Andrea Schneider: ‚Wir bieten den Zuschauern einen kleinen Urlaub vom Alltag‘

Die erfolgreiche Schauspielerin ist Teil der neuen RTL+-Serie «Club Las Piranjas».

Hallo Frau Schneider: Sie sind seit Kurzem bei RTL+ mit der Serie «Club Las Piranjas» zu sehen. Worum geht es in der Serie?
In den 90ern erreichte die Filmkomödie «Club Las Piranjas» Kultstatus. Und jetzt setzt RTL den Klassiker in der gleichnamigen Miniserie fort. In vier Folgen gibt’s erst auf RTL+ und später im Jahr bei RTL ein Wiedersehen mit berühmt-berüchtigten Figuren, wobei einer natürlich nicht fehlen darf: Hape Kerkeling, der wieder als Edwin Öttel zu sehen ist. Als Ex-Animateur ist er auf geheimer Mission im Ferienparadies Mauritius unterwegs. Und das erzählen wir in unserer kleinen Miniserie, die – wie ich finde – ideal für einen entspannten Fernsehabend in der kalten Jahreszeit ist. Wir bieten den Zuschauern einen kleinen Urlaub vom Alltag. Mehr möchte ich nicht verraten. Guckt es euch an.

Zwischen der ersten Ankündigung und der Veröffentlichung der Serie dauerte es knapp zwei Jahre. Gab es Probleme beim Dreh?
Das ist ein normaler Prozess, nur bekommt man ihn oftmals nicht mit. Zwischen Idee und finaler Ausstrahlung liegen ja viele Arbeitsschritte: Drehbuchentwicklung, Location Scouting, Besetzung, Dreharbeiten und dann die Postproduktion – da kann schon einige Zeit ins Land ziehen.

Wir haben uns aber wirklich nicht geschont bei den Dreharbeiten und haben gefühlt alle Schwierigkeiten mitgenommen – und gemeinsam bewältigt: Wechsel von Sommer- auf Winterzeit (inkl. viel Regen), Drehen bei laufendem Hotelbetrieb (inkl. Hochzeiten im 30-Minuten-Takt) und leider blieben wir auch von Corona nicht verschont und mussten ein paar Tage hinten dranhängen. Das war nicht immer einfach, aber es hat großen Spaß gemacht, der auch beim Streamen der Serie überschwappt.

Wie würden Sie Ihre Rolle in der neuen Serie definieren?
Viola Rühmann ist die Empfangsdame des Club Las Piranjas. Sie ist jung, ein wenig naiv, aber auch ambitioniert. Sie lächelt immer, auch bei völliger Überforderung. Im Grunde ist Viola eine liebenswerte Frau, die sich einfach nur wahnsinnig leicht von Autoritätspersonen bequatschen lässt... Ein Zustand, der zunimmt, nachdem Biggi (gespielt von der wunderbaren Angelika Milster) angereist ist. Denn Viola hat ein dunkles Geheimnis.

Sie drehten unter anderem mit Hape Kerkeling und der Sängerin Angelika Milster. War das für Sie eine besondere Erfahrung?
Mit HaPe und Angelika zu drehen war ein großer Spaß! Beide sind absolute Herzensmenschen. Die Zeit verging wie im Flug, wenn wir gemeinsam am Set standen. Ich wünschte, ich könnte diese Zeit konservieren. Ich habe beide sehr ins Herz geschlossen.

Für Ihre Rolle der Viola waren Sie zehn Wochen unterwegs. Sind solche langen Auslandseinsätze ein Segen oder doch manchmal auch ein Fluch?
Ich liebe das Abenteuer und bin gerne unterwegs. Somit waren diese zehn Wochen wirklich ein großer Spaß für mich. Für mich ist es eine der faszinierendsten Sachen an dem Job als Schauspielerin: Man kommt viel rum und lernt jeden Tag neue Dinge dazu. Ich habe es auf jeden Fall sehr genossen und weiß, dass es eine „once in a lifetime“ Chance war, für die ich sehr dankbar bin.

Konnten Sie touristische Highlights der Insel erkunden?
Auf jeden Fall! Wir waren aufgrund der Dreharbeiten in vier verschiedenen Hotels untergebracht, die auf der Insel verteilt waren. Somit hatten wir die Gelegenheit unsere freie Zeit zu nutzen, um die Insel zu erkunden. Die Leute auf Mauritius sind wahnsinnig gastfreundlich und zuvorkommend. Die Insel ist ein Traum, die Strände sind unfassbar schön und man kann dort viel sehen und entdecken.

Immer mehr Serien werden On Location gedreht, das sieht man vielen Formaten auch an. Ist das ein Vorteil gegenüber Studioproduktionen?
Ich mag beides und finde beides hat seinen Charme und seine Vorteile.

Im Studio hat alles seinen festen Platz, man hat weniger mit den Begebenheiten zu kämpfen und man muss nichts absperren, damit nicht auf einmal ein Passant im Set steht 😉 Aber das haben wir im Hotel auch hinbekommen. On Location Drehs können mir persönlich als Schauspielerin helfen, mich besser in die Rolle einzufinden – die Atmosphäre in richtigen Locations ist wirklich viel wert und nicht zu unterschätzen.

Ich erinnere mich daran, dass mich das Team vom Hotel dann irgendwann auch als Kollegin gesehen hat und mir zum Schluss sogar einen Job anbieten wollte. Da habe ich mich natürlich sehr geschmeichelt gefühlt – zeigt ja, dass ich dort anscheinend einen souveränen Job gemacht habe *lacht*

Sie setzen sich für körperlich Diversität im Film- und Fernsehen ein. Ist das vor allem ein deutsches Problem?
Als Körperaktivistin kläre ich über fehlende und fehlerhafte körperliche Darstellung in den deutschen Medien auf – primär natürlich aber im fiktionalen Bereich, da dieser ja mein direktes Arbeitsumfeld ist. Das Thema Bodyshaming und Behindertenfeindlichkeit spielt hierbei eine große Rolle – dies würde ich aber auch als ein gesamtgesellschaftliches Problem identifizieren.

Ich z. B. setze mich verstärkt für mehrgewichtige Menschen und Menschen mit Behinderung ein, sowie für fehlende Repräsentanz älterer Frauen und schwangere Frauen in Fernseh-/Kinofilmen und Serien. Ich engagiere mich für eine realistische Abbildung unserer Gesellschaft – alle sollen sichtbar sein! Das liegt mir sehr am Herzen.

Die deutsche Film- und Fernsehbranche könnte sich ein Beispiel am internationalen Markt nehmen und mutiger bei der realistischen Abbildung unserer Gesellschaft sein. Außerdem haben wir es in Deutschland leider bisher versäumt, die Diskriminierung von mehrgewichtigen Körpern im Antidiskriminierungsgesetz zu verankern – das sollte endlich passieren.

Gerade auf dem angelsächsischen Markt gab es schon immer Figuren, die untypisch waren. Beispielsweise war Roseanne Barr («Roseanne») nie ein Topmodel.
Ja, das stimmt. Die Amerikaner z.B. haben bereits früh mehrgewichtige Frauen abgebildet. Aber auch hier muss man sagen: Auf die Menge der Produktionen geblickt, bleiben das Ausnahmen. Die Kolleginnen, die man auch in Deutschland kennt (z.B. Melissa McCarthy, Rebel Wilson, Amy Schumer), sind alle irgendwann zudem Produzentinnen ihrer eigenen Filme geworden – weil sie zu wenige Chancen bekommen.

Aber schauen wir nach Deutschland: Im direkten Vergleich mit der Fashion-Welt, in der alle Formen der Diversität mittlerweile stattfinden, scheut sich der fiktionale Bereich leider noch etwas und erkennt den Mehrwert noch nicht wirklich an. In der Fashion-Welt sind ältere und mehrgewichtige Models, Models mit Behinderung und Gender Diversität dort mittlerweile fast schon normal.

Wenn wir in der Film- und Fernsehbranche auch endlich beginnen, alle Menschen unserer Gesellschaft abzubilden, haben die Zuschauer die Möglichkeit, sich in den Formaten wiederzufinden.
Die Streamer hatten das früh erkannt und das Publikum hat es dankbar angenommen.

Zudem sind unsere öffentlich-rechtlichen Sender dem Medienstaatsvertrag verpflichtet, in dem die Darstellung von Diversität ein fester Bestandteil ist. Nur, wo ist die? Eine Produktion im Jahr ist nicht genug! Bei der BBC in England gibt es schon seit Jahrzehnten z.B. ModeratorInnen mit Downsyndrom.

Ich kann KollegInnen verstehen, die sich Sorgen machen, weiterhin besetzt zu werden, sobald sie zunehmen oder älter werden. Aber das Problem hierbei sind die Strukturen – und die gilt es aufzubrechen und zum Besseren zu verändern!

Die amerikanische Kinderrechts-Aktivistin Marian Wright Edelman hat mal ein schönes Zitat gesagt und das möchte ich gerne an dieser Stelle zitieren: „You can’t be, what you can’t see!”

In diesem Jahr wurde die Abnehmspritze in Deutschland zugelassen. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Jeder kann selbst entscheiden, wie er mit seinem eigenen Körper umgeht. Für mich persönlich wäre das nichts. Aber gerade bei diesem Thema habe ich das Gefühl, dass wir erneut komplett an der eigentlichen Problematik vorbeiberichten. Diese Spritze ist – meines Wissens – ein Medikament für Diabetes Patienten –mit Nebenwirkungen, wenn es falsch eingesetzt wird und teuer obendrein. Hier sehe ich die Medien und die Pharmaindustrie in der Verantwortung, die es als Abkürzung und schnelle Lösung anpreisen, ohne richtig aufzuklären.

Außerdem versursacht der Hype um das Medikament einen Lieferengpass und die eigentlichen Patienten, die dieses Medikament für ihre Diabetesbehandlung benötigen, gehen leer aus. Ich habe hierzu letztens ein Interview mit einem Endokrinologen aus der Universitätsklinik in Leipzig gelesen, der sagt, dass bei den Studien hierzu, das Medikament immer in Kombination mit Sport und Ernährungsumstellung kombiniert wurde und das Medikament allein gar nichts bringt.

Das heißt: Der berühmte Jojo-Effekt ist ja schon vorprogrammiert. Es gibt keine Langzeit Follow Up Daten zu Diäten und Produkten, die bei Diäten helfen sollen, ABER Studien zu Langzeit-Misserfolgsquoten von Diäten. Und die liegen bei 90-95%!

Danke für Ihre offenen Worte!
06.11.2023 11:22 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/146420