Was ist Glück? Eine hochphilosophische Frage, der sich der neue «Tatort» mit Felix Murot da annimmt. Entstand so auch ein spannender Krimi?
Stab
Darsteller: Ulrich Tukur, Barbara Philipp, Brigitte Hobmeier, Ioana Bugarin, Martin Wuttke, Eva Mattes
Kamera: Holly Fink
Drehbuch und Regie: Florian GallenbergerGlück – was ist das? Eine Frage, an der sich nicht nur Philosophen versucht haben und dabei zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen gelangt sind, wenn sie überhaupt so etwas wie eine Antwort gefunden haben. Am eindrücklichsten wird das Gewicht dieses Wertes wahrscheinlich im Angesicht von Menschen, die keines mehr haben – Menschen, die gerade eine schwere Depression durchmachen, zum Beispiel.
Menschen wie Felix Murot (Ulrich Tukur) im neuen Wiesbadener «Tatort», einem wieder einmal außergewöhnlichen und faszinierenden Kriminalfilm, der sich nicht nur auf die Spannung eines klassischen Krimis beschränkt, sondern tief in die Psyche seines Hauptcharakters, Kommissar Felix Murot, eindringt. Dabei erweist sich dieser Film als eine ebenso düstere wie philosophische Reise, die den Zuschauer mit ihren ungewöhnlichen Elementen in den Bann zieht.
Der Charakter Felix Murot ist dabei natürlich ohnehin eine der eigenwilligeren Figuren im sonntäglichen «Tatort»-Kosmos. Im Film «Murot und das Paradies» wird er, an seiner schweren Depression sichtlich leidend, nun plötzlich in eine groteske Mordserie verwickelt. Tukurs Spiel ist erneut vielschichtig und mit einer besonderen Emotionalität aufgeladen, wodurch er die Verzweiflung und den Schmerz, den Murot durchlebt, ebenso überzeugend wie die düstere, manchmal fast schmerzhafte Ironie des Charakters darstellt.
Die filmische Darstellung von Murots innerem Kampf und seiner Suche nach dem Glück ist derweil das zentrale fesselnde Element des Films. Der Zuschauer kann Murots Gedanken und Emotionen nahezu physisch miterleben. Dies ist nicht nur Tukurs Verdienst, sondern auch das Ergebnis einer einfühlsamen Regie und eines cleveren Drehbuchs, das es gekonnt versteht, diese schwere Thematik durch eindringliche Griffe in das Absurde zu erden.
Die Handlung des Films selbst ist dabei gleichsam so ungewöhnlich wie verstörend. Denn die Ermittlungen von Murot führen ihn zu skurrilen Todesfällen, bei denen den Opfern der Nabel entfernt und ein bizarrer Port eingesetzt wird. Dieser Albtraum, in den Murot immer weiter hineingezogen wird, erinnert stark an surreale Alptraumsequenzen aus bekannten Filmvorlagen. Dabei gelingt es diesem «Tatort» durchgehend, eine düstere Atmosphäre aufzubauen, die den Zuschauer in ihren Bann zieht. Der Film lehnt sich in vielerlei Hinsicht an das Genre des Psychothrillers an und lässt die Grenzen zwischen Realität und Wahn verschwimmen.
Die düstere, fast apokalyptische Atmosphäre der Bankenwelt Frankfurts, die den Hintergrund dieser Geschichte bildet, wird ebenso gekonnt und filigran in Szene gesetzt. Die visuelle Ästhetik trägt viel dazu bei, dass die beklemmende Stimmung des Films einen besonderen Nachdruck erhält. Kombiniert mit einem eindrucksvollen Soundtrack entsteht so eine beklemmende und dennoch faszinierende Kulisse für die Geschichte.
Die philosophischen Fragen, die dieser «Tatort» aufwirft, beschäftigen sich derweil eindringlich mit der Suche nach dem Glück und der Frage, ob es jemals greifbar ist. Dieses Thema wird geschickt in die Handlung verwoben und trägt zum Tiefgang des Films bei. Dabei fordert dieser Film von seinen Zuschauern die Bereitschaft, sich auf diese surrealen und abstrakten Elemente einzulassen. Die Handlung wird dabei mitunter undurchsichtig und verwirrend, was dazu führen kann, dass einige Zuschauer sich verloren fühlen mögen. Wer sich auf diese ungewöhnliche Erfahrung einlässt, wird hingegen mit einem fesselnden und nachdenklichen Filmerlebnis belohnt.
Der Film «Tatort – Murot und das Paradies» wird am Sonntag, den 22. Oktober um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.