‚Es geht bei «EAST!» nicht um einen Vergleich zwischen Zeitz und Lenzen‘
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg und der Mitteldeutsche Rundfunk setzen am 3. Oktober auf zwei Dokumentarfilme, die die Regionen aufzeigen. Wir sprachen mit Ina-Katrin Hüttig (mdr) und Rolf Bergmann (rbb).
Am Tag der Deutschen Einheit strahlten der Rundfunk Berlin-Brandenburg und der Mitteldeutsche Rundfunk die zwei Dokumentationen «East!» aus. Sind Doppelprogrammierungen sinnvoll?
Ja! «East! - Mein Jahr in Lenzen/Zeitz» ist ein besonderes Projekt. Und dies zeigen wir auch in seiner herausgehobenen Programmierung. Beide Sender strahlen am Tag der Deutschen Einheit zur Primetime um 20.15 Uhr einen Film aus. Der rbb Lenzen, der MDR Zeitz. Und um 22 Uhr gibt es den jeweils anderen Film zu sehen. Wer keine Lust hat am 3. Oktober beide Folgen anzuschauen, der kann natürlich in die ARD Mediathek gehen!
Wie schwer sind Produktionen umzusetzen, wenn gleich drei Firmen im Boot sind und neben MDR, rbb, Zero One Film auch das Medienboard Berlin-Brandenburg und Mitteldeutscher Medienförderung dabei sind?
Film ist immer Teamarbeit. Und für ein Doku-Event muss man Kräfte bündeln und Kompetenzen zusammenführen. Das ist hier geschehen. Die Zusammenarbeit der Beteiligten war ausgesprochen kreativ und konstruktiv. Die Förderer fördern dankenswerterweise solche besonderen Projekte – aber sind nicht mit der konkreten Umsetzung befasst.
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hat sich auf eine Geschichte in Lenzen (Elbe) konzentriert. Was zeichnet die Region aus?
Lenzen war jahrzehntelang ein Ort an der Grenze und ein Ort am Rande. Das hat die Stadt geprägt. Die unglaublich schöne Landschaft, die berauschende Natur sind das Kapital von Lenzen. Das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg bringt es aber auch mit sich, dass sich wenig Industrie ansiedelt, keine Windräder gebaut werden usw. Lenzen ist ein ganz besonderer Ort, den es zu entdecken gilt, auf den sich Anne Münch und ihre Familie eingelassen haben.
Rückblickend betrachtet: Wie verändert sich das Leben, wenn man von Potsdam an den äußersten Rand von Brandenburg zieht?
Diese Frage kann nur Anne Münch beantworten… und der Film!
Gab es eigentlich auch Auswirkungen auf den Journalisten-Beruf beim Rundfunk Berlin-Brandenburg?
Auf was bezieht sich diese Frage? Anne Münch ist keine Journalistin, die regelmäßig Projekte für den rbb realisiert. Sie ist Dokumentarfilmerin und hat den Job als filmische Stadtschreiberin als Herausforderung begriffen, der sie sich ganz und gar verschrieben hat. Sie berichtet nicht aus Lenzen oder über Lenzen – sondern sie lebt in Lenzen. Davon erzählt der Film.
Zahlreiche Familien, die aufs Land gezogen sind, bedauern inzwischen ihre Entscheidung, weil die kulturelle Vielfalt, aber auch Lieferdienste fehlen. Hat Anne Münch, die ihr Leben dokumentierte, ein ähnliches Resümee gezogen?
Anne Münch hat in Lenzen anders gelebt als in Potsdam. Und sie hat es sehr genossen. Natürlich fehlt das eine oder andere, das Kino, das Theater, die vertrauten Freunde. Aber es war ein „Abenteuer“.
Der Mitteldeutsche Rundfunk hat Maksym Melnyk begleitet. Warum ist die Geschichte eines Ukrainers im Osten eine Geschichte für den Nationalfeiertag?
Ansatz für das «EAST!»-Projekt war, zwei Stadtschreiber in Orte jenseits des Mainstreams zu schicken. Junge Menschen die aus dem Osten kommen und eine Ost-Identität haben, also nicht mit einem westlich geprägten Blick auf diese Orte schauen sondern mit etwas Gespür und Hintergrundwissen ergründen, was die Menschen dort bewegt, wie sie fühlen und denken. Es gab eine öffentliche Ausschreibung dazu. Maksym lebt schon mehrere Jahre im Ostteil Berlins, hat in Potsdam-Babelsberg studiert. Wir waren von Anfang an überzeugt, dass er für unser Projekt den richtigen Sensus hat.
Zeitz liegt ja nur wenige Kilometer hinter dem Speckgürtel von Leipzig. Wie viel Land gibt es in einer Kleinstadt mit 28.000 Einwohnern?
Es ging nicht um Land versus Stadt sondern um Orte, die nicht so sehr in der öffentlichen Wahrnehmung sind. Wie bei den Stadtschreibern haben die Regisseurin gemeinsam mit den Redakteuren von MDR und rbb eine Art Casting gemacht. Wir haben dabei ganz bewusst auch nach Unterschieden zwischen den Orten gesucht, die in die engere Auswahl gekommen sind. Größe, Region, Einwohnerzahl, Veränderungen die seit der deutschen Einheit dort möglicherweise sichtbar werden können… Es geht bei «EAST!» nicht um einen Vergleich zwischen Zeitz und Lenzen sondern um die ganz eigenen Geschichten der Menschen, die dort leben, die gegangen sind und zurück gekommen, die geblieben oder ganz neu hingezogen sind.
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg und der Mitteldeutsche Rundfunk arbeiten oft zusammen. Gibt es ein freundschaftliches Verhältnis?
Im Bereich Dokumentationen und Dokumentarfilm arbeiten wir oft und sehr gut zusammen. Na klar, es gibt inhaltlich viele Berührungspunkte in Vergangenheit und Gegenwart … und wir verstehen uns sehr gut.
Welche Dokumentationsprojekte stehen in nächster Zukunft an?
Auch für das nächste Jahr sind wieder einige spannende Doku-Projekte geplant, an denen rbb und MDR aktuell gemeinsam arbeiten. Mehr können wir an dieser Stelle aber noch nicht verraten.
Vielen Dank für Ihre Zeit!