Die Kritiker: «Die Yacht»

Das ZDF zeigt am späten Montagabend die Free-TV-Premiere eines packenden und schön inszenierten italienischen Thrillers.

Stab

Darsteller: Marco Bocci, Diane Fleri, Filippo Nigro, Marina Rocco, Caterina Shulha, Alessandro Tiberi
Drehbuch: Ciro Zecca, Gianluca Ansanelli, Nicola Salerno
Regie: Alessio Liguori
Kamera: Mirco Sgarzi
Schnitt: Luigi Mearelli
Musik: Fabrizio Mancinelli
Produktion: Rai Cinema, Lotus Production
Redaktion: Oliver Häfner
Mit ihrer Free-TV-Premiere markiert «Die Yacht» einen kleinen Höhepunkt im ansonsten eher durchwachsenen diesjährigen Sommerprogramm, der nicht nur italienische Thriller-Fans begeistern dürfte. Denn Regisseur Alessio Liguori hat mit diesem Survival-Stoff auf offenem Meer ein intensives Kammerspiel geschaffen, das sich in minutiös austariertem Erzähltempo vor der malerischen Kulisse der Amalfiküste entfaltet und dabei gekonnt mit den Erwartungen des Publikums spielt.

Die Handlung wirkt auf den ersten Blick vertraut: Eine Gruppe von Freunden, die sich seit Schulzeiten kennt, trifft sich auf einer luxuriösen Privatjacht, um den Geburtstag eines ihrer Mitglieder zu feiern. Doch was als heitere Nacht mit reichlich Alkohol beginnt, verwandelt sich schon bald in einen Albtraum, als die Gruppe am nächsten Morgen feststellt, dass sie sich auf einmal im Nirgendwo des Mittelmeers befindet – ohne Handys, Schlüssel und Rettungsboot. Als sich ein mysteriöser Anrufer namens Emilio bei ihnen über ein Funkgerät vorstellt und Forderungen stellt, die nicht nur ihre Freundschaft, sondern auch ihr Leben bedrohen, wird schnell klar, dass sie so allein wie zunächst gedacht gar nicht sind.

Die Stärke von «Die Yacht» liegt nun insbesondere in der dichten Atmosphäre und der geschickten Inszenierung, die Liguori mit seiner Kamera und einem gezielten Einsatz stimmungsvoller Musik erzeugt. Das Drehbuch von Ciro Zecca, Gianluca Ansanelli und Nicola Salerno setzt indes auf ein klassisches Whodunnit-Szenario, das geschickt mit den Dynamiken innerhalb der Freundesgruppe spielt und dabei die Spannung kontinuierlich steigert. Die idyllische Urlaubsatmosphäre der Amalfiküste wird dabei konsequent genutzt, um mit effektiven filmischen Mitteln einen Kontrast zur eskalierenden Bedrohungslage zu schaffen.

Die Darsteller, allen voran Marco Bocci als Hallodri Enrico und Filippo Nigro als der erfolgreiche Rechtsanwalt Flavio, tragen hierbei ganz entscheidend zur Intensität des Films bei. Ihre Charaktere sind gut gezeichnet und bewegen sich jenseits der typischen Klischees des Genres. Bocci verkörpert den in Geldnöten steckenden Enrico mit einer Ambivalenz, die das Publikum immer wieder in die Irre führt. Gleichzeitig ist Nigro als Flavio die perfekte Besetzung für den Protagonisten, dessen moralischer Kompass im Laufe des Films zunehmend in Frage gestellt wird. Die Dynamik zwischen den beiden verleiht der «Yacht» von Anfang an eine starke Spannungsebene, die weit über den anschließenden Überlebenskampf hinausreicht.

Doch so gelungen die Inszenierung und die darstellerischen Leistungen auch sind, so bleibt «Die Yacht» trotz der spannenden Prämisse und der gekonnten Regie ein eher vorsehbarer Stoff. Die "Eat-the-Rich"-Botschaft, die dem Film zugrunde liegt, mag zwar auf zeitgemäßen Widerhall stoßen, ist dabei aber nicht sonderlich neu und wird zudem recht oberflächlich geführt. Auch das Finale, in dem Emilio schließlich seine wahren Motive offenlegt, mag zwar nicht ohne Überraschungsmoment sein, wirkt aber in der Gesamtbetrachtung etwas überhastet und konstruiert. Insgesamt bleibt «Die Yacht» jedoch ein sehenswerter Thriller, der besonders durch seine atmosphärische Dichte und die starke schauspielerische Leistung überzeugt.

Der Film «Die Yacht» wird am Montag, den 12. August um 22.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.
12.08.2024 11:00 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/153894