Lucas Englander über die Wingers: ‚Mit denen muss ich arbeiten‘
Der österreichische Schauspieler ist Star der neuen Fernsehserie «Transatlantic». Wir sprachen über die Arbeit an der Serie.
Hallo Herr Englander. Jörg und Anna Winger haben die «Deutschland»-Reihe erschaffen, danach folgte die sehr erfolgreiche Netflix-Serie «Unorthdox». Haben Sie sich mit den Werken der Wingers beschäftigt?
Habe ich, ja. Vor allem mit «Unorthodox». Ich erinnere mich noch genau, als ich die Miniserie entdeckt hab und wie erstaunt ich über die Geschichte war, die rohe Intimität des Drehbuchs und der Regie, das Spiel, die Bildgestaltung, alles. Ich sagte damals schon laut vor mich hin: "Mit denen muss ich arbeiten." Dass das dann so schnell passiert ist kann ich noch immer kaum fassen.
Vielen Menschen war das ultra-orthodoxe Leben von jüdischen Mitbürgern nicht bekannt. Haben Sie durch «Unorthodox» in dieses verborgene Leben blicken können?
Ich hab auf jeden Fall einen ersten Einblick bekommen. Persönlich kenne ich niemanden aus der (ultra-)orthodoxen Community. Ich finds toll, dass mir also Kreationen wie «Unorthodox» und «Transatlantic» einen Blick über den eigenen Tellerrand erlauben.
Mit «Transatlantic», der neuen Netflix-Serie, reisen wir ins Marseille ins Jahr 1941. Eine Gruppe junger Helden riskiert ihr Leben, um geflüchtete aus dem besetzten Frankreich zu retten. Eine Geschichte, die man als Deutscher viel zu selten hört?
Ich kannte die Geschichte des Emergency Rescue Committee (heute IRC) bis zum Projekt hin nicht, und bin dankbar dafür wie mich diese HeldInnen seitdem in meinen täglichen Aktionen inspirieren. Ich muss hier an Varian Fry denken, der das ERC in Marseille leitete: "Ich habe in mir Kräfte entwickelt und entdeckt, schier unerschöpfliche Kräfte an Fantasie und Mut an die ich nie zuvor geglaubt hätte sie zu besitzen."
Sie spielen die Hauptrolle neben Cory Michael Smith und Gillian Jacobs. Wie kam es dazu?
Das Projekt ging mir von Anfang an nahe. Wie so unfassbar viele Menschen, hatte ich auch einen Großvater der vor den Nazis fliehen musste. Zum Glück, war ich zum Zeitpunkt als Anja Dihrberg mich zum Casting einlud seelisch offen dafür die Casting Szenen von «Transatlantic» in mich aufzunehmen. Es ist so eine emotional aufreibende Geschichte. Ich kann mir viele Momente meines Lebens vorstellen, in denen ich es nicht geschafft hätte dem Casting gegenüber so offen zu sein, wie ich es zu dem Zeitpunkt war. Außerdem war die dramaturgische, sowie mentale Unterstützung von meinem deutschen Agenten Jochen Döll von Anfang bis Ende ein Segen. Ich erinnere mich noch an seinen Anruf: "Lucky!! Du hast es! Du hast es!" Wir haben uns vor Freude angeschrien während ich in meinem Zimmer auf und ab sprang.
Können Sie uns schon verraten, in welche Rolle Sie schlüpfen und was Ihr Charakter durchleben muss?
Ich spiele einen jungen deutschen jüdischen Mann namens Albert Hirschman. Der echte Albert Hirschman studierte Wirtschaft, kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg gegen Franco, meldete sich für die französische Armee in Paris um gegen die Nazis zu kämpfen und wurde dann die rechte Hand von Varian Fry im ERC in Marseille. Er kümmerte sich um alles, was nicht gesehen werden sollte: Pässe fälschen, Geldwäsche, Fluchtwege, und vieles mehr.
Unser Albert manövriert durch eine fiktionalisierte Version der Geschehnisse von 40/41.
Seine Reise handelt von Verlust, Freundschaft, Verständnis, Liebe, und Tatendrang.
Ich versuchte so gut ich konnte einen Teil seines Geistes durch mich durchfließen zu lassen, und würde einfach gerne darauf hinweisen was für unglaubliche Dinge der echte Albert Hirschman bis ins hohe Alter leistete.
Vor zwei Jahren haben Sie in der TF1-Serie «Too Far from Home» mitgespielt. Haben Sie eine deutschsprachige Rolle bekommen oder konnten Sie mit Ihrem Französisch überzeugen?
Ich habe eine relativ strikte Routine was Sprachen lernen betrifft, die mir bis jetzt erlaubte auf verschiedenen Sprachen zu spielen. Der Film «Les Apparences» von Marc Fitoussi war mein Eintritt in die französische Filmwelt. Ich habe einen kleinen Akzent, wenn ich französisch spreche, den die Leute aber sogar ganz gern haben. Überzeugungsarbeit braucht es an der ein oder anderen Stelle vielleicht schon, aber ist es nicht Realität, dass Menschen mit verschiedensten Akzenten an den meisten Orten dieser Welt in vielen verschiedenen Berufen vorzufinden sind?
Auch in anderen Serien wie «Genius» von Fox und National Geographic durften Sie mitspielen. Wie kommt man an solche Rollen?
Für die Details bräuchte ich hier einige Seiten, also sagen wir, dass hat das Leben bis jetzt so für mich entschieden.
Die Serie «Parlament», in der Sie ebenfalls als Schauspieler auftreten, wird in Deutschland im Ersten nachts versendet. Sind Sie enttäuscht, dass solche Serien zu keiner vernünftigen Uhrzeit laufen?
Darüber hab‘ ich so noch nicht nachgedacht. Ich kann nur empfehlen: schaut sie euch an! Vielleicht ist die Sendezeit dann ja bei der dritten Staffel anders.
In diesem Jahr sind Sie auch neben Jonas Bachan in «Truth or Consequences» zu sehen. Können Sie schon etwas über den Film verraten?
«Truth or Consequences» ist der erste Langspielfilm von dem wirklich unfassbaren Regisseur Philippe Prouff, der mich und alle anderen so präzise und feinfühlig führte, dass ich mich jetzt schon auf unser nächstes gemeinsames Projekt freue!
Das war meine erste richtige Hauptrolle in einem Kinofilm. Mehr darf ich noch nicht verraten.
Sie stammen aus Wien, reisen allerdings viel. Was schleppen Sie auf Ihren Dreharbeiten mit?
Meinen Teddybären, viel zu viele Bücher und ein paar Familienfotos.
Danke für das Gespräch!
«Transatlantic» startet an Karfreitag, den 7. April, bei Netflix.