«Notruf»: Bärbels Blaulicht-Baby eilt zu Quotenrekord
Auch wenn die wiederaufgelegte Marke nicht mehr an den Charme früherer Tage herankommt, scheint ihr ein gewisser Kreis immer noch Interesse entgegenzubringen.
War es eigentlich eine Überraschung, als im März des Jahres verkündet wurde, dass die bekannte Dokutainment-Marke «Notruf» nach 18 Jahren ihr Comeback feiert, oder war es nicht vielmehr ein erwartbares ‚Aha‘ im Reigen der Revival-Welle? Durchaus für Überraschung sorgen konnte die Neuauflage mit ihren Begleitumständen: So ist es nicht mehr «Endemol», das die ursprüngliche Idee von Rudi Carrell umsetzt, sondern «Filmpool». Vielleicht noch verwunderlicher ist die Tatsache, dass nicht mehr RTL sondern Erzfeind Sat.1 als ausstrahlender Sender fungiert. Definitiv am meisten aufhorchen konnte man aber mit der Verkündung der Moderation: Nicht mehr Hans Meiser steht mit gelbem Mikro vor Feuerwehrwagen, sondern die ehemalige RTL-Moderatorin Bärbel Schäfer, die zuletzt eher auf Büchermessen als im Trash-TV anzutreffen war - nun also ihre Rückkehr dorthin.
Nachdem es für das ehemalige Talkshow-Gesicht und seinem neuen Blaulicht-Baby in den letzten Monaten seit der Rückkehr mit einem Wechselbad aus soliden und unterdurchschnittlichen Werten eher mäßig bis ordentlich lief, konnte sich die Scripted-Reality-Reihe in dieser Woche erstmals seit ihrem Comeback auf einen zweistelligen Marktanteil steigern . Doch schauen wir uns an, wie es dazu gekommen ist:
Noch am Montag deutete wenig auf den überraschenden Quotensegen hin. Lediglich 0,11 Millionen junge Leute sorgten für einen verhaltenen Marktanteil von 6 Prozent, der sich zwar in der Nähe des Sat.1-Schnitts bewegt, den Sender aber nicht wirklich nach vorne bringt. Auch beim Gesamtpublikum sah es mit 0,41 Millionen Zuschauenden und einem dazugehörigen Wert von 3,5 Prozent nicht viel rosiger aus. Doch bereits am Dienstag konnte die Filmpool-Produktion ein wenig auf sich aufmerksam machen. Mit einem klar gesteigerten Quotenanteil auf gute 8,3 Prozent, sah es ein ganzes Stück freundlicher aus. Mit Blick auf die Reichweite wird aber auch deutlich, dass bereits ein kleiner Anstieg von 0,6 Millionen auf nun 0,17 Millionen dafür ausreichte.
Es wäre nun konsequent gewesen, wenn der Mittwoch folglich die angekündigte nächste Steigerung mit sich gebracht hätte – was aber nicht passierte. Stattdessen ging es zunächst einmal wieder in die entgegengesetzte Richtung, in der die Zielgruppen-Zahlen wieder auf durchwachsene 6,1 Prozent (bei 0,13 Millionen Einschaltenden) rutschten. Insgesamt sah es an diesem Tag mit 0,53 Millionen zu 4,1 Prozent in Anbetracht des arg gebeutelten Senderschnitts halbwegs ok aus.
Die Quotenexplosion ereignete sich dann am Donnerstag: Plötzlich schoss die Marktanteils-Resonanz auf tolle 11,2 Prozent hoch – der bisherige Rekordwert der Neuauflage. Während bei den 14-49-Jährigen 0,20 Millionen Interessenten diesen Wert möglich machten, lief es mit 0,52 Millionen insgesamt und 4,3 Prozent konstant im gewohnt mittelprächtigen Bereich. Am nächsten Tag ließ sich gespannt darauf blicken, ob das von Schäfer moderierte Laientheater die neue Flughöhe beim jungen Publikum halten konnte. Tatsächlich war es erneut für eine Überraschung gut, denn auf den Rekord folgte der Negativwert der Woche. Und dieser schlug deutlich ins Kontor: Nur noch 5,8 Prozent (0,11 Millionen) blieben vom Höhenflug übrig - ein eindrucksvoller Beweis, wie Schwankungsanfällig viele Daytime-Formate sind.
Nimmt man es genau, ist das ‚neue‘ «Notruf» letztendlich nicht viel mehr als eine weitere schlecht gespielte Blaulicht-Scriped-Reality, über die ein bekanntes Etikett geklebt wurde, das von einer bekannten Moderatorin präsentiert wird. Da sich damit trotz mitunter gehöriger Schwankungen offensichtlich immer noch ausreichend Leute ansprechen lassen, hat «Filmpool» mit diesen Schachzügen aber durchaus nachvollziehbare Entscheidungen getroffen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Fernsehnutzung am Nachmittag inzwischen so stark zurückgegangen ist, dass bereits kleine Reichweiten-Ausschläge, wie sie in dieser Woche bei «Notruf» beobachtbar waren, ausreichen, um große Marktanteilsdivergenzen hervorzurufen. Dieser Effekt potenziert sich bei warmem Sommerwetter, wenn noch weniger Menschen vor den Schirmen sitzen, sicher ein weiteres Stück. Auch wenn der Sendeplatz von Bärbels Blaulicht-Baby bald mit einer fiktionalen Daily neu besetzt wird, steht seiner Zukunft auf früherem Slot nichts im Wege, wie Sat.1-Boss Rasmus kürzlich bei den Kollegen von DWDL angab: „ "Notruf" ist auf einem guten Weg, und wir sind zurzeit guter Dinge, dass daraus eine neue Sat.1-Bestandsmarke werden kann“.