Die achte Staffel «Bosch», denn als Spin-Off kann das Gezeigte kaum bezeichnet werden, läuft jetzt beim werbefinanzierten Amazon Streamingdienst «Freevee».
Bosch ist zurück, diesmal ohne Polizeimarke und stattdessen als Privatdetektiv, macht der grummelige Ermittler immer noch jagt auf allerlei Bösewichte. Bereits die erste Minute der „neuen“ Serie, die einen Rückblick auf die vorausgehende «Bosch»-Staffel zeigt, macht deutlich, dass es sich hier mitnichten um ein richtiges Spin-Off handelt. «Legacy» folgt hingegen der Buchvorlage Michael Connelly’s, in dessen Verlauf der Polizist ebenfalls seine Marke abgab und begann auf eigene Faust zu ermitteln. Man kann Amazon nun durchaus unterstellen, dass es nie geplant war, eines seiner Zugpferde mit dem Finale der siebten Staffel zu beenden, sondern lediglich einen geschickten Schachzug darstellte um einerseits Produktionskosten zu sparen, indem für die „neue“ Serie auch neue Verträge ausgehandelt wurden, sowie einige gar nicht erst verlängert wurden und gleichzeitig zahlende Prime-Kunden nun ihre liebgewonnene Serie mit Werbeunterbrechungen schauen zu lassen, was zusätzliche Einnahmen in die Kassen des Streamers spülen dürfte. Denn eines wird «Bosch: Legacy» sicherlich nicht können, nämlich neue Fans akquirieren. Denn wer die ersten sieben Staffeln «Bosch» nicht verfolgt hat, wird sich auch für «Legacy» kaum interessieren und kann zudem bestimmte Handlungsstränge nicht verstehen.
Inhaltlich wurde insbesondere die Screentime der Hauptdarsteller neu verteilt. Durch die Abgänge eines nicht unbeträchtlichen Teils des alten Casts, Jerry Edgar (Jamie Hector), Lieutenant Billets (Amy Aquino), und Chief Irving (Lance Reddick) stehen nicht mehr auf dem Gehaltszettel der neuen Serie, rücken stattdessen Bosch's Tochter Maddie (Madison Lintz) in den Fußstapfen ihres Vaters als frischgebackene Polizistin und die Anwältin Honey Chandler (Mimi Rogers) mehr in den Fokus. Die Verschiebungen des Casts können hingegen als einziger großer Unterschied im Vergleich zur Mutterserie angesehen werden.
Die Autoren greifen auf dieselbe Formel zurück, die «Bosch» über sieben Staffel hinweg gute Dienste geleistet hat. Bosch ist derselbe stoische Ermittler, der er schon zu Beginn der ersten Staffel war, stilistisch und tonal wird das altbekannte „gemütliche“ pacing aufgegriffen, gepaart mit einer Hand voll verschiedener Storylines, die letztlich meist auf sinnvolle Art und Weise zusammengeführt werden. Noch mehr als in den Vorgängerstaffeln hängt der Unterhaltungsfaktor nun allerdings an der Screentime des titelgebenden Charakters. Zum einen fällt es schwer die Szenen, die Jungpolizistin Maddie im Einsatz zeigen, wirklich ernst zu nehmen. Hier dürfte der eine oder andere Zuschauer recht schnell mit dem Augenrollen beginnen, was ebenfalls für die mit den Auswirkungen des Mordanschlags auf sie zu kämpfenden Anwältin Honey Chandler zutrifft, deren „Rachegelüste“ schnell abgenutzt und repetitiv wirken. Hier fühlen sich einige Szenen als Ablenkung vom titelgebenden Charakter zum Zwecke der Screentimefüllung an.
Letztlich dürften Fans von «Legacy» allerdings nicht enttäuscht sein. Im Kern bleibt die Serie beständig und leistet sich qualitativ keine herben Ausreißer. Die Serie hat es stets gemeistert einen Mittelweg zu finden, der den Gelegenheitszuschauer weder unter- noch überfordert. In Zeiten in denen immer mehr Serien nach einigen Staffeln ihr Zenit überschreiten, dürfte «Bosch» eine der wenigen Ausnahmen bleiben, die gefühlt ewig weiter auf Sendung bleiben könnte, was auch die Verlängerung um eine weitere Staffel bereits vor Sendestart zu untermauern scheint.
«Bosch: Legacy» läuft beim werbefinanzierten Amazon Streamingdienst Freevee. Ein Deutschlandstart ist für dieses Jahr geplant, da die neue Staffel bereits synchronisiert auf den amerikanischen Servern liegt, dürfte dieser nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Wer nicht mehr abwarten möchte, kann sich über einen US-VPN bei amazon.com einloggen und dort bereits die neue Staffel schauen.