Mit «Frasier» kehrt nach knapp 20 Jahren eine der prämiertesten Sitcoms aller Zeiten auf die Bildschirme zurück, doch was ist von der einstigen Genialität noch übrig?
Kelsey Grammer ist zurück in seiner Paraderolle des Frasier Crane, die er mit Unterbrechungen nun seit seinem ersten Auftritt in der Ursprungsserie «Cheers» im Jahr 1984 seit fast 30 Jahren verkörpert. «Frasier», das bis heute als erfolgreichste Spin-Off Serie aller Zeiten gilt, läutete einst zusammen mit «Friends» mehrere Jahrzehnte extrem erfolgreicher Genrevertreter ein, die mit Serien wie «Two and a Half Men», «The Big Bang Theory» oder «Modern Family» bis in die späten 2010er Jahre das Network Fernsehen in den USA dominierten. Doch mit dem aufkeimenden Erfolg der Streaminganbieter dürfte kein anderes Genre solch einen massiven Abstieg erlebt haben, wie die Sitcom. Während zuvor genannte Serien zwar bis heute äußerst erfolgreich auf jeder Streamingplatform, auf der sie abrufbar sind, laufen, hat es bisher kein einziger Streaminganbieter geschafft, eine Sitcom mit nur ansatzweise ähnlichem und insbesondere stetig anhaltendem Erfolg auf die Bildschirme zu bringen. Das «Frasier»-Revival scheint daher zumindest aus wirtschaftlicher Sicht, geradezu wie ein letzter verzweifelter Versuch, dem Genre mit einer bereits etablierten und erfolgreichen Figur noch einmal neues Leben einzuhauchen.
Gelingen, so scheint es nach Sichtung der ersten neuen Folgen, wird dies allerdings nicht. Denn die Abwärtsspirale des Sitcom-Genres hat nicht nur mit dem Wechsel von linearem Fernsehen hin zu Streaminganbietern zu tun, sondern ist auch auf die Political-Correctness-Bewegung der vergangenen Dekade zurückzuführen. Was darf Comedy heute noch? Noch bevor es um den konkreten Inhalt einer Folge geht, muss sich ein Autor mit eben jener Frage beschäftigen und jedwedes Thema umschiffen oder abschwächen, das für Kontroversen, beziehungsweise den mittlerweile obligatorischen Shitstorm, sorgen könnte. Von dieser Selbstkasteiung eines ganzen Genres einmal abgesehen, das sich durch die Comedy wie ein Krebsgeschwür zieht, war es einst nicht Frasier Crane, der «Frasier» trotz des titularen Charakters zu diesem massiven Erfolg machte, sondern das Ensemble der Serie bestehend aus fantastischen, hervorragend miteinander harmonierenden Schauspielern, das stets Kern des Erfolgs der ganz großen Sitcoms war.
Abseits des seichten, geradezu mit dem Mikroskop zu suchenden Humors der beiden Auftaktfolgen, dem es insbesondere an der Intelligenz des Originals mangelt, ist es insbesondere die fehlende Chemie zwischen den neuen Protagonisten, die es äußerst schwierig macht, einen Zugang zu diesen zu finden. Das es schwierig werden dürfte die fantastischen David Hyde Pierce, John Mahoney, Jane Leeves und Peri Gilpin zu ersetzen, war schon vor Ausstrahlung der Folgen klar, doch «Frasier» war selbst bis in die Nebenrollen mit Figuren wie Dan Butler als Bob Bulldog Briscoe hervorragend besetzt. An dieser schauspielerischen Klasse muss sich das Revival messen lassen und scheitert bisher kläglich. Kelsey Grammer mangelt es an allen Ecken und Enden an ebenbürtigen Gegenspielern. Konnte er sich einst mit David Hyde Pierce stets zu neuen Höhen spielen, bleiben gerade die Jungschauspieler dieses Revivals samt einer schwachen Niles-Imitation, des mittlerweile erwachsenen Sohnes der Figur, äußerst blass. Die im Vergleich zur Originalserie deutlich schwächeren Dialoge, denen es an Wortwitz und Intelligenz mangelt, unterstützen die Schauspieler allerdings auch nicht gerade dabei, hier besondere Akzente zu setzen.
«Frasier» ist zurück, doch leider als «Frasier» light. Die großen Sitcoms der vergangenen Jahrzehnte waren stets von der Chemie ihrer Protagonisten und damit von einem nahezu perfekten Casting, sowie hervorragender Dialogarbeit der Autoren abhängig. An beidem mangelt es diesem Revival bisher an allen Ecken und Enden. Kastrierte Comedy, die ja niemanden verärgern darf, kombiniert mit einem schwachen Casting, katapultieren dieses Revival vom einstigen Olymp in die Durchschnittlichkeit der Sitcoms vergangener Jahre. Zum aktuellen Zeitpunkt, so stellt dieses Revival unter Beweis, sieht es um die Zukunft der Sitcom düster aus.
«Frasier» (2023) kann in Deutschland bei Paramount+ abgerufen werden.