Das Kleine Fernsehspiel feiert seinen 60. Geburtstag. Zum Jubiläum zeigt das ZDF einen besonders gelungenen Film aus dem Jahr 2010.
Stab
Darsteller: Maryam Zaree, Jeremias Acheampong, Carlo Ljubek, Marija Škaričić, Sergej Moya, Vedat Erincin
Drehbuch: Burhan Qurbani und Ole Giec
Schnitt: Simon Blasi
Kamera: Yoshi Heimrath
Regie: Burhan Qurbani
Szenenbild: Barbara Falkner In seinem preisgekrönten Film erzählt Regisseur Burhan Qurbani die Schicksale von Maryam (Maryam Zaree), Ismail (Carlo Ljubek) und Samir (Jeremias Acheampong), drei jungen Musliminnen und Muslimen aus Berlin mit jeweils völlig unterschiedlichen Einstellungen zu ihrer Religion. Im Fastenmonat Ramadan kreuzen sich nun unverhofft ihre Wege. Dabei geraten auch ihre persönlichen, religiösen und individuellen Werte sowie die Bedeutung des Glaubens in ihrem Leben gehörig ins Wanken.
Denn die drei Hauptfiguren des Films stehen vor schwierigen Entscheidungen und müssen sich dabei mit ihrem eigenen Platz in der Welt auseinandersetzen: Dies betrifft sowohl ihre Verwurzelung in der muslimisch-migrantischen Community als auch ihre ureigene psychologische Dimension. Maryam, eine lebenslustige, westlich orientierte 19-jährige junge Frau wird ungewollt schwanger und entscheidet sich für eine Abtreibungspille, die sie kurz vor einem Berliner Club-Abend schluckt. Der damit einhergehende Schmerz und die tagelang nicht zu stoppende Blutung lassen sie jedoch bald glauben, Gott wolle sie für ihre Sünde bestrafen. Nach einigen von Schmerz und Trauer gezeichneten Tagen verändert sie sich radikal und wendet sich stärker ihrem Glauben zu als je zuvor.
Währenddessen ringt der gläubige Muslim Samir mit seiner Homosexualität, die im völligen Gegensatz zu den Glaubensgrundsätzen des Korans steht. Weil er diesen Zwist nicht mehr aushält, schlagen seine zärtlichen Gefühle zu Daniel (Sergej Moya), mit dem er zusammen in einer Markthalle arbeitet, in unbändige Abneigung um, mit der er seinen zerfressenden Selbsthass kaschieren will. Ismail, seines Zeichens Polizist und Familienvater, muss sich derweil mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen, als er bei einer Razzia auf die Bosnierin Leyla (Marija Škaričić) trifft, die er vor drei Jahren im Dienst angeschossen hat.
Die Geschichten der drei Protagonisten werden dabei von Burhan Qurbani stets eindringlich und sensibel erzählt. Der Film zeigt auf beeindruckende Weise die unterschiedlichen Lebenswelten und Denkweisen von Muslimen in Deutschland auf, was ihm insbesondere durch die Thematisierung vermeintlicher Tabus wie Abtreibung, Homosexualität und Polizeigewalt gelingt, die er offen, feinfühlig und mit großer Hingabe zu seinen Figuren in das Handlungsgerüst einflechtet.
Besonders beeindruckend sind dabei nicht zuletzt die schauspielerischen Leistungen der Darstellerinnen und Darsteller, die die Charaktere glaubhaft und authentisch verkörpern. Kaum verwunderlich, dass Hauptdarstellerin Maryam Zaree für ihre Rolle in diesem Film mehrfach ausgezeichnet wurde. Doch auch Carlo Ljubek als Ismail, Jeremias Acheampong als Samir und Marija Škaričić als Leyla bereichern diesen Film um wertvolle Facetten, ohne deren Beiträge er vermutlich keinen derart langen Nachhall gefunden hätte.
Denn für die im deutschen Fernsehen weiterhin beliebte Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ ist «Shahada» einer der größeren Meilensteine, weshalb er auch Einzug in die Feierlichkeiten zum 60-jährigen Jubiläum dieser Institution der ZDF-Filmsparte halten durfte. Einziger Kritikpunkt: Dieses kleine Juwel der jüngeren deutschen Fernsehfilmgeschichte läuft in guter alter Kleines-Fernsehspiel-Tradition wieder einmal spät nachts – dabei hätte es ein deutlich größeres Publikum verdient, als bei dieser Sendezeit zu erwarten ist.
Der Film «Shahada» ist am Montag, den 06. März um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.