Im Herbst 2021 strahlte der amerikanische Fernsehsender NBC die erste Staffel der neuen Science-Fiction-Serie aus. In diesem Jahr soll eine zweite Staffel folgen.
Die besten Science-Fiction-Dramen beginnen mit einem großen Knall: Als ABC Signature und die Produktionsfirma Bad Robots von J. J. Abrams für den Fernsehsender ABC die Serie «Lost» pilotierte, dauerte es nicht lange, ehe in dem Werk von 2004 die Oceanic-Maschine 815 zwischen Los Angeles und Sydney abstürzte und die Protagonisten Jack, Kate und Sawyer am Strand einer mysteriösen Insel um das Überleben vieler Menschen kämpften. Es wurde nicht lange gefackelt, die ersten Minuten der Episode sind ohne Dialoge, stattdessen wirken Effekte auf den Zuschauer. Ein Überlebender wurde in ein Triebwerk gesaugt, eine große Explosion folgte.
Für die Fernsehserie «La Brea», die Universal Television und Keshet Studios für NBC herstellen, ist Los Angeles ebenfalls ein wichtiger Ankerpunkt. Die Handlung dreht sich nämlich um die Stadt der Engel, bei der sich zwischen den Teergruben von La Brea und Wilshire Boulevard ein riesiges Erdloch auftut und hunderte Menschen, Fahrzeuge und Gebäude verschluckt werden. Doch als sich der Staub lichtet, kann das amerikanische Militär keine Trümmer finden. Bereits nach wenigen Minuten wird offensichtlich, dass es sich um eine übersinnliche Serie handelt.
Die Serie stammt von David Appelbaum, der Koproduzent der sechsten «The Mentalist»-Staffel und verantwortlich für viele Episoden von «Navy CIS: New Orleans» war. Erstmals ist Appelbaum als ausführender Produzent tätig und schrieb auch drei Episoden der ersten Staffel. Doch die Figurenzeichnung ist wirklich schwach: Unter anderem steht Zyra Gorecki als Izzy Harris vor der Kamera, eine junge Frau, die nicht nur dem Sturz in die Grube entkommen ist (anders als ihr Bruder und ihre Mutter), sondern auch noch mit einem Handycap zu leben hat: Sie verlor bei einem Autounfall ihr linkes Bein. Mit ihrem Vater Havin (Eoin Macken) versucht den übrigen Teil ihrer Familie zu finden. Damit es auch offensichtlich ist, dass er ein Superheld ist, leidet der ehemalige Militärpilot an Visionen, weshalb er aus der Armee entlassen wurde. Um Herr der Lage zu werden, trinkt er heimlich Alkohol.
In dem Loch – auf der anderen Seite – befinden sich Eve (Natalie Zea) und Josh Harris (Jack Martin), die sich in der neuen Umgebung zurechtfinden wollen. Die beiden treffen auf zahlreiche weitere Opfer dieses Sturzes, die fast alle das Unglück überlebten. Dort treffen sie – wie schon bei «Lost» – auf andere zahlreiche Protagonisten, die allesamt eigene Geheimnisse haben und selten mit der Sprache herausrücken. Es wirkt fast unfreiwillig komisch, dass Mutter und Sohn eine Frau aufhalten, die ein paar Schokoriegel für sich vergraben wollte.
Obwohl «La Brea» das typische Network-Modell durchlaufen hat, bestellte NBC nach dem verkorksten Drehbuch sogar neun weitere Episoden. Die Fernsehstation entschied sich sogar, dass man eine zweite Staffel nimmt – obwohl nur etwa fünf Millionen Menschen linear zuschauten. Wenigstens kamen innerhalb von 30 Tagen rund zwei Millionen weitere Menschen dazu. Es ist dennoch ein wenig skurril, dass Universal Television die Serie nicht etwa an dem Hauptsitz nördlich von Hollywood – unweit der titelgebenden Straße entfernt – produziert, sondern im australischen Melbourne.
Man kann vielleicht einen Peter Jackson in Neuseeland eine «Lord of the Rings»-Reihe anvertrauen, aber einen unerfahrenen David Appelbaum hätte man in Los Angeles besser über die Schulter schauen sollen. Bereits am Ende der ersten Episode sollte jedem noch so zugedröhnten Zuschauer klar sein, dass es sich um eine Zeitreise handelt. Die Protagonisten der Serie teilen dies so oft unverblümt mit, dass man selbst, wenn man nur mit dem Handy in der Hand nebenher zuschaut, diese Tatsache kapieren muss. So tauchen bereits zu Beginn Flugsaurier auf, dann findet der Ehemann den Ring seiner Frau, den sie im Loch verloren hat und dann sehen die Berge in der Parallelwelt auch noch aus, wie die Hollywood Hills. Na Prima!
Ein weiterer Schwachpunkt neben dem Drehbuch sind allerdings die Special-Effects, die man in Australien produzieren ließ. Wenn sich Universal Television entschließt, dafür kein Budget auszugeben, dann sollte man diese Stellen umschiffen. Bei Serien wie «Game of Thrones» hat man einige Stellen lieber im Off kommentiert, als aufwändig herzustellen. Bei «La Brea» wirken einstürzende Häuser, kämpfende Tiere und andere künstlichen Effekte billig. Das sah vor 20 Jahren bei «Lost» schon besser aus und wurde in der Filmbranche vor drei Jahrzehnten besser animiert. Schon die Blockbuster «Wonder Woman 1984» (Warner Bros.) und «Tod auf dem Nil» (20th Century) geizten mit Budget und wirkten extrem unprofessionell. Auf diesem niedrigen Niveau spielt auch die junge Serie aus dem Hause NBC.
Es ist wirklich schade, dass NBC, Keshet und Universal Television so eine schwache Science-Fiction-Serie abliefern. Der Stoff hörte sich auf dem Papier interessant an, jedoch hat David Appelbaum als Mastermind sein gesamtes Pulver im Pilotfilm verschossen. Die Serie lässt sich mit einer amerikanischen Pizza vergleichen: «La Brea» enthält viel Käse!