Wolfgang Murnberger: ‚Marie hat kein Geld und kein Hotelzimmer‘

In «Sayonara Loreley» möchte Marie eigentlich nach Japan reisen, landet aber mittelos in Rüdesheim. Regisseur Murnberger hat viel von den Dreharbeiten zu berichten.

Hallo Herr Murnberger. Bei «Sayonara Loreley – Wiedersehen in Rüdesheim» landet die Hunsrückerin Marie im Rheingau. Warum verschlägt es Marie in die Region?
Marie ist eigentlich gerade im Bus mit ihrem Chor, gegen den Willen ihrer Mutter, auf dem Weg zum Flughafen um in Japan mit ihren Chorfreundinnen eine kleine Tournee zu machen. Da erfährt sie telefonisch, dass ihre Mutter in Rüdesheim ins Koma gefallen ist. Marie muss widerwillig aussteigen!

Marie darf sich allerdings nicht nur auf Hans, gespielt von Armin Rohde freuen, sondern lernt einen japanischen Geschäftsmann kennen. Also wenn Wanderer nicht zum Berg kommt, kommt der Berg also zum Wanderer?
Marie ist vorerst sehr einsam und unglücklich in Rüdesheim. Die Chorfreundinnen senden ihr schöne Fotos von der Reise. Und Marie muss feststellen, dass ihr ihre Mutter aus Wut das Konto gesperrt hat. Marie hat kein Geld und kein Hotelzimmer und ist auf die Hilfe anderer angewiesen.

Im Verlauf des Filmes lernt Marie auch noch die Kellnerin Krystina kennen. Sie kommt aus der Ukraine – hat die Charakter-Entwicklung etwas mit dem Ukraine-Krieg zu tun?
Die Idee zu der ukrainischen Figur ist viel älter als der Kriegsbeginn!

Sie haben das Drehbuch zusammen mit Stephan Falk und Anke Sevenich verfasst. Wie lief die Zusammenarbeit ab?
Anke und Stephan haben das Drehbuch erst für Kino geschrieben und dafür den Deutschen Filmpreis für das beste unverfilmte Drehbuch erhalten. Für Kino kam aber leider keine Finanzierung zustande und deshalb mussten wir das Drehbuch für Fernsehen kürzen und fernsehdramaturgisch bearbeiten. Das war keine leichte Aufgabe.

Hunsrück trifft auf Rheingauer – Wieso haben Sie sich für diese Szenario entschieden?
Wie gesagt stammt ja die Grundidee zu der Geschichte von Anke und Stephan. Ich bin erst als Regisseur dazugekommen und habe dann aber am Drehbuch für die Adaption für das Fernsehen mitgearbeitet.

In Rüdesheim gibt es zehn Mal mehr Touristen als Einwohner. Waren Sie selbst dort schon zu Besuch?
Ich war erst zur Recherche, ein Jahr vor Drehbeginn zum ersten Mal in Rüdesheim. Aber ich kenne das Phänomen der sommerlichen Touristenmassen aus der Getreidegasse in Salzburg. Rückblickend kann ich aber sagen, dass diese Dreharbeiten zu den schönsten gehörten, die ich je erlebt habe. Wir hatte nämlich eine Woche Drehstopp, nicht wegen Corona sondern wegen eines Gerstenkornes unserer sehr lieben und sonst hervorragenden Hauptdarstellerin. Nur das Gerstenkorn war für Nahaufnahmen natürlich ein ins Auge springendes Problem! Aber während des Drehstopps konnte ich auch die Gegend rund um Rüdesheim erkunden und den guten Weißwein kennenlernen.

Seit knapp zehn Jahren unterrichten Sie Regie an der Filmakademie Wien. Haben sich die Studenten und deren Film-Wissen seit Netflix & Co. verändert?
Die StudentInnen haben sich meines Erachtens nicht besonders verändert. Ihr Interesse fokussiert sich sowieso auf den Arthouse-Film. Diesbezüglich ist Netflix & Co auch nicht interessanter als Öffentlich-rechtliches Fernsehen. Und ein Fernsehgerät hat von diesen jungen Leuten seit Jahren sowieso niemand mehr.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

«Sayonara Loreley – Wiedersehen in Rüdesheim» ist am Freitag, den 9. Juni, um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
07.06.2023 12:28 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/142689