Die Kritiker: «Polizeiruf 110 - Hexen brennen»

Am Brocken ist eine junge Frau auf einem Scheiterhaufen verbrannt worden. Beginnt so eine waschechte Halloween-Folge von «Polizeiruf 110»?

Stab

Darsteller: Claudia Michelsen, Felix Vörtler, Pit Bukowski, Helgi Schmid, Birgit Berthold, Julia Schubert
Musik: Oli Biehler
Kamera: Eeva Fleig
Drehbuch: Wolfgang Stauch
Regie: Ute Wieland
Am Brocken ritten die Hexen früher bekanntlich zur Walpurgisnacht aus. Das war zwar immer im Frühling, parallel zum Tanz in den Mai, aber heutzutage ist ja eher Halloween der Tag zum Gruseln. Also brennen die Hexen im neuen «Polizeiruf 110» in Sachsen-Anhalt eben in herbstlicher Atmosphäre. Als im Mittelgebirge die verkohlten Überreste einer toten jungen Frau auf dem Scheiterhaufen gefunden werden, wird Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) zurate gezogen, die zuerst auch nicht richtig weiter weiß, bald aber von zwei auffälligen Mädchen, die an die Zwillinge aus «The Shining» erinnern, auf eine erste Spur geführt wird:

Denn im Ort haben die Frauen eine verschworene Gemeinschaft gebildet, angeführt von der Dorfheilpraktikerin. In den frühen Morgenstunden treffen sie sich im Wald und veranstalten gemeinsam heidnische Rituale. Mittlerweile nennen sie einander Schwestern und haben es anscheinend auf die Männer im Ort abgesehen. Seltsame altertümliche Zeichen tauchen überall in der Kleinstadt auf.

Trotzdem wendet sich Hauptkommissarin Brasch erst einmal an die engere Familie des Opfers: Dessen Mutter führt mehrere Hotels, Pensionen und Gasthäuser in der Region und ist außerordentlich schockiert von der Nachricht vom Tod ihrer einzigen Tochter. Die Aufteilung der Rollen in der Familie macht Brasch von Anfang an skeptisch: Denn während die Tochter das Geschäft eines Tages von der Mutter übernehmen sollte, steht der Sohn in der Küche und kocht dort den ganzen Tag erbärmliche Speisen, eingehüllt in die tiefe Verachtung seiner Mutter. Ein erstes Motiv vielleicht?

Aber bei weitem nicht das einzige. Denn mit Hexen ist nicht zu spaßen. Das wissen auch der Dorfantiquar, ein etwas nerdiger junger Mann und sein stummer alter Vater, der wunderlich auf einem alten Dachboden haust. Dem Dorfdoktor ist es genauso wenig recht, dass seine Frau sich den Hexenschwestern angeschlossen hat. Vielleicht möchte also jemand dem Spuk ein Ende machen und tötet so lange die Frauen des Ortes, bis alle endlich wieder normal werden und alles wieder einmal so ist, wie es einmal war.

Diese Anklänge an ein altes Patriarchat, das nur von der Schwesternschaft der Frauen durchbrochen werden kann, sind auch für Hauptkommissarin Brasch sehr eingängig, die als Außenstehende im Ort fast nur auf Ablehnung trifft und sich allein durch das Dickicht aus schwer durchschaubaren Beziehungen schlagen muss. Manchmal denkt sie fast selbst, dass es hier nicht ganz mit rechten Dingen zugehen kann und vielleicht schwarze Magie im Spiel ist – für Halloween ja eine durchaus passsende Idee, der letzten Endes aber doch die nötige Originalität fehlt, um aus diesem Konzept eine waschechte Halloween-Folge zu machen.

Der Film «Polizeiruf 110 – Hexen brennen» wird am Sonntag, den 30. Oktober im Ersten gezeigt.
29.10.2022 11:00 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/137886