Lutz van der Horst: ‚Stefan Raab war für meine Karriere natürlich extrem wichtig‘

Am Freitagabend dürfen van der Horst und Fabian Köster in einem weiteren «heute-show»-Special investigativ unterhalten. Wir haben mit dem Allroundtalent gesprochen.

Sie sind 47 Jahre alt, sehen aber deutlich jünger aus. Was ist ihr Geheimnis?
Tatsächlich habe ich für ZDFneo mal eine Sendung gemacht mit dem Titel „Wie werde ich unsterblich?“. Ergebnis: Am besten lebt man wie ein Mönch: fester Tagesrhythmus, kein Stress. Also exakt das, was man beim Fernsehen nicht macht. Insofern müsste ich eigentlich extrem alt und verbraucht aussehen.

Sie stammen aus den goldenen Zeiten des Privatfernsehens. Sie schrieben unter anderem für «Die Wochenshow». Vermissen Sie diese Zeiten, bei denen noch nicht jeder Euro zwei Mal umgedreht werden musste?
Ich bin genau zu der Zeit zum Fernsehen gekommen, als man nicht mehr reich wurde. Aber man spürte noch den Geist der wilden Zeit. Von Sex, Drugs & Rock’n’Roll habe ich (leider) exakt gar nichts mitbekommen.

Während Formate wie «Rent a Pocher» eher zeitloser Klamauk waren, ist die «heute-show» knallharte Satire. Hat sich die deutsche Comedy erfolgreich weiterentwickelt? Hätten Formate wie «Die Wochenshow» im Jahr 2022 noch einen Platz?
Wir leben in einer Zeit, in der man viel politischer ist, egal ob man will oder nicht. Das liegt daran, dass wir mit härteren Problemen zu kämpfen haben als in den 90ern. Da ist Corona, da ist der Ukraine-Krieg und da gibt es gefährliche Köpfe wie Trump oder Putin. «Die Wochenshow» könnte es auch noch 2022 geben, aber sie müsste eben auch politischer sein.

Bei «TV total» gehörten Sie nicht nur zum Autorenteam, sondern waren auch als Reporter und „Günni“ unterwegs. Vermissen Sie diese Zeit und wie war die Zusammenarbeit mit Stefan Raab?
Stefan Raab war für meine Karriere natürlich extrem wichtig. Ich wollte ja in Wahrheit nie Autor bleiben, sondern immer vor die Kamera. Deshalb habe ich auf eigene Faust eine Straßenumfrage gedreht und sie ihm gezeigt. Er fand sie toll und so kam sie direkt in die Sendung. Die Zusammenarbeit war immer gut, da kann ich nichts Schlechtes berichten.

Viele Branchen-Kollegen sagen hinter vorgehaltener Hand, dass Stefan Raab seinen Esprit verloren habe und Fernsehen aus den 90ern machen würde. Ist er in den frühen 2000ern stecken geblieben?
Das sehe ich anders. In Wahrheit brauchen wir doch Menschen wie Stefan Raab, die begeisterungsfähig sind und immer wieder neue Impulse setzen. Woran das deutsche Fernsehen krankt, ist meiner Meinung nach der Mut neue, eigene Ideen auszuprobieren anstatt immer nur auf erfolgreiche Adaptionen aus dem Ausland zu setzen. Und austauschbare Moderationsmaschinen haben wir ja auch zu genüge.

Mit Fabian Köster laufen in diesem Sommer zwei Specials von der «heute show». Werden solche Episoden fortan öfters Einzug ins ZDF-Programm haben?
Tatsächlich ist das neue «heute-show»-Spezial zum Thema „Bundeswehr“ schon die sechste Ausgabe. Das ZDF baut die Schlagzahl also schon deutlich aus. Und wir freuen uns wirklich sehr, wie gut diese Sendungen auch das junge Publikum erreichen. Das letzte Spezial zum Thema „Cannabis“ hatte in der Zielgruppe (14 bis 49 Jahre) über 15 Prozent. Für das klassische, lineare Fernsehen nicht selbstverständlich.

Sie wirkten bei «Stars im Spiegel» bei RTL mit und sind Pate bei «Lego Masters». Gibt es einen Grund, warum Sie gerne mit dem Privatsender flirten?
RTL war in meiner Jugend sehr wichtig für meine Entwicklung. Als Kind hat mich sicherlich das ZDF am meisten geformt, weil ich die klassischen Samstagabend-Shows wie «Wetten, das..?» einfach geliebt habe und es genau das war, was ich später machen wollte. In meiner Jugend kam dann aber auch noch RTL dazu, die in der Anfangszeit ja totale Anarchie betrieben haben. «Alles nichts oder», «Dall-As»… Das waren Shows, die mich total geflashed haben, weil sie so völlig anders waren. Generell flirte ich mit allem, was mir gefällt. Da will ich mir selbst keine Grenzen setzen.

Sie waren Sprecher bei ProSieben und synchronisierten bei «Trolls World». Was können Sie eigentlich nicht?
Fußball spielen! Und Fußball gucken! Aber das scheint irgendwie ein „Unique Selling Point“ geworden zu sein. Frank Buschmann hat mich schon mehrfach in seine «Sechserkette» bei Sky eingeladen. Das ist ein Fußball-Quiz. Da habe ich wirklich nichts zu suchen. Aber genau das scheint die Leute zu amüsieren.

Im Sommer 2022 sind Sie Erzähler der «Rocky Horror Show» an den Landesbühnen Sachsen. Welcher Zeitaufwand ist das für Sie?
Der Zeitaufwand war groß. Das lag aber nicht an den Proben und den Aufführungen, sondern an den nicht endenden Bahnfahrten. Die Verbindung Köln-Dresden ist eh nicht so geil und die Bahn war da nicht gerade in Höchstform. Die Shows selber und das Ensemble waren aber toll. Ich liebe es, auch mal andere Dinge zu machen als klassisches Fernsehen.

In wenigen Wochen geht die «heute-show» wieder los. Was darf und was muss Satire bei einem Krieg vor der Haustür?
Satire darf erstmal alles, sollte es aber mit dem nötigen Fingerspitzengefühl tun. Gerade jetzt brauchen wir Sendungen, die die aktuellen schrecklichen Themen satirisch aufbereiten. Das hat auch eine heilende Wirkung.

Danke für das Gespräch!
01.09.2022 11:24 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/136490