Wo steht der französische Film in Deutschland?

Die Stoffe aus dem deutschen Nachbarland, die hier funktionieren, sind vor allem Komödien, die Klischees bedienen.

Unifrance Film International hat kürzlich festgestellt, dass der französische Film wieder im Aufwind ist. Vor allem in Deutschland stoße der französische Stoff auf großes Interesse, teilte das Informationszentrum für den Export französischer Kinofilme mit. Worin genau besteht die Filmfreundschaft mit Frankreich?

Diese Filme waren besonders erfolgreich


Anhand der Besucherzahlen lässt sich zunächst feststellen, dass vor allem das Mainstream-Kino große Erfolge feiern konnte. Vor allem die Serie um «Monsieur Claude» war ein enormer Kinoerfolg. Sie war tatsächlich der große Kassenschlager. Der Autorenfilm, für den Frankreich in der Mitte des 20. Jahrhunderts so berühmt war, blieb dagegen eher erfolglos. Da einige dieser Filme floppten, fragt man sich, wie Unifrance zu diesen Zahlen kommt.

Grundsätzlich handelt es sich bei der 1949 gegründeten Organisation um eine Interessenvertretung des französischen Films. Dass sie Erfolge lobt, sollte klar sein. Betrachtet man die vorgelegten Zahlen, hat sie aber auch welche vorzuweisen. In ihrer Rechnung sind auch die Kinderfilme enthalten. Wenn es darum geht, das anspruchsvolle Kino zu klassifizieren, um das sich viele Festivals bemühen, wird dieses Genre manchmal vergessen. Dabei haben französische Produktionen wie «In 80 Tagen um die Welt» oder «Der Wolf und der Löwe» weltweit viel Geld eingespielt und werden nicht nur von Erwachsenen besucht.

Erwartungen der Deutschen an den französischen Film
Bei den Autorenfilmen liegen «Das Leben ein Tanz» und «Wo in Paris die Sonne aufgeht» auf den vorderen Plätzen. Insgesamt kann der Autorenfilm im letzten Jahr nicht auf eine so große Leistung zurückblicken. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Seit dem durchschlagenden Erfolg von «Ziemlich beste Freunde» sind vor allem Komödien in Deutschland sehr beliebt. Die Komödie der Regisseure Éric Toledano und Olivier Nakache hatte einen enormen Einfluss auf die französische Filmrezeption in Deutschland. Die Tragikomödie bediente viele Klischees über Frankreich.

Möglicherweise hat dies zu einer gewissen Erwartungshaltung gegenüber dem französischen Film geführt. Düstere und inhaltsschwere Autorenfilme erfüllen diese Erwartung nicht. Die Arthouse-Filme und die großen Regisseure, für die Frankreich früher bekannt war, sind heute nicht mehr so populär. Diese Entwicklung zeigt einmal mehr, dass die Rezeption von Filmen immer auch im Kontext eines bestimmten Zeitgeistes stattfindet. Filme spielen mit bestimmten Erwartungen des Publikums. Tun sie das nicht, sind sie weniger erfolgreich. Zu diesen Erwartungen gehören auch das Alter der Zielgruppe oder bestimmte gesellschaftliche Tendenzen.

Die wichtigsten Filme und Serien mit Tiefgang


Der Trend zum leichten, unbeschwerten Unterhaltungsfilm hat aber auch mit allgemeinen gesellschaftlichen Tendenzen zu tun. Nach einer durchlebten Corona-Pandemie scheinen sich viele Menschen wieder einem optimistischeren Weltbild zuwenden zu wollen. Diese Richtung scheint sich aber besonders stark in der deutschen Nachfrage nach französischen Unterhaltungsfilmen niederzuschlagen. Der Erfolg dieser Streifen sagt auch etwas über das freundschaftliche Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich aus. Offenbar lehnen sich die Deutschen im Kino gerne an die Schulter des Nachbarn.

Aber auch einige französische Filme mit Tiefgang sind in letzter Zeit entstanden. Hier sind vor allem Jean-Paul Salomés Thriller «La Syndicaliste» und François Ozons «Mon Crime» zu nennen. Auf ihren Erfolg im Jahr 2023 darf man gespannt sein. Unifrance hat sich auch für Serien geöffnet. Damit knüpft die Organisation an den Erfolg der Serien auf den bekannten Streaming-Portalen an. Sie werden nicht mehr nur als Konkurrenzprodukt zum Kino gesehen, sondern als neue Form des anspruchsvollen Films. Mit «Paris Police 1905» gibt es auch hier eine französische Produktion, auf die man gespannt sein darf. Thematisch knüpft diese Serie an «Babylon Berlin» an, spielt aber auf französischem Boden.

Fazit


Frankreich bedient nach wie vor eine enorme filmische Bandbreite und produziert sowohl für den Mainstream als auch für das anspruchsvolle Publikum. Wer sich als Kinobesucher nicht zu sehr von seinen eigenen Erwartungen einengen lässt, kann hier viel Neues erleben. Das französische Kino kann an gute Unterhaltung ebenso anknüpfen wie an seine große historische Filmtradition.

Für Cineasten, die mehr über diese Tradition erfahren möchten, hat 2022 eine wunderbare Publikation herausgegeben. Christine Siebert beleuchtet in ihrem prachtvoll illustrierten Band „Paris und das Kino - die Seele einer Stadt in Spaziergängen". Cineasten, die sich der deutsch-französischen Filmfreundschaft verbunden fühlen, dürften hier auf ihre Kosten kommen.
31.01.2023 11:40 Uhr  •  Sebastian Schmitt Kurz-URL: qmde.de/139864