Die Kritiker: «Legenden: Uwe Seeler»

Story
31. Juli 1966: Die deutsche Nationalmannschaft kehrt von der Weltmeisterschaft in England zurück. Deutschland hat das Endspiel gegen England 2:4 verloren .Trotzdem feiern auf dem Frankfurter Römer Tausende das deutsche Team. Aber sie rufen nicht „Deutschland, Deutschland“. Sie rufen den Namen ihres Lieblingsspielers:„Uwe, Uwe“. 40 Jahre später ist Uwe Seeler immer noch viel unterwegs. Empfänge, Jubiläen, Sportartikelmessen. Und noch heute vergeht kaum ein Termin, ohne das spontan der alte Schlachtruf aufbrandet, begleitet von rhythmischem Klatschen:„Uwe, Uwe, Uwe“.

Warum ist ausgerechnet der Mann, der nicht Weltmeister wurde, weder 1954 noch 1974, bis heute einer von Deutschlands populärsten Fußballern? „Uns Uwe“ ist sein Spitzname. Einer von uns - so hat es eine ganze Generation von Fußball-Fans empfunden. Seeler hat Fußball gearbeitet. Er lag im Schlamm, er schmiss sich in den Schnee, er kroch und hechtete so lange über das Gras, so lange es noch eine minimale Chance gab, den Ball zu erreichen und ihn ins Tor zu bugsieren. Egal mit welchem Körperteil. Diese Art Fußball zu spielen, machte ihn zur Identifikationsfigur.

„Uwe Seeler wurde zum Idol, weil er hundertprozentig in seine Zeit passte. Er verkörperte die Werte, für die die junge Bundesrepublik stand: ehrliche Arbeit, Einsatz, Fleiß“, sagt der langjährige Fußball-Reporter Rudi Michel.

Aber Seeler hat nicht nur gerackert. Er war Artist. Er hat Tore geschossen, wie man sie vorher noch nicht gesehen hatte. Fallrückzieher, Flugkopfbälle: Von Kindesbeinen an hatte Seeler trainiert, den Ball auch dann zielgenau zu treffen, wenn er quer in der Luft lag. „Die Menschen kamen im ganzen Bundesgebiet in die Stadien, um Uwe Seeler zu sehen. Sie wussten, wenn Seeler mitspielt, passiert immer etwas Außergewöhnliches“, erinnert sich sein Mitspieler Gerhard Krug, „und auf den Plakaten stand: Zu Gast: Der Hamburger SV mit Uwe Seeler.“

April 1961.Uwe Seeler fährt in Hamburg die Alster entlang. Sein Ziel ist das Hotel Atlantic - damals Hamburgs feinste Adresse. Ein smarter italienischer Fußballtrainer ist seinetwegen angereist und hat Seeler zu einem Gespräch in eine Luxussuite gebeten. Helenio Herrera will Seeler zu Inter Mailand holen. Eine Million Mark soll es alleine als Prämie für die Unterschrift geben.„Das Angebot war sensationell. Nicht nur die eine Million, von der die Zeitungen schrieben. Die Nebengeräusche waren noch mal genauso gut“, erzählt Seeler. Und dazu Auto, Villa, deutsche Schule für die Kinder. Aber Seeler schickt den Mann mit dem Geldkoffer wieder nach Hause.„Es kam aus dem Bauch heraus. Die wären noch viel höher gegangen mit ihrem Angebot. Aber nach drei Tagen habe ich gesagt: Schluss, aus, ich bin Hamburger und bleibe in Hamburg.“ Damit ist Uwe Seeler endgültig ein Volksheld. Er bleibt in Deutschland, wird zum Inbegriff des HSV und zum Sinnbild des fairen Sportsmanns.

Uwe Seeler hat unzählige Mosaiksteine geliefert, die ihn zum Mythos machten: Er war schon mit 17 Nationalspieler. Er köpfte eines der berühmtesten Tore der Fußballgeschichte. Seeler erzielte 43 Treffer in 72 Länderspielen, spielte mit gebrochener Nase und ging auch mit Achillessehnenriss nicht vom Platz. Für diese Leistungen wird Uwe Seeler verehrt, mindestens genauso aber für sein Verhalten abseits des Spielfeldes. Seeler fuhr nie schnelle Autos, blieb seiner Frau treu und wohnt seit mehr als 45 Jahren im gleichen Bungalow in Norderstedt. Er steht für Bodenständigkeit und hanseatisches Understatement. Keine Allüren, keine Eskapaden.

Kritik
«Legenden: Uwe Seeler» kann leider überhaupt nicht überzeugen. Die Dokumentation weißt keinen roten Faden auf; Geschehnisse aus dem Leben Uwe Seelers werden in wirrer Reihenfolge zusammen mit seinen Alltagserlebnissen gezeigt. Der Zuschauer beginnt sich schnell zu langweilen, da das Thema einfach nicht spannend genug ist, um fünfundvierzig Minuten Sendezeit zu füllen – auch nicht in Zeiten des WM 2006-Hypes. Insgesamt ist daher von dieser Dokumentation abzuraten.

Die ARD zeigt «Legenden: Uwe Seeler» am Montag, 22. Mai 2006, um 21.00 Uhr.
20.05.2006 19:42 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/14598