den Sachargumenten überlegen, sondern auch moralisch. Le Pen machte den Boris Johnson und wollte ihren ‚Fraxit‘ als Zukunft des Landes verkaufen. Der Marktanteil der Sendung, die auf zahlreichen Sendern übertragen wurde, belief sich auf 67,4 Prozent.
Damit sämtliche französische Schichten angesprochen werden, übertrugen die Wahlsendung aus dem Studio 5 in La Plaine Saint-Denis die Fernsehsender TF1, France 2, der Parlament-Kanal, BFMTV, CNews, LCI und France Info. Nicht in den Reichweiten eingerechnet sind die Radiosender France Inter, France Info, Europe 1 und RTL sowie YouTube und Twitch. Einfluss nahmen die Politiker übrigens bei der Wahl der Moderatoren. Die Moderatoren Gilles Bouleau (TF1) und Anne-Sophie Lapix (France2) sollten durch das Duell führen, letztere wurde aber als zu kritisch eingestuft. Schließlich wurde Léa Salamé ausgewählt, die seit dem 23. September die politische Sendung «Élysée 2022» mit einer Kollegin bei France 2 präsentierte.
Die französische Präsidentschaftswahl wird am Sonntag, den 24. April, entschieden. Bei den Franzosen ist klar: Die erste Runde ist ein Vorspiel, denn hier treten mehr als zwei Kandidaten an. Das Interesse bei den Franzosen ist hier deutlich geringer. Bereits im März traten die Außenseiter Valérie Pécresse und Éric Zemmour aufeinander, den Schlagabtausch wollten insgesamt sechseinhalb Millionen Menschen sehen. Die letzte „große“ Debatte zwischen gleich elf Präsidentschaftsanwärtern wurde im Jahr 2017 ausgestrahlt und dauerte vier Stunden. In Frankreich wollten 6,3 Millionen Fernsehzuschauer das Ergebnis sehen.
Die Wahllokale öffnen am Sonntag um 8:00 Uhr und werden voraussichtlich um 19:00 Uhr schließen. Es ist allerdings den großen Ballungsgebieten wie Paris, Lyon und Marseille vorbehalten, erst um 20:00 Uhr die Wahlen zu beenden. Das Ende von Emmanuel Macron in der Fünften Republik steht im Übrigen schon fast fest: Da man dort – wie in den Vereinigten Staaten von Amerika – nur einmal wiedergewählt werden darf, endet seine Regentschaft in diesem Jahr oder in fünf Jahren. So viel sei gesagt: Der Ausgang der Wahl wird spannend.