«Irgendwas mit Medien» war ‚vor allem ein ganz besonderes arbeiten‘
Jana Brandt (MDR-Programmdirektorin), Helga Löbel (Produzentin) und Roman Twork (Redaktionsleiter) sprachen über die neue UFA Serial Drama-Mockumentary.
Hallo in die Runde! Ab dem 14. April startet die neue Serie «Irgendwas mit Medien» in der ARD Mediathek. Warum wollten Sie eine Mockumentary zwischen Uni-Wahnsinn, Geldproblemen und der großen Kunst produzieren?
Helga Löbel: Ja, super, endlich geht es los! Wir freuen uns schon so. Tatsächlich wollte ich nicht eine Mockumentary produzieren, sondern ganz genau diese. Die beiden Filmemacher Jano Kaltenbach und Mirko Muhshoff haben mich mit ihrer Vision des Formats, ihrem Talent, vor allem aber mit ihrem extrem guten Handwerk als Newcomer total überzeigt. Bei der UFA bin ich verantwortlich für die jungen Programme und immer auch der Suche nach innovativen Projekten und was passt da besser als so ein Format mit solch talentierten Kreativen vor und hinter der Kamera?!
«Irgendwas mit Medien» ist seit 20 Jahren ein geflügeltes Wort. Gibt es vielleicht auch deshalb keine sinnvolle Erklärung, weil sich die Medien dank neuer Apps auf dem Smartphone stetig verändern?
Roman Twork: Das könnte eine Erklärung sein, die Nahe liegt. Unsere Kommunikation mit und über digitale Medien ist im Alltag viel kleinteiliger und gleichzeitig viel umfangreicher geworden. Da fällt es oft gar nicht so richtig auf, wie viel Arbeit es macht, all diese diversen Kommunikationskanäle zu pflegen und Kommunikation zu steuern. Wenn man das seinen Verwandten erklären muss, was man da eigentlich macht, fällt „Irgendwas mit Medien“ doch sehr schnell.
Wenn ich durch Social-Media-Beiträge scrolle, sehe ich tausende junge Menschen, die zahlreiche Fragen haben und unsicher sind. Würden Sie das Bild bestätigen?
Roman Twork: Jetzt befinden wir uns schon in den Disziplinen der Soziologie, Kulturwissenschaften und Psychologie. Aber ja, die Herausforderung der Gegenwart ist, dass sie jungen Menschen einen Raum an unbegrenzten Auswahlmöglichkeiten und damit aber auch Entscheidungen im Leben bietet. Ohne eine passende Studie parat zu haben, aber das macht das Leben für junge Menschen nicht viel leichter. Wer will ich sein? Wie sehen mich die anderen? Was sagt der Studiengang über mich aus? Kann ich mein WG-Zimmer noch bezahlen? Gleichzeitig treffen die gesellschaftlichen Herausforderungen der letzten Jahre ungemein stark junge Menschen.
Inwiefern unterscheidet sich Weimar, wo «Irgendwas mit Medien» gedreht wurde, zu München oder Köln? Gibt es einen Unique-Selling-Point?
Helga Löbel: Weimar ist natürlich per se ein Ort, der besonders ist – durch seine Geschichte und allerlei Berühmtheiten, die dort verkehrten. Als Dreh- und vor allem Spielort war Weimar für uns ein absolutes Geschenk. In einer kleinen Stadt zu drehen hat ziemlich viele Vorteile: kurze Wege, unverbrauchte Motive und vor allem Menschen, die sich – anders als bspw. in Berlin – noch freuen, wenn ein Filmteam kommt und uns gegenüber sehr aufgeschlossen waren. Inhaltlich ist es ein riesengroßer Unterschied, ob man in einer anonymen Großstadt studiert an einer Uni die Studierende im fünfstelligen Bereich hat oder ob man in diesem kleinen Weimarer Mikrokosmos unterwegs ist. Verfehlungen, Peinlichkeiten und absurde Situationen haben für eine Figur in einem kleinen Radius im Zweifel schlimmere Auswirkungen als in einem großen Kreis, wo man sich auch leichter aus dem Staub machen kann.
Jano Kaltenbach und Mirko Muhshoff spielen die beiden Hauptrollen Simon und Lennart, haben Regie geführt und die Drehbücher geschrieben. War das in irgendeiner Weise auch eine Hürde oder eher von Vorteil?
Helga Löbel: Es war vor allem ein ganz besonderes arbeiten. Wenn man sonst in Drehbuchabnahmen sitzt und über Dialoge diskutiert, weil jeder eine andere Interpretation hat, war es hier ganz einfach: die beiden haben uns die Szene einfach kurz angespielt und alle wussten sofort was gemeint war. Und auch sonst empfand ich die Arbeit bei einer so stark „creator- driven“ Produktion als extrem angenehm. Meine Ansprechpartner waren immer die beiden in allen Belangen der inhaltlichen Vision – das verkürzt Wege und macht vieles einfacher.
Mirko Muhshoff und Jano Kaltenbach entwickelten die Serie gemeinsam. War das Konzept schon gleich abnahmefertig?
Roman Twork: Ich bin sehr froh über die Vision, die Jano und Mirko zu dieser Serie hatten. Die beiden haben ein ungemein feines Gespür dafür, die Kleinigkeiten und Details in ihrer Umwelt aufzuschnappen und damit Figuren und Geschichten zu erzählen. Unsere Aufgabe als Redaktion ist es, diesen Prozess zu begleiten, die Storys noch erfahrbarer zu machen und mit den Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer abzugleichen. Dazu haben wir die Pilotfolge bspw. auch in ein Nutzertesting gegeben. In unseren Diskussionen steckte oft sehr viel Leidenschaft und manchmal haben wir auch eine Nacht darüber schlafen müssen, aber ohne die Vorstellungskraft der beiden wäre das nie möglich geworden!
Im Mittelpunkt steht auch das Wunderkind Lennart, der neu an die Uni kommt. Was beschäftigt ihn?
Helga Löbel: Lennart ist eine unheimlich liebenswerte Figur, die sich mit seiner Persönlichkeit, seinen Eigenschaften oft selbst im Weg steht. Sein Verhalten ist mitunter peinlich, zum Fremdschämen und auch zum Ärgern. Aber das Tolle ist: diese Figur wird so erzählt, dass immer klar ist: der macht das nicht, weil er gemein sein will oder andere verletzen will, sondern er kann einfach nicht anders, er ist eben einfach so. Und so begleiten wir ihn auf seinem holprigen Weg durch das erste Semester an einer Kunstuniversität und erleben mit, wie er versucht, ein Bein auf den Boden zu bekommen. Und egal wie daneben Lennart sich benimmt, wir wünschen ihm immer, dass er die Kurve bekommt.
Welche Ziele haben Sie mit «Irgendwas mit Medien»? Kommt eine zweite Staffel?
Jana Brandt: Mit «Irgendwas mit Medien» wollen wir einen Stoff bieten, in dem sich junge Menschen wiederfinden und das gepaart mit der nötigen Prise Humor. Und natürlich soll «Irgendwas mit Medien» auch ein Grund sein, warum junge Menschen den Weg in die ARD Mediathek finden und im besten Fall bleiben. Denn wir haben in der Mediathek eine Vielzahl an tollen Stoffen, Formaten und Serien, die sich so nur hier finden. Ob eine zweite Staffel von «Irgendwas mit Medien» realisiert wird, hängt natürlich auch damit zusammen, wie die erste von den Nutzenden angenommen wird. Das werten wir mit den Machern aus und entscheiden dann.
Immer mehr Produktionen vom Mitteldeutschen Rundfunk und der UFA Serial Drama werden nachhaltig produziert. Wie sieht eine nachhaltige Produktion aus?
Helga Löbel: Dafür gibt es grundsätzlich jede Menge Interpretationsspielraum. Es gibt aber auch das „green motion“ Label, dass sehr genau bewertet, wie nachhaltig eine Produktion ist. Hier gibt es konkrete Checklisten, die einfach erfüllt sein müssen. Wir haben dafür Einiges in der Produktion angepasst. Bspw. haben wir nicht mit einem Generator gedreht, sondern Akkupacks beim Licht verwendet. Wir sind mit einem Fuhrpark von vier Autos ausgekommen, weil der Rest des Teams mit Fahrrädern und Lastenrädern die Arbeitswege gemeistert hat und auch beim Essen haben wir viel auf biologische, regionale Qualität geachtet, um nur einige unserer Maßnahmen zu nennen. Fakt ist: in unserer Produktion war das keine lästige Notwendigkeit, sondern etwas, dass das Team selbst eingefordert und umgesetzt hat. Dafür brauchte es dann weder Richtlinien noch Vorgaben – das war purer Wille.
Warum ist die neue Serie eigentlich Teil der ARD Mediathek und ARD Kultur und nicht explizit bei FUNK angedockt? Gibt es hierfür irgendwelche Regeln?
Jana Brandt: funk – das Contentnetzwerk von ARD und ZDF – richtet sich an eine Zielgruppe zwischen 14 bis 29 Jahren und findet ausschließlich auf Social Media statt, also Drittplattformen. Das sind dann beispielsweise TikTok- oder YouTube-Formate, die sich im Storytelling an den Nutzungsbedürfnissen der Plattformen orientieren. Mit der ARD Mediathek bespielen wir unsere eigene Plattform, die sich an ein etwas älteres Publikum richtet und an den Sehgewohnheiten orientiert, die wir von den etablierten Streaming-Plattformen kennen – also längere und oftmals serielle Formate. Als MDR und innerhalb der ARD legen wir auf die Stärkung der eigenen Plattform ein besonderes Augenmerk und «Irgendwas mit Medien» ist dafür ein wunderbarer Stoff.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
«Irgendwas mit Medien» ist ab Freitag, den 14. April, in der ARD Mediathek verfügbar.