Bei VOX bleibt Vieles beim Alten

Schon vor Jahren wurden starke Marken aufgebaut. Neue, innovative Sendungen sind allerdings nicht in Sicht.

Aktuell darf sich Bernd Reichart um die Super League im europäischen Fußball kümmern. Bis zum Juni 2019 baute er den Fernsehsender VOX um: Statt zahlreiche amerikanische Serien auszustrahlen, adaptierte er das Format «Club der roten Bänder» und sicherte sich große Aushängeschilder wie «Die Höhle der Löwen», «Ewige Helden», «Sing meinen Song» und «Grill den Henssler». Auch die Daytime bekam mit «First Dates» und «Mein Kind, dein Kind» noch zwei neue Formate.

Doch seit Jahren ist es ruhig bei VOX geworden. In der Daytime hat eine zweite Folge von «Zwischen Tüll und Tränen» das ehemals erfolgreiche «4 Hochzeiten und eine Traumreise» abgelöst, bald laufen neue Folgen von «Full House – Family XXL». Ansonsten ist das Tagesprogramm wie eh und je: Krimi-Serien am Vormittag, Doku-Soaps am Nachmittag. Um 18.00 Uhr wird bei «First Dates» gegessen und verkuppelt, ehe um 19.00 Uhr «Das perfekte Dinner» weiterhin sehr gut funktioniert.

Der Montagabend ist in der Hand von «Goodbye Deutschland! Die Auswanderer», das sich den Sendeplatz mit «Die Höhle der Löwen» teilt. Doch inzwischen läuft die Werbeshow für Ideen schwächer, weil wirklich große Haie fehlen. Janna Ensthaler, Tillman Schulz und Tijan Onaran sollen Judith Williams, Georg Kofler und Nico Rosberg ersetzen.

Immer öfter laufen alte und neue Folgen von der Unterhaltsshow «Hot oder Schrott – Die Allestester», weil die neuen Formate nicht funktionierten. Die Dating-Show «My Mom, Your Dad» mag bei ITV1 erfolgreich gewesen sein, in Deutschland konnte die Reality-Show bei VOX keine Heimat finden. Im Januar sollte die Show «Save the Date – Wen heirate ich in 50 Tagen?» punkten, was es aber nur zum Finale tat. Die Zuschauer waren schon überrascht, warum die Teilnehmer jetzt noch schnell einen Partner finden wollten. Auch die zweite Runde von «Herz an Bord» auf der AIDA war ein Totalausfall. Mit «Sing meinen Song» fuhr man zwar gute Ergebnisse ein, aber von früheren Bestwerten war das Format entfernt. Dennoch soll die Sendung mit einem zusätzlichen Schlagerableger fortgesetzt werden.

Im November versuchte man mit den Rettungsgeschichten «Feuer, Wasser, Erde Luft» zu punkten, das führte nur zu mittelmäßigen Ergebnissen, das von Sat.1 übernommene «Doc Caro – Jedes Leben zählt» war schon erfolgreicher. Doch selbst bei Sat.1 war die Doku-Soap kein Blockbuster. Gleich vier Monate gingen alte und neue «CSI: Vegas»-Folgen auf Sendung, die teilweise funktionierten. Doch an die früheren Bestwerte kommt auch die maue Serie nicht heran. Aus diesem Grund laufen schon wieder seit Monaten «Bones»-Wiederholungen. Am Donnerstag bekommen die Fernsehzuschauer Action-Filme, die immer mit guten Quoten wertgeschätzt werden.

Der Freitagabend ist der Liebestag: «Wo die Liebe hinfällt – Jedes Paar ist anders», «Goodbye Deutschland! Liebe bis ans Ende der Welt», «Volle Kraft Voraus – Die Kreuzfahrt-Doku» waren inhaltlich keine Sendungen, über die man am nächsten Tag mit seinen Kollegen redet, weshalb die Ausstrahlung wohl freitags passt. Die Inhalte waren nett, die Quoten aber nur mäßig.

Derzeit ist Marcel Amruschkewitz seit knapp einem halben Jahr der neue VOX-Programmchef. Unter seiner Leitung sind Formate wie «Die Beet-Brüder» oder «Zum Schwarzwälder Hirsch – Eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer» entstanden. Doch in den vergangenen Jahren ist weder ein neues spannendes Vorabendmagazin pilotiert noch eine solche Event-Dokumentation wie der Hirsch aufgezogen worden. Kirsten Petersen ist zum 1. Januar an Deck, aber wirklich kreativ ist ein weiteres Kochformat auch nicht. Positiv lässt sich die Medaille aber auch folgendermaßen betrachten: Es ist diese Beständigkeit, die VOX zu hohen Quoten führt. Die Formate sind bekannt, sie werden gerne gesehen und dort werden die Menschen auch mit Respekt behandelt. Für jeden Topf finden man einen Deckel, weshalb wohl auch so Formate wie «My Mom, Your Dad» einfach in diesem Umfeld nicht funktionierten.

Untern Strich erreichte VOX in der vergangenen Fernsehsaison viereinhalb Prozentpunkte Marktanteil und lag somit vor seinen Mitbewerbern Sat.1 (4,3%), ProSieben (3,2%), Kabel Eins (3,0%) und RTLZWEI (2,3%). Auch bei den 14- bis 49-Jährigen sah es mit 6,4 Prozent Marktanteil einigermaßen gut aus. Der Sender hat knapp 0,6 Prozent Marktanteil verloren zum Vorjahr, liegt aber immer noch vor Sat.1 (6,3%), aber hinter ProSieben (7,5%). Obwohl VOX sich in den vergangenen Jahren gegen Streaming erfolgreich wehren konnte, muss Amruschkewitz neue Formate etablieren. Doch die Branche hat Angst, neue Themen aufzugreifen. Schließlich sind zuletzt zahlreiche Formate im deutschen Fernsehen gefloppt.
02.08.2024 12:16 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/153393