«In ewiger Schuld»: Rätselspaß mit Happy-End?

Inzwischen ist das achte Werk von Harlan Coben für den Streamingdienst Netflix gedreht worden. Quay Street Productions brachte «Fool Me Once» auf den kleinen Bildschirm.

Am Neujahrstag veröffentlichte Netflix seine neue Serie «In ewiger Schuld», die auf dem Roman «Fool Me Once» von Harlan Coben basiert. Der Krimi-Autor war auch zum Teil an der Produktion der neuen Serie beteiligt, Nicola Shindler, Danny Brocklehurst und Richard Fee gehörten zu den weiteren ausführenden Produzenten. Jessica Taylor hatte den Hut bei der Serie auf, Brocklehurst hat die Miniserie geschrieben.

Im Mittelpunkt steht die junge Mutter und ehemalige Hubschrauber-Pilotin Maya Stern (Michelle Keegan), die ihren Ehemann bei einem Raubüberfall verloren hat. Zwei Motorradfahrern haben das Paar nicht nur bestohlen, sondern auch den Ehemann Joe (Richard Armitage) erschossen. Recht schnell merkt der Zuschauer, dass hier etwas nicht stimmen könnte. Welche zwei Räuber, die noch mit einem Motorrad unterwegs sind, töten Personen bei einem nicht ganz so optimalen Überfall.

Joe stammt aus einer großen und reichen Familie. Oberhaupt ist Judith Burkett (Joanna Lumley), die den Familienkonzern immer noch leitet. Man könnte fast meinen, bei ihrem Machtvakuum befindet sich nicht im beschaulichen Manchester, wo die Serie im Jahr 2023 gedreht wurde, sondern in New York City am Set von «Succession». Ihre Tochter Caroline (Hattie Morahan) fährt Maya und ihre Tochter Lily (Thea Taylor-Morgan) nach Hause. Dort schenkt sie ihr einen digitalen Bilderrahmen, damit sie nicht nur immer wieder einen Blick auf wechselnde Bilder hat, sondern auch die Nanny überwachen kann.

Und so passiert es natürlich, dass die frühere Soldatin Maya etwas sieht, was sie nicht sehen sollte: In Anwesenheit ihrer Nanny, die nicht mehr im Zimmer war, kommt ihr verstorbener Ehemann ins Zimmer, setzt sich zu ihrer Tochter, blickt in den Bilderrahmen und verlässt anschließend wieder das Gebäude. Maya zählt eins und eins zusammen und durchsucht die Hinterlassenschaften von ihrem Joe. Dort fällt ihr auf, dass ein Paar Schuhe sowie ein olivengrünes Hemd fehlen. Ist Joe noch am Leben?

Das ist eine der parallelen Storys, die in «In ewiger Schuld» angerissen werden. Die Zuschauer bekommen auch die Begegnung mit einem Hacker serviert, der Maya aus dem Job riss. Er veröffentlichte Aufnahmen aus einem nicht näher beschriebenen Auslandseinsatz, bei dem die Hubschrauber-Pilotin einen Fehler beging und deshalb aus dem Dienst quittiert wurde.

Den Mordfall an Joe untersucht Sami Kierce (Adeel Akhar), der von der Burkett-Königin ebenfalls zur Beerdigung eingeladen wurde. Während Maya sich über dieses übergriffige Verhalten ihrer Stiefmutter beschwert, beschwichtigt diese die trauernde Witwe. Schließlich bezwecke sie damit, dass der Kommissar eine Verbindung zu Joe und seinen Hinterbliebenen aufbaut und dieses Verbrechen nicht sofort zu den Akten legt. Außerdem ist die Familie Burkett ziemlich reich und berühmt, das Thema Finanzen wird in den acht Folgen noch eine Rolle spielen. Kommissar Kierce kann sich allerdings nicht nehmen lassen, Maya weiterhin als potenzielle Täterin einzustufen – auch wenn es keine tatsächlichen Spuren gibt. Dennoch werden dem Fernsehzuschauer immer auch die zahlreichen Nebenhandlungen der einzelnen Charaktere präsentiert. Kierce zum Beispiel hat einen tödlichen Unfall hinter sich, der ihn zum Alkohol treibt. Er ist zwar scheinbar trocken, aber sein Gemütszustand ist trotz geplanter Hochzeit eher suboptimal.

Eine weitere Side-Story ist der Tod an Mayas Schwester Claire (Natalia Andeson). Im Mittelpunkt steht Mayas Schwager Eddie (Marcus Garvey), der zu Beginn der Serie immer auch mal ein Bierchen zu viel trinkt. Maya und Eddie geraten aneinander, weil er das eine oder andere Mal auch an einem alkoholischen Getränk interessiert war, obwohl er mit Lily beschäftigt war. Obwohl sich sein Gemütszustand nur geringfügig veränderte, bekam er im Laufe der ersten Episoden das Problem in den Griff.

Seine Kinder Abby (Danya Griver) und Daniel (Daniel Burt) versuchen unterdessen die mysteriösen Umstände ihrer Mutter zu klären. Sie entdecken eine Kiste mit Fotos von Claire, bei der sie eindeutig schwanger war – und das konnte beispielsweise Abby nicht sein. Versucht man mit diesen beiden Storys die Serie nur weiter aufzublähen, damit man auf insgesamt acht Episoden kommt? Die Antwort auf diese Frage ist schwierig, denn die Entwicklungen sind durchaus für die Figurenkonstellation interessant und bringen die Handlungen zum Teil weiter. Man kann aber auch sagen, dass man sich eine Episode sparen hätte können, hätte der Autor Danny Brocklehurst darauf verzichtet.

Der Autor Brocklehurst hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Miniserien verfasst, die alle mittelmäßig bis gut waren. Zuletzt beispielsweise «Ten Pound Poms», «No Return», «Wer einmal lügt» (ebenfalls von Harlan Coben), «Ich schweige für dich» (auch ein Coben-Buch) und «Safe». Vor allem in den Episoden drei bis fünf haben die Fernsehzuschauer Schwierigkeiten die zahlreichen ähnlichen Darsteller und ihre Geschichten auseinander zu halten. Das ist allerdings weniger das Problem von Brocklehurst, sondern des Castings. Zahlreiche Figuren sehen ähnlich aus. Ein großes Lob muss man allerdings dem Autor der Serie machen, denn die Geschichten sind spannend miteinander verworren und sorgen für keine Langeweile. Das Modell Streaming-Serie wird auch optimal genutzt, denn die Folgen dauern zwischen 35 und 55 Minuten an. Es gibt im Grunde keine wirklichen Längen und über das vermeintliche Ende lässt sich durchaus streiten – allerdings gibt es ein Ende. Die Serie hebt sich von zahlreichen anderen Serien ab, bei denen es öfters eine Hintertür für weitere Episoden gibt.



Etwas enttäuschend ist die Film-Location, denn mit Manchester hat man keine besondere Stadt genutzt. Die Serie hätte auch in anderen Städten von Großbritannien gedreht werden können. Einzig die Szenen, in denen Maya ins Familienlandhaus fährt und von einer Drohne gefilmt wird, machen einen spektakulären Look. Trotz Einheitslook ist die Story gut und «In ewiger Schuld» ist ein toller Thriller.

«In ewiger Schuld» ist seit 1. Januar 2024 bei Netflix zu sehen.
24.01.2024 10:54 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/148504