«Wetten, dass..?» ohne Thomas Gottschalk ist kaum vorstellbar, schließlich wurden auch die Erinnerungen an Markus Lanz als Moderator weitestgehend verdrängt. Dass Thomas Gottschalk sich nun endgültig von der Sendung verabschiedet, hinterlässt trotzdem nur wenig Wehmut, meint Veit-Luca Roth.
Thomas Gottschalk wird im November ein letztes Mal die äußerst beliebte Samstagabend-Show
«Wetten, dass..?» präsentieren. Der Abschied kam für viele überraschend, auch das ZDF wirkte angesichts der ungeklärten Zukunft der Show unvorbereitet. Am Dienstag erklärte sich der Showmaster und gab in einem Instagram-Post Einblick in seinen Entscheidungsprozess. Sein Statement begann er mit dem Satz: „Eure Meinung ist mir wichtig…“ Sicherlich dürften bei dieser Einleitung einige Kritiker schallend aufgelacht haben.
Für Gottschalk seien „die großen Zeiten der Samstagabendunterhaltung, über die am Montag überall gesprochen wird, vorbei“. Er sei dankbar, dass er sie erleben und mitgestalten durfte. Freilich ist damit nicht nur die Unterhaltung am Samstagabend gemeint, sondern auch das Fernsehen im Allgemeinen, auch wenn er betonte, dass der «Wetten, dass..?»-Abschied keinen Rückzug aus dem Fernsehen bedeute. Inwiefern er auch selbst zum Bedeutungsverlust beigetragen hat, steht auf einem anderen Blatt. Zuletzt trug er jedenfalls für wenig erinnerungswürdige TV-Episoden bei. In besonders schlechter Erinnerung bleibt sein Auftritt beim RTL-Jahresrückblick vor acht Monaten, als er Sarah Connor live im Fernsehen beleidigte.
In seinem Instagram-Statement stellte er klar, dass er sich aus eigenen Stücken „vom Hofe“ mache, „bevor mir ein Autor vor der Show die Gags aufschreibt und man mir einen Stecker ins Ohr bastelt, über den mir ein Redakteur ständig ‚Shitstorm-Warnungen‘ durchgibt oder mir erklärt, welche ‚Celebrity‘ da gerade neben mir sitzt“, so Gottschalk. Gerade mit Blick auf die vergangene «Wetten, dass..?»-Ausgabe hätte ein wenig Vorbereitung auf die Gäste oder der ein oder andere passendere Gag sicher nicht geschadet. Diese Aussage lässt zudem einen Schluss auf die Hintergründe des Abschieds zu. Offenbar war das ZDF Gottschalk nicht gewillt, ihn langfristig von der Kette zu lassen. Ein womöglich schmerzhafter Show-Abend ohne kontrollierenden Stöpsel ist verkraftbarer als ständiger Terz mit Gottschalk. Zumal Gottschalk sicherlich zum Abschied gewillt sein wird, sich im bestmöglichen Licht zu präsentieren.
Dass Gottschalk selbst noch an die Samstagabend-Unterhaltung glaubt und damit eine unfreiwillige Ironie-Pointe setzt, beweist er damit, in dem er für den Samstag nach «Wetten, dass..?» sogleich einen RTL-Rückblick zu „100 Jahre Disney“ präsentieren wird. Man kann Minnie Maus nur raten, ihre Knie zu bedecken. Zumal auch die Beteiligung an der RTL-Samstagabendshow «Denn sie wissen nicht, was passiert» nicht abgenommen hat, im Gegenteil.
Ohne Frage war Thomas Gottschalk einer der begnadetsten Entertainer, den dieses Land je gesehen hat. Doch wer sich mit einer derartigen Hybris präsentiert, hinterlässt nicht nur Dankbarkeit für seine Karriere, sondern auch für seinen Abschied. Vielleicht wäre es doch sinnvoll, ganz zu gehen?
Gottschalks Ego steht aber nicht nur einem feinen Abgang im Weg, sondern auch einer versöhnlichen Trennung von seiner «Wetten, dass..?»-Co-Moderatorin Michelle Hunziker, die er höchstpersönlich zur Show hinzugeholt haben soll – und eben nicht vom ZDF als „betreuende Nachtschwester“ an die Seite gestellt bekomme habe, weil er nicht mehr gewusst habe, wo es lang ginge, wie er in seiner Grußbotschaft schrieb. Gottschalks Auftritte gaben zuletzt allerdings wenig Anlass diesem Eindruck zu widersprechen. Vielmehr sei ihm Hunziker ans Herz gewachsen – die Liebe füreinander war also nicht immer da? – und er lade sie mit jenem Instagram-Text zu seiner Abschiedsausgabe ein. Nach so vielen gemeinsamen Jahren sollte man meinen, dass Gottschalk direktere Wege zur Schweizer Moderatorin hätte. Dies klang Am Montagabend, als das ‚Bunte‘-Magazin die Nachricht in die Welt ließ, noch anders. „Was Michelle betrifft, bin ich mir mit dem ZDF einig: Anfang und Ende reichen sich die Hände. Ich habe die erste Show allein gestemmt, ich schaffe das auch mit der letzten.“
Gottschalk scherte sich in seiner Zeit als Radio- und TV-Moderator wenig über Kritik, was ihn vermutlich auch so erfolgreich machte, da er stets Unterhaltungswert bot. Die 90er-Jahre sind allerdings vorbei, was der „Silberrücken der deutschen Fernsehlandschaft“ (Zitat Karl-Theodor zu Guttenberg) zwar erkannt, aber noch nicht ganz begriffen hat. Sein Abschied wie auch sein Spätwerk werden in keiner guten Erinnerung bleiben, denn: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Oder im Fall Gottschalk: Macht sich vom Hof.