Greifen bald Studios nach Spielern?

Verglichen mit dem weltweiten Gaming-Markt ist der Fernsehwerbung- und Streaming-Sektor ein Witz.

Etwa acht bis zehn Milliarden Euro haben die privaten Fernsehsender in der Spitzenzeit verdient. Doch inzwischen schrumpft das lineare Fernsehgeschäft, da das lineare Fernsehen dank zusätzlicher Gebühr für High Definition, pausenloser Werbung und Product-Placement kombiniert mit kleineren Budgets zur Abwanderung der Fernsehzuschauer zu Streamingdiensten, den fast werbefreien öffentlich-rechtlichen Sendern und natürlich auch zu Social-Media führt. Die chinesische App TikTok ist bei jungen Erwachsenen ein regelrechter Zeitfresser, der mit seinen unzähligen Kurzvideos Millionen unterhält.

Abseits des Bewegtbild-Marktes sitzen in Japan und den Vereinigten Staaten von Amerika ebenfalls zwei starken Marken: Sonys PlayStation-Headquarter und Microsofts Spielebetriebe mitsamt der X-Box-Abteilung. Sony ist mit seiner PlayStation das erfolgreichste Gerät auf dem Markt und hat zahlreiche spannende Lizenztitel. PlayStation Productions hat zusammen mit Sony Pictures das Videospiel «The Last of Us» verfilmt, die Reichweiten bei den Streamingdiensten sind gut. Weniger erfolgreich war die Produktion von «Halo» für Paramount+, die von Showtime und Steven Spielbergs Amblin Television kam. Noch vor einigen Jahren versuchte Microsoft seine eigenen Spiele zu verfilmen, doch die X-BOX-Studios wurden geschlossen.

Einen anderen Weg ging Netflix: Das Unternehmen aus Kalifornien hat schon zahlreiche kleinere Independent-Games zu seinen Serien produzieren lassen. Noch haben sich diese Spiele nicht wirklich durchgesetzt, aber inzwischen hat auch das Produktionsstudio Blumhouse Blut geleckt. Denn: Die Adaption einer guten Story zwischen Spiele- oder Filmwelt lässt sich hervorragend übertragen. Erst vor rund einem Jahr hat Warner Bros. mit seinem Partner Avalanche Software gezeigt, dass «Hogwarts Legacy» so viel Geld wie ein Blockbuster einbringt. Schon zwei Wochen nach dem Launch am 10. Februar 2023 hat die Spiele-Firma von Warner Bros. Discovery über zwölf Millionen Kopien verkauft und über 850 Millionen US-Dollar Umsatz generiert. Ende Januar 2024 wurden über 24 Millionen Exemplar verkauft.

Im Februar 2023 kündigte die Produktionsfirma von James Blum an, dass man eine eigene Spieleabteilung gründen werde. Doch zunächst möchte man sich auf Independent-Spiele konzentrieren, die weniger als zehn Millionen US-Dollar Budget veranschlagen sollen. Aus diesem Grund hat man den Videospielproduzenten Zach Wood und den ehemaligen PlayStation-Vize-Chef Don Sechler unter Vertrag angenommen. Erst zum Jahresstart 2023 hat Blumhouse gezeigt, dass es in Sachen Horror den richtigen Riecher hatte: Den Puppen-Thriller «M3GAN» produzierte die Firma für zwölf Millionen US-Dollar, das Studio Universal Pictures machte daraus ein sagenhaftes Ergebnis von 181 Millionen US-Dollar.

Dennoch sind Videospiele heutzutage keineswegs preiswert. Bei der Spieleplattform Steam gibt es zwar zahlreiche günstige Titel, aber der Preis der großen Big-Games hat sich fast 15 Jahren nicht verändert. Die Fortsetzung von «The Last of Us», die vor vier Jahren erschien, hat Sony immerhin 100 Millionen US-Dollar gekostet. Allerdings ist der Spielemarkt deutlich lukrativer als das Angebot von Fernsehen und Kino. Allein in Deutschland soll der Umsatz bei 9,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 gelegen haben. Der Kinobereich machte 2023 lediglich 0,86 Milliarden Euro aus.

Die Zahlen zeigen deutlich, dass Filme und Gaming durchaus zusammenpassen. Als Disney im Jahr 2019 21st Century Fox mit Ausnahme der Sender FOX, Fox News und Fox Business News übernahm, zahlte man 71,3 Milliarden US-Dollar. Microsoft, das einen jährlichen Umsatz von fast 200 Milliarden US-Dollar vorweisen kann, hat Activision Blizzard für knapp 70 Milliarden US-Dollar im Vorbeigehen schlucken. Inzwischen kündigte man den Stellenabbau an. Seit Jahren übernimmt Microsoft Firmen und gliedert sie in den X-Box-Studios ein. Der Umsatz im Gaming-Bereich ist deutlich höher als im Film- und Fernsehbereich. Sollte es kartellrechtliche Probleme geben, könnte Microsoft sogar seine XBOX vom Markt nehmen.

Die meisten Spiele haben aktuell einen Verkaufspreis von bis zu 70 Euro im deutschsprachigen Raum. Dennoch sind viele Menschen bereit, die Titel entweder zu kaufen oder einen GamePass, ähnlich wie ein Netflix-Abonnement abzuschließen. Der Markt ist weiterhin nicht gesättigt, es gibt noch sehr viel Platz für weitere Player auf dem Markt. Während der Streaming-War schon Verlierer produziert hat, sind zahlreiche Spiele über Jahre Aushängeschilder. Manche Spiele, die für teures Geld erworben wurden, können theoretisch ewig gezockt werden.

Es bleibt daher spannend, wie andere Produktionsfirmen vorgehen werden. Warner Bros. Discovery dürfte mit Sicherheit weitere Lizenzen prüfen und überlegen, ob man einen weiteren Hit wie «Hogwarts Legacy» produzieren könne. Disney hat zwar mit der LucasFilm-Übernahme noch LucasArts, doch das Unternehmen konzentriert sich auf den Verkauf von «Star Wars»-Lizenzen, obwohl das Genre schon Klassiker wie «Indiana Jones»-Games hervorbrachte. Wieso Sony seine Abteilungen der Filme und PlayStation noch nicht enger kooperieren lässt, ist in Hollywood ein Rätsel. Vermutlich ist das Unternehmen mit seinen 110.000 Mitarbeitern und seinen zahlreichen Geschäftsbereichen einfach zu groß, um effizient PlayStation und Sony Pictures kooperieren zu lassen.
06.02.2024 12:10 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/148870