Der serielle Jahresrückblick – Die fünf überzeugendsten Serienneustarts 2022

Das TV-Jahr 2022 war von großen Enttäuschungen aber auch einigen überaus gelungenen Serienneustarts geprägt.

Während insbesondere das Fantasygenre mit «Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht» bewies, dass alles Geld der Welt nicht ausreicht, wenn zwei unerfahrene Showrunner mit dem wohl größten Fantasyautoren aller Zeiten erzählerisch in den Ring steigen, machte Netflix zum Jahresabschluss nochmals eindrucksvoller mit «The Witcher: Blood Origin» deutlich, wie ein Franchise mit einem qualitativen Tiefschlag gegen die Wand gefahren werden kann. Gerade im Bereich der Adaptionen scheint es TV-Schaffenden zunehmend schwer zu fallen, sich am Quellmaterial zu orientieren, ohne diesem ihren eigenen politischen Zeitgeist aufzuzwängen. Glücklicherweise gab es 2022 genreübergreifend sowohl was originale als auch adaptierte Geschichten betrifft auch einige überaus gelungene Geschichten zu erzählen.

Platz 5 - «Tokyo Vice»
Das durchweg hochwertig inszenierte Kriminaldrama über einen ambitionierten Reporter, der sich im Japan der 90er Jahre der Yakuza annimmt, kann das Niveau der von keinem geringeren als Michael Mann inszenierten Pilotfolge zwar nicht vollständig halten, leistet sich aber auch keine großen Ausrutscher über den Verlauf der acht Folgen umfassenden Auftaktstaffel hinweg. Für alle Krimi- und Japanfans, die dem Neo-Noir Stil der Serie nicht abgeneigt sind, bietet «Tokyo Vice» durch die Bank weg hochwertige Fernsehunterhaltung.

Platz 4 - «Mayor of Kingstown»
Den umgekehrten Weg geht das zweite Kriminaldrama in diesem Ranking, denn bei Mayor of Kingstown ist die Auftaktfolge, die mit Abstand schwächste. Sukzessive steigert sich das düstere Drama um die Gefängnisstadt Kingstown zu einem zumindest hierzulande echten Geheimtipp. Aufgrund der äußerst expliziten Gewaltdarstellung und der depressiven Grundstimmung ist die Serie allerdings nicht unbedingt für schwache Mägen geeignet.

Platz 3 - «Star Trek Strange New Worlds»
Wer nach «Discovery» und «Picard» schon den Glauben an das «Star Trek»-Universum verloren hatte, darf mit «Strange New Worlds» nun endlich wieder im Chefsessel platznehmen und weitestgehend «Star Trek» alter Schule genießen. Das Erforschen neuer Welten und Zivilisationen steht im Vordergrund, ein charismatischer Captain hat das Kommando und auch die weitestgehend prozedurale Erzählstruktur mit in sich abgeschlossen Geschichten, sorgt für umfassendes oldschool-feeling.

Platz 2 – «Andor»
Wer hätte gedacht, dass jene Star-Wars-Serie, die sich am weitesten vom eigenen Franchise entfernt, auch gleichzeitig die beste werden würde? «Andor» ist ein hervorragender Spionagethriller, der auch gänzlich ohne das Star-Wars-Universum funktioniert hätte und weitestgehend auf eigenen Beinen steht. Überraschend erwachsen und düster, hervorragend geschrieben und mit visuellem Understatement ist «Andor» auch für alle geeignet, die Star Wars normalerweise nichts abgewinnen können.

Platz 1 - «Reacher»
Mit «Reacher» hat Amazon voll ins Schwarze getroffen und die beste Actionserie des Jahres auf den Markt gebracht. Auch insgesamt beweist «Reacher», wie ein respektvoller Umgang mit Quellmaterial sowohl das Drehbuch als auch das Casting betreffend funktioniert. Selten hat es eine Adaption geschafft, Buchleser und Neueinsteiger gleichermaßen zu begeistern. «Reacher» mag vielleicht keine Preise bei den großen Award-Shows gewinnen, doch nur weil das Actiongenre hier gerne belächelt wird, heißt dies nicht, dass der pure Unterhaltungswert dieser Produktion nicht gewürdigt werden darf. Objektiv betrachtet kann «Reacher» natürlich weder schauspielerisch noch kinematographisch mit den großen Dramen mithalten, die normalerweise auf den vorderen Plätzen eines solchen Rankings vorzufinden sind, doch als beste Actionserie und zugleich beste adaptierte Serie im Jahr 2022 hat sich «Reacher» diesen ersten Platz insgesamt verdient.
01.01.2023 11:11 Uhr  •  Marc Schneider Kurz-URL: qmde.de/139209