Montags blickt Quotenmeter auf aktuelle Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops und ordnet diese ein. Diesmal steht Olaf Scholz im Mittelpunkt, denn der Bundeskanzler wurde gleich zweimal von der ARD interviewt.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist seit anderthalb Jahren in Amt und Würden und führt eine häufig zerstrittene Ampel-Koalition an. Im medialen Mittelpunkt steht allerdings nicht immer der Kanzler, sondern häufiger seine Nachfolger Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner. Nicht selten hält sich Scholz im Hintergrund auf und wartet ab, was ihm des Öfteren auch zum Vorwurf gemacht wird. In der vergangenen Woche stand Scholz aber Rede und Antwort – und das gleich zwei Male. Am Mittwoch war er in der Talkshow
«Maischberger» zu Gast, während er am Sonntag in
«Bericht aus Berlin» von Tina Hassel im Sommerinterview befragt wurde.
Diese eröffnete die Sendung mit der Feststellung, dass sich die Ampelkoalition Umfrage zufolge auf einem Rekordtief in Sachen Zufriedenheit bewegt. Was die Reichweiten und Einschaltquoten betrifft, entspricht dies nicht der Wahrheit. So war die Sendung von Sandra Maischberger am späten Mittwochabend mit 1,58 Millionen Zuschauern die zweitmeistgesehene Ausgabe des Jahres. Mit einem Marktanteil von 12,3 Prozent lag man im Senderschnitt von Das Erste und bewegte sich zudem über dem üblichen Niveau der Talksendung, die in der Regel um die zehn Prozent einfährt. Beim jungen Publikum war «maischberger» allerdings nur bei 5,9 Prozent der 14- bis 49-Jährigen gefragt, was zwar leicht über dem Jahresschnitt lieg, aber der zweitschwächste Wert im Juni war. Quantität sagt aber bekanntlich nichts über Qualität aus.
Und so fiel das zweite ARD-Interview mit dem Kanzler aus Quotensicht deutlich schwächer aus. Das erste Sommerinterview des Jahres lockte am Sonntagvorabend nur 1,05 Millionen Zuschauer an, was gerade einmal 7,7 Prozent nach sich zog. Damit landete Tina Hassel unter dem Niveau des Vorjahres, das bei 1,15 Millionen und 8,0 Prozent lag. Auch bei den Jüngeren kam man nur auf 3,7 Prozent Marktanteil. Im vergangenen Sommer kam die Interview-Reihe noch auf durchschnittlich 4,9 Prozent. Ist der Bundeskanzler also gar kein Einschaltimpuls für sein Volk?
Dafür lohnt ein Blick über die ARD hinaus zum ZDF, wo Scholz zuletzt am 23. Februar 2023 in der Sendung
«maybrit illner» zu Gast war. Das Einzelgespräch verfolgten 2,22 Millionen Zuschauer, was keinen signifikanten Unterschied zu den anderen Ausgaben des ZDF-Talks in dieser Zeit darstellte. Auch der Marktanteil, der auf 11,4 Prozent beziffert wurde, lag für Illner-Verhältnisse eher auf einem niedrigeren Niveau. Auch beim jungen Publikum brachte Scholz damals nur 5,5 Prozent zustande. Anders dagegen Scholz‘ Auftritt am 7. Juli 2022, als seinen Antworten zu zahlreichen Bürgerfragen 2,80 Millionen Menschen folgten. Damals war es die meistgesehene Sendung seit über zwei Monaten und nur eine Sendung im weiteren Verlauf sicherte sich höhere Zuschauerzahlen. Auch die Marktanteile lagen mit 17,4 respektive 9,7 Prozent auf einem guten Niveau.
Gleiches gilt für die
«Anne Will»-Sendung aus dem Frühjahr 2022, allerdings gilt es hierbei den weltpolitischen Gesamtkontext zu beachten. Der Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine lag damals rund einen Monat zurück, weswegen das Interesse an den Aussagen des Regierungsführers groß war. Nach einem «Tagesthemen Extra» blieben um 22:00 Uhr 4,56 Millionen Zuschauer dran – nur eine Sendung sollte im Laufe des Jahres von mehr Menschen verfolgt werden, jene der Folgewoche. Doch gerade beim jungen Publikum war Will damals mit 15,1 Prozent überaus erfolgreich. Keine der Ausgaben seither sollte je wieder solch eine hohe Einschaltquote erzielen. Gleiches gilt übrigens auch für «maybrit illner», bei der Scholz am 3. März 2022 zu Gast war, um über den Krieg in der Ukraine zu sprechen.
Diese Sendung verfolgten damals 4,01 Millionen Zuschauer. Seit den Quotenmeter-Aufzeichnungen (die Datenbank reicht ins Jahr 2007 zurück) brachte es nur eine Sendung auf mehr Zuseher: am 16. April 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie. Olaf Scholz als Bundeskanzler stellt immer dann einen Einschaltimpuls bei Talkshows dar, wenn es Notlagen und unmittelbare Krisen gibt. Aktuell werden die Krisen der Welt von koalitionsinternen Streitigkeiten übertrumpft, die zwar ebenfalls bedeutend, aber weitaus weniger dramatisch sind als ein Krieg. Diese elementare Not ist greifbarer als ein umstrittenes und kompliziertes Heizungsgesetz, mit dem sich deutlich weniger Menschen identifizieren. Entsprechend mögen die Aussagen des Bundeskanzlers für viele Fernsehzuschauer weniger entscheidend sein, was sich wiederum direkt auf die Quotenergebnisse auswirkt. Zwei Scholz-Interviews binnen weniger Tage zu senden, scheint jedenfalls eines zu viel gewesen zu sein.