Tim Niedernolte: ‚Abwechslung und Vielfalt‘
Seit vielen Jahren steht Niedernolte für das ZDF bei «hallo Deutschland» vor der Kamera. Quotenmeter sprach mit dem Moderator über den Reiz des Formates und seine Zukunft in Mainz.
Hallo Herr Niedernolte. Wir sprachen bereits vor einem Jahr über «Das Berlin Projekt». Ich habe die Sendung intensiv verfolgt und habe daraus meine Schlüsse ziehen können. Was denken Sie heute über die Protagonisten der Serie?
Ich denke weniger über sie, als an sie. Was sie wohl gerade machen, wie es ihnen geht, was sie bewegt und wo sie gerade sind? Auch über ein Jahr nach Beendigung unseres Projektes bin ich in Gedanken noch häufig bei ihnen. Und dass ich ihnen gewünscht hätte – jedem und jeder dort, wo er oder sie stand – dass sie noch ein paar feste Schritte weiter gemacht hätten in einen vielleicht einfacheren Alltag. Denn die Straße ist und bleibt einfach ein unglaublich hartes Pflaster.
Besteht noch Kontakt mit den Helfern?
Durchaus. Wenn auch nicht mehr so intensiv und häufig wie während der langen Dreharbeiten. Aber mit einigen tausche ich mich regelmäßig aus, manchmal klappt es auch mit einem Treffen. Und bei meinen Fahrten durch Berlin mit diesen vielen Orten der persönlichen Erinnerungen, melde ich mich auch immer mal wieder spontan mit einer SMS.
Sie sind inzwischen das Gesicht von «hallo deutschland» im ZDF. Was fasziniert Sie an einem Boulevard-Magazin?
Die Abwechselung und Vielfalt, die vielen unterschiedlichen Menschen, Geschichten und Emotionen, um die es täglich neu geht. Dass wir mit unseren Themen und Berichten den Menschen so nah kommen. Und dass ich sowohl bei der Vorbereitung als auch während der Sendung selbst regelmäßig bewegt, berührt und auch fasziniert bin von den Geschichten, denen wir uns als «hallo deutschland»-Team widmen.
Die Menschen sind ja auch von Ihnen und dem Magazin fasziniert. Sie haben in der Regel mehr als zweieinhalb Millionen Fernsehzuschauer. Freut Sie dieser Erfolg?
Auf jeden Fall. Diese große Zahl an Zuschauenden und die vielen positiven Resonanzen auf unser Magazin sind wirklich etwas ganz Besonderes. Es zeugt von viel Vertrauen in uns als Team und in die Art und Weise, wie wir uns den einzelnen Menschen und Themen nähern. Das freut mich und uns alle sehr. Es bedeutet im Umkehrschluss aber auch immer wieder neu eine besondere Verantwortung, der ich mich gerne stelle.
Ist es nicht ein bisschen traurig, dass die privaten Fernsehsender so ins Hintertreffen geraten sind, dass Sie mit Ihrer Sendung Flaggschiffe wie «Germany’s Next Topmodel» oder «Deutschland sucht den Superstar» überholen?
Für mich als aktueller «hallo deutschland»-Moderator eher weniger. (lacht) Wobei ich zumindest zu bedenken gebe, dass man diese Sendungen vielleicht auch nur bedingt miteinander vergleichen kann – allein was Sendezeit, Zielgruppe und Ausrichtung betrifft. Darüber hinaus hat mich der Inhalt aber schon immer mehr interessiert als die Quote und abstrakte Zuschauerzahlen. Die spielen eine Rolle, sind wichtig, klar. Aber das, worum es in erster Linie geht, das sind die Themen und ihre Umsetzung.
Bei den jungen Zuschauern ist Ihre Sendung weniger beliebt, dafür eher «taff» bei ProSieben. Schauen Sie sich manchmal die private Konkurrenz an?
Klar, ich schaue regelmäßig und sehr interessiert, was bei anderen Sendern läuft. Vergleiche zu ziehen, sich inspirieren zu lassen – auch zu lernen – das kann man aus meiner Sicht nur, wenn man regelmäßig über den eigenen Teller- (und Studio)-Rand hinausschaut.
Wie grenzt Ihre Redaktion ab, ob sich ein Thema für «heute» lohnt oder doch lieber für «hallo deutschland». Welche Absprachen gibt es innerhalb des ZDF?
Da gibt es Unterscheidungen, die sich oftmals allein durch die Ausrichtung und Machart der Formate erklären. Aber es gibt auch immer mal wieder fließend verlaufende Grenzen – und entsprechend auch täglich neu sehr enge Absprachen. In solchen Fällen versuchen wir dann aber oft auch schon vorher einen eigenen, einen anderen Ansatz zu finden. Weniger nachrichtlich mit Fokus auf dem Verkünden von Fakten, sondern mehr „übersetzt“ oder transportiert durch die Menschen oder konkreten Umstände, die ein bestimmtes Thema mit sich bringt. Anderes Beispiel: Als vor Kurzem in London das Urteil im Fall Boris Becker verkündet wurde, da war das ein Thema sowohl für die 17-Uhr-«heute»-Nachrichten vor uns als auch für unser Magazin. Da lautete die Absprache: „Fällt das Urteil vor 17 Uhr, schaltet die «heute» nach London – fällt es während unserer Sendung, dann schalten wir dorthin.“
Sie haben vor eineinhalb Jahren das Buch „Respekt! Die Kraft, die alles verändert – auch mich“ veröffentlicht. Wovon handelte das Buch?
In erster Linie handelt es von dem, was in unserem Alltag und unserem Zusammenleben viel zu oft verloren geht: echter und aufrichtig gelebter Respekt. Vom Kleinen bis ins Große, vom Aufwachen am Morgen und der Frage, ob ich zuerst meinen Partner oder Partnerin, meine Familie begrüße anstatt aufs Handy zu schauen, bis hin zu dem, was gerade im Osten Europas passiert. Ein Buch voller Beispiele, Geschichten und Erfahrungen, die Mut machen sollen und zeigen, wie es auch anders geht. Wie wir alle täglich neu mit dazu beitragen können, dass unsere Gesellschaft menschlicher wird und das Zusammenleben respektvoller, unser Umgang miteinander wertschätzender. Und damit automatisch so viel entspannter, glücklicher und auch hoffnungsvoller.
Bevor Sie zum ZDF wechselten, moderierten Sie bei Sky. Würden Sie gerne mal wieder den Lieblingssport der Deutschen präsentieren?
Wer den Fußball schon von Kindheit an so geliebt und auch gelebt hat wie ich, der würde eine solche Frage kaum verneinen. Sollte sich diese Chance also eines Tages mal wieder ergeben, müsste man mich zumindest nicht lange überreden...
Sie sind jetzt seit zwölf Jahren beim ZDF angestellt. Ist ein öffentlich-rechtlicher Sender ein sicherer Hafen für eine lange Karriere?
(lacht) Fragen Sie mich das in 25 Jahren noch mal, wenn mein Moderationsschiff fest macht in Sachen Rente. Bis dahin gibt es sicher noch viele Bewegungen auf den TV-Meeren und es fließt eine Menge Wasser wohin auch immer. Dass ich inzwischen aber schon zwölf Jahre beim ZDF meine Segel setze, spricht natürlich dafür, dass ich mit dem öffentlich-rechtlichen Wind ganz gut fahre. Doch wie schon bei der Frage nach den Quoten erwähnt: als leidenschaftlicher Moderations-Matrose gucke ich nach wie vor immer erst auf die Inhalte und die Art der Sendung – und folge im Zweifel mehr meinem Herzens-Kompass als dem sicheren Hafen.
Vielen Dank für das Gespräch!