Denis Imbert: ‘Ich habe diese Strecke bereits vier Mal zurückgelegt’

Der Kinofilm «Auf dem Weg» ist ein gemütlicher Roadtrip durch Frankreich. Im Interview verrät Regisseur Imbert von den Dreharbeiten.

Hallo Herr Imbert! Sie haben mit «Auf dem Weg» einen Roadtrip durch Frankreich geschrieben. Warum haben Sie sich genau für diese Story entschieden?
Ich habe damals die Geschichte von Sylvain Tesson (Auf versunken Wegen) gelesen, ein großartiges und populäres Buch, das ein großes Publikum anspricht. Es hat mich außerdem an meine Kindheit erinnert. Ich habe damals mit meinem Vater in den Bergen lange Wanderungen gemacht und kenne daher dieses von Tesson beschriebene Leben sehr gut. Mittlerweile bin ich 50 Jahre alt und mein Vater ist bereits verstorben. Ich lebe in Paris und hatte große Sehnsucht nach diesem Leben in der Natur. Das Leben, das ich noch aus meiner Kindheit kenne.

Sie haben Oscar-Preisträger Jean Dujardin für die Rolle des Schriftstellers Pierre engagieren können. Wie ist Ihnen das gelungen?
Ich habe Jean Dujardin gar nicht gesucht oder ausgewählt. Er hatte damals das Buch auf Instagram gepostet. Zu der Zeit habe ich schon mit der Arbeit für den Film begonnen, aber es gab noch keine Finanzierung. Ich habe ihn angerufen und wir sind spazieren gegangen. Dabei habe ihm von meinen Plänen berichtet und ihm hat das Projekt gefallen. Das Buch hat uns also zusammengebracht. Dank seiner Zusage wurde schließlich auch die Finanzierung des Films möglich. Ohne ihn hätte ich den Film also nicht gemacht.

Die Reise von Pierre beginnt im Süden der Provence und führt an die Küste der Normandie. Warum nimmt Ihr Protagonist genau diesen Weg durch Frankreich?
Ich habe einfach den Weg gewählt, den auch Sylvain Tesson gegangen ist und in seinen Büchern beschreibt. Das ist die sogenannte „Diagonale du Vide“ (Diagonale der Leere). Diese Strecke vom Mercantour bis zum Cotentin durchquert sehr ländliche und demographisch arme Regionen. Nach seinem Unfall und während seiner Rehabilitationszeit von sechs Monaten hat Tesson einen Bericht über genau diese vernachlässigten Gegenden Frankreichs gelesen und sich daraufhin entschieden, diese zu durchwandern.

Das sind gar keine offiziellen Wanderwege, sondern viel mehr vergessene Wege und die Gegend ist nur sehr dünn besiedelt.

Als Regisseur konnten Sie wählen, welche Stellen von Frankreich in diesem Spielfilm auftauchen konnten. Mussten Sie aus dramaturgischen Gründen auch Orte weglassen?
Ich habe diese Strecke bereits vier Mal zurückgelegt – meist zu Fuß. Trotzdem musste ich während der Dreharbeiten aufpassen, dass die gesamte Crew, bestehend aus zehn Personen, diesen Weg ebenfalls mitgehen kann. Wir waren also ein kleines Team. Ich habe sogar oft die Kamera selber getragen. Das Ziel war es, dass man in die originalen Spuren von Tesson tritt und so auch seinem Buch treu bleibt. Daher haben wir kaum Orte ausgelassen.

Inwieweit unterscheidet sich der Spielfilm von der Autobiografie von Sylvain Tesson?
Der Film ist grundsätzlich etwas anders als das Buch. Ich habe das Buch gelesen und verinnerlicht, musste aber trotzdem meine eigene Version der Geschichte drehen. Hätte ich eine reine Illustration des Buches gemacht, wäre der Film zum Scheitern verurteilt gewesen. Demnach musste ich meine eigenen Wahrnehmungen und Gedanken, die während des Lesens entstanden sind, im Film einbinden und verarbeiten.

Auch die Kommentare aus dem Off, wenn der Protagonist seine Gedanken mit dem Zuschauer auf poetische Art und Weise teilt, sind oft gar nicht direkte Zitate aus dem Buch, sondern vielmehr Neuinterpretationen

1.300 Kilometer wandert Pierre durch Frankreich. Sind Sie ebenfalls ein Fan vom Wandern?
Ich wandere seit meiner Kindheit und auch heute noch ist es ein großer Teil meines Lebens.

Möchten Sie mit «Auf dem Weg» Menschen ermutigen, wandern zu gehen oder sich aus Ihrer Komfortzone zu kommen?
Das Wandern ist eine Therapie, vor allem, wenn man schwere Phasen im Leben durchmacht. Es hat die Macht, die Seele zu beruhigen und es ist ganz einfach zu handhaben. Man braucht nur Schuhe und einen Rucksack und es kann losgehen. Das ist auch mein Ziel, dass der Zuschauer sich genau auf diese Reise begibt.

Ihr Spielfilm debütierte bereits im März in den französischen Kinos und erst am 30. November in Deutschland. Hätten Sie sich gefreut, wenn unsere Verleiher früher zugeschlagen hätten?
Ich kann diese Frage nicht richtig beantworten, aber ich kann sagen, dass der Film nicht nur in Frankreich, sondern auch in Italien ein großer Erfolg ist. Das begeistert mich sehr, dass dieses Thema unterschiedliche Kulturen anspricht und über Grenzen hinausgeht. Das ist natürlich eine große Freude.

«Auf dem Weg» spielte rund acht Millionen Euro ein, ist der Verleiher mit dem Ergebnis zufrieden?
Die Einnahmen interessieren mich selbst eigentlich gar nicht. Ich weiß nur, dass der Film 3,5 Mio. gekostet hat und damit ein Vielfaches eingespielt hat. Es ist sehr selten, dass ein Film wirtschaftlich so erfolgreich ist. Für mich sind nicht die Einnahmen wichtig, sondern viel mehr die über eine Million Zuschauer, die den Film in Frankreich gesehen haben.

Der Grund für den Erfolg war wahrscheinlich, dass die Leute in Frankreich sehr stark von der harten Quarantäne während Covid betroffen waren und sich das auch psychologisch äußerte. Dadurch entwickelte sich eine Sehnsucht nach der Natur und das Bedürfnis das eigene Land, das man z.T. selber gar nicht so gut kennt, kennenzulernen und zu entdecken.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

«Auf dem Weg» ist in ausgewählten Kinos verfügbar.
19.12.2023 12:41 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/147527