Marc Minneker: ‚Wichtig sind eine gute Arbeitsteilung und klare Abläufe‘

Bei «In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte» kommen gleich vier neue Mediziner ans Set. Wir sprachen mit dem Produzenten der Serie über die Veränderungen.

Hallo Herr Minneker! Sie haben in diesem Jahr zahlreiche Projekte vor sich. Neben der Etablierung vier neuer Ärzte steht auch im kommenden Jahr der zehnte Geburtstag an. Sind die aktuellen Zeiten stressiger als sonst?
Solche Anlässe sind Geschenke für unsere Serie. Wir sind dankbar, dass wir unser Publikum seit bald 10 Jahren mit neuen Geschichten aus dem Johannes-Thal-Klinikum unterhalten können. Neue junge Ärzte, die ihre Facharztweiterbildung in diesem Lehrkrankenhaus absolvieren, gehören zu unserer DNA. Wir freuen uns auf die Folgen mit den neuen Charakteren. Die Pläne für das Jubiläum schmieden wir gerade gemeinsam mit unserer Redaktion sowie den weiteren Kolleginnen und Kollegen vom MDR und der ARD. Die beiden Ereignisse machen uns glücklich und sorgen für Energie. Stress fühlt sich anders an.

Wie schafft man es, dass man 42 Episoden pro Jahr herstellen kann?
Eine Serie wie unsere ist Teamsport und wir sind ein motiviertes und professionelles Team. An einer Staffel drehen wir 224 Tage in Blöcken von je drei Episoden. Vor dem Dreh jedes Blocks liegen um die acht Monate Drehbucharbeit und danach noch Schnitt, Vertonung, Musik, Mischung und Farbkorrektur. Alles findet parallel statt. Wichtig sind eine gute Arbeitsteilung und klare Abläufe. Das schafft den Raum und die Konzentration für die wichtigen Momente. Für das Gelingen braucht man dann Mitwirkende in allen Abteilungen, die wissen oder lernen wollen, wie so eine Produktion funktioniert. Das Projekt gibt die Richtung vor. Dafür lassen alle ihr Ego an der Tür.

Zuletzt waren die Reichweiten leicht rückläufig, dafür stieg der Marktanteil auf das beste Ergebnis aller Zeiten an. Das heißt ja im Umkehrschluss, dass Ihre Serie im Wechsel zum Streaming sehr gut hinbekommt?
Unsere Auftraggeber bewerten die Daten der linearen Ausstrahlung und des non-linearen Streamings, die für sie wichtig sind. Die Rückmeldungen sind positiv. Viele Mitarbeitende der ARD von der Technik bis zur Marktforschung sehen unsere Serie ja zuerst aus beruflichen Gründen und sind zugleich Fans. Das freut uns natürlich. Falls Sie sich auf unseren linearen Marktanteil bei den 14-49 Jährigen beziehen, dann ist der am öffentlich-rechtlichen Vorabend sicher ein sehr, sehr guter Wert. Unser Publikum schaut uns auch in den Mediatheken.

Linda Kummer, Jakob D’Aprile, Olivia Papoli-Barawati und Arne Kertész sind neu im Team. Wie haben Sie die Charaktere angelegt? Ergänzen diese sich? Wie grenzt man diese ab?
Die vier talentierten jungen Schauspielerinnen und Schauspieler sind vor und hinter der Kamera wunderbar von unserem Ensemble aufgenommen worden. Diese positive Arbeitsatmosphäre spürt man auch in den fertigen Folgen, die unsere Zuschauerinnen und Zuschauer bald sehen werden. Oliver „Olli“ Probst glaubt an das Gute, hat aber Probleme mit Autoritäten, was an seinem Selbstbewusstsein nagt. Tamar Hummel glaubt an das Richtige, eckt mit ihrer selbstbewussten Haltung aber an, wenn die Dinge nicht eindeutig sind. Sofia Galura glaubt an sich selbst, übersieht dabei aber alle anderen. Und Ivo Maric glaubt an die Menschlichkeit, passt damit aber in keine Hierarchie und sucht informelle Abkürzungen. Die Entwicklung der neuen Charaktere war ein langer Prozess unserer Autorinnen und Autoren in enger Abstimmung mit der Redaktion des MDR. Jeder Charakter soll für sich stehen und in den Geschichten mit allen Figuren eine Dynamik erzeugen können. Dabei helfen unterschiedliche Herkunft, Talente und Eigenschaften. Dann kann es in jeder Konstellation zu Abneigung, Zuneigung und Freundschaft kommen. Wenn dann die Schauspielerinnen und Schauspieler mit den Charakteren arbeiten, werden die Karten nochmal neu gemischt. Jede Person fügt ihrer Figur etwas hinzu, was die Schreibenden dann wieder aufgreifen. So werden die Charaktere lebendig.

Muss eine gute Serie mit vielen Staffeln regelmäßig neue Gesichter haben, damit neue Zuschauer abgeholt werden?
Da gibt es keine Regeln. Wir sind eine Ensemble-Serie. Es gibt auch Beispiele, bei denen der Name der Hauptfigur auch der Serientitel ist. Das sind völlig andere Voraussetzungen. In langlaufenden Serien spielen dann auch berufliche oder private Entscheidungen von Schauspielerinnen und Schauspielern eine Rolle und sorgen für Bewegung. Wichtig sind interessante Charaktere und Geschichten, für die sich neue Zuschauende begeistern können. Für Menschen, die das erste Mal sehen, sind ja alle Figuren neu. Wenn jetzt vier Gesichter mit ihren persönlichen Geschichten dazu kommen, ist das aber ein Anlass, um Neugierde zu wecken.

Welche Geschichten werden Sie in diesem Sommer erzählen?
Da möchte ich nicht viel verraten. Natürlich erzählen wir von unserem neuen Ausbilder Ben, dem die Wiedervereinigung mit seiner Frau Leyla gar nicht so leicht fällt. Die vier Neuen kommen als Medizinstudierende im Praktischen Jahr und müssen sich erst noch um ihre Abschlussprüfung und eine Übernahme am JTK bemühen. Professorin Patzelt trifft ihre Mentorin. So wie Viktoria und Mikko ihre Beziehung genießen, ächzen Rebecca und Florian unter ihrer Nicht-Beziehung. Julia und Wolfgang sorgen sich um Rebecca. Als es Marc nicht gut sieht, wittert Matteo eine Gelegenheit, den unliebsamen Menschenversteher loszuwerden. Es passiert also eine Menge.

Wie wichtig ist die richtige Durchmischung aus medizinischen Handlungen und private Storys?
Sehr wichtig. Die Autorenschaft, die medizinische Fachberatung und die Regie geben sich viel Mühe, den Teil der Medizin, den wir zeigen, möglichst korrekt darzustellen. Natürlich arbeiten wir aus dramaturgischen Gründen mit großen Auslassungen. Für alle unsere Ärztinnen und Ärzte geht es im Kern um den Kampf gegen die Krankheit und wir geben ihnen immer einen fachlichen Anlass zum Austausch mit den Patientinnen und Patienten. Die Geschichten drehen sich in erster Linie um private Ereignisse, sei es bei den Episodenfiguren oder bei den Hauptfiguren. Und wie sich deren Beziehungen und Freundschaften von Folge zu Folge entwickeln ist natürlich gerade für uns Stammpublikum sehr wichtig.

Sanam Afrashteh kehrt als Dr. Leyla Sherbaz zurück ins Team. Können Sie unseren Lesern schon verraten, wieso?
Dr. Leyla Sherbaz hat sich ja in London um ihre älteste Tochter und deren Kinder gekümmert, weil diese ihre Hilfe brauchte. Welche Auswirkungen ihre Abwesenheit gerade auf die Beziehung zu ihrem Mann und neuberufenem Ausbilder Dr. Ben Ahlbeck hat, erzählen wir nach ihrer Rückkehr.

Mir ist aufgefallen, dass es im Ensemble keine übergewichtigen Figuren gibt. Hat das einen Grund?
Es gibt keinen Grund, bestimmte Körpertypen nicht zu erzählen. Bei einer Besetzung wählen wir immer unter den Schauspielerinnen und Schauspielern, die zu dem jeweiligen Zeitpunkt für die entsprechende Rolle verfügbar sind. Wir arbeiten da sowohl bei den Hauptfiguren und Episodenfiguren sowie in den Geschichten an der Vielfalt in alle Richtungen. Die Repräsentation verschiedener Körpertypen und die Darstellung von Diversität in allen ihren Facetten in unserer Serie ist uns ein Anliegen. Wo uns das noch nicht ausreichend gelungen ist, arbeiten wir weiter, bis es klappt. Uns ist bewusst, dass jede Figur auf dem Bildschirm die Möglichkeit bietet, Vielfalt zu feiern.

«In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte» wird in Erfurt aufgezeichnet. Sollen dort in Zukunft noch mehr Formate entstehen?
Erfurt ist schön und zentral gelegen. Die Saxonia Media dreht hier bereits neben «In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte» auch «Schloss Einstein». Ich kann es nur empfehlen. Ob die ARD oder andere Auftraggeber planen, hier neue Formate anzusiedeln, weiß ich nicht.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

Das Erste strahlt «In aller Freundschaft - Die jungen Ärzte» donnerstags um 18.50 Uhr aus.
28.02.2024 11:47 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/149450