In Deutschland war die berühmte und reiche amerikanische Familie beim NBC-Sender E! beheimatet. Mit dem Wechsel zu Disney+ hat sich der Clan einen großen Gefallen getan.
Der Unterhaltungssender E! Entertainment war das Sprungbrett der amerikanischen Kardashian-Jenner-Familie, die bereits im Oktober 2007 mit der ersten Staffel von
«Keeping Up with the Kardashians» ins Fernsehen kamen. Kein geringerer als «American Idol»-Moderator Ryan Seacrest schloss mit E! und NBC im Januar 2006 einen Dreijahres-Vertrag für die Produktion von mehreren Shows ab. Er konnte die Kardashians für sich gewinnen, in einer Zeit, in der Smartphones noch nicht mehr konnten als ein bisschen im Internet surfen.
14 Weitere Spin-offs hat Seacrest mit seinem Team produziert. Drei Jahre lang standen unter anderem Kourtney und Kim in Miami im Mittelpunkt, die Geschichte um Khloé & Lamar war für zwei Staffeln interessant. Es folgten neue Shows, die bis ins Jahr 2019 ausgestrahlt wurden. Im September teilte Kim Kardashian mit, dass die Anfang 2021 gestarteten Folgen die letzten sein werden. Die Reichweiten der TV-Familie schrumpften beim kleinen E! und international verlief die Auswertung semiprofessionell.
In Deutschland liefen einige Staffeln beim früheren Paramount-Sender VIVA, im Bezahlbereich musste man sich irgendwie zur deutschsprachigen Version von E! durchsuchen. NBCUniversal und Sky, die TV-Töchter von Comcast, haben es schlichtweg verbockt, der Familie ein schönes Zuhause im Fernsehen und im Stream zu geben. Es ist zwar nur sehr schwierig, einen Vergleich zu einem deutschen Pendant zu finden, aber «Die Geissens» und Konny Reimann laufen um 20.15 Uhr auf einem der acht großen Programme.
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Kim Kardashian hat über 70 Millionen US-Follower bei Twitter, auf anderen Social-Media-Profilen kommen noch zahlreiche Fans hinzu. Aber dennoch können die Comcast-Sender kein Kapital aus der Fernsehverpflichtung schlagen. Es ist ja auch nicht so, als hätten Sky in Deutschland mit der Familie Kapital herausschlagen wollen.
Dabei bietet sich um die Reality-Show auch noch mehr Stoff an. Robert Kardashian, das frühere Oberhaupt der Familie, hat als US-amerikanischer Anwalt unter anderem erfolgreich O.J. Simpson in seinem Strafprozess verteidigt. Er schaffte es, die Verurteilung von Nicole Brown Simpson und Lyle Goldman zu verhindern. Die filmische Aufarbeitung «The People v. O.J. Simpsons: American Crime Story» ist sogar im Sky-Paket enthalten.
Nach seinem Tod heiratete seine Frau Kris Houghton die inzwischen als trans* lebende Caitlyn Jenner, von deren Scheidung im Jahr 2015 gibt es ebenfalls Dokumentationen. Ohnehin ist auch die Doku
«I Am Cait» ebenfalls im Sky/NBC-Portfolio enthalten. Aber scheinbar hat man weder bei Sky in Europa noch überm großen Teich so wirklich Lust auf die Promifamilie. Hat man sich in den vergangenen Jahren schlichtweg damit abgefunden, dass man für eine solche schlagzeilenträchtige Familie schlichtweg zu klein ist?
Der konnte der Wechsel zu Netflix oder Hulu/Disney+ nicht schnell genug kommen. Beide Unternehmen haben den Vorteil, dass sie fast auf der gesamten Welt verfügbar sind und ihre Ausstrahlungstermine zentral aus den Vereinigten Staaten von Amerika steuern. Die deutschen Ableger haben im Grunde genommen überhaupt kein Mitspracherecht und müssen sich dem beugen, was die Amerikaner vorhaben. Das mag zwar nicht toll klingen, aber bei solchen Social-Media-Stars lässt sich das neue «The Kardashians» deutlich besser vermarkten.
In der vergangenen Woche strahlten Hulu (USA), Disney+ (International) und Star+ (Lateinamerika) die letzte Folge der ersten Staffel aus. Das Team um Fulwell 73 (unter anderem die Macher von der CBS‘ «Late Late Show») und Kardashian Jenner Productions haben einen mehrjährigen Vertrag mit Disney unterschrieben. Beim Wechsel vor knapp eineinhalb Jahren fasste die den veränderten Zeitgeist zusammen. Khloé sagte: "Dass wir immer noch im Kabelfernsehen zu sehen sind, war für uns nicht mehr zeitgemäß", was erklärt, warum sich die Familie für den Wechsel zu Hulu entschieden hat.